Sturmtief
angegangen«, unterbrach ihn Lüder. »Ich kann Ihnen
nur zustimmen. Der Mann trägt diesen Namen zu Recht. Also … Was wissen wir über
Blöd Eisenberg?«
» Dov Eisenberg«, stellte Vollmers richtig. »Der
hat den Leihwagen von seinem Wohnort Rishon LeZion bestellt. Das war vor vier
Tagen. Er hat ihn in Hamburg am Flughafen abgeholt. Eine Adresse in Deutschland
ist nicht angegeben. Als Sicherheit liegt eine gültige und verifizierte
Mastercard eines israelischen Herausgebers vor.«
»Woher wusste Eisenberg, wo er nach seiner Frau suchen
muss?«, überlegte Lüder laut.
»Das müssen Sie ihn schon selbst fragen«, erwiderte
Vollmers. »Wir lassen derzeit prüfen, mit welcher Maschine Eisenberg nach
Deutschland gekommen ist. Das dauert aber noch ein bisschen. Das gilt auch für
die DNA . Und den Abgleich der
Fingerabdrücke zwischen Oldenburg und Eckernförde konnten wir noch nicht
durchführen. Sonst liegt nichts über die Frau vor. Sie war offenbar bis vor
vier Monaten in Israel als Journalistin bei der Ha’eretz tätig. Mehr wissen wir
noch nicht. Und nun zu unserem Täter. Vorweg sei gesagt, dass Bilder und
Beschreibungen an die Medien rausgegangen sind. Das haben nicht wir gemacht,
sondern die Staatsanwaltschaft und das LKA .
Dafür liegt mir die Antwort des Bundeskriminalamts vor. Dort, aber auch bei
Europol gibt es zahlreiche Tatortspuren, die auf unseren Mörder hinweisen. Der
war an Straftaten in ganz Europa beteiligt. In Italien hat er gemordet.
Mehrfach. Frankreich, Belg…«
»Frankreich?«, unterbrach Lüder. »Wie sieht es mit
Korsika aus?«
»Moment«, sagte Vollmers. Dann war es einen Moment
still. »Tatsächlich«, meldete sich Vollmers wieder. »Sogar zweimal. In Bastia
und Corte. In beiden Fällen handelte es sich um kaltblütigen Mord.«
Lüder musste wieder an die korsischen Separatisten
denken, die auch vor keiner Gewalt zurückschreckten. »Was für Menschen hat er
ermordet? War es stets eine bestimmte Personengruppe? Politiker? Journalisten?
Exilanten?«
»Das kann ich diesen Unterlagen nicht entnehmen.«
»Und nun die spannendste Frage: Wie heißt unser
Mörder?«
»Tja«, machte es der Hautkommissar spannend und
entließ hörbar die Luft aus seinen Lungen. »Das weiß niemand. Wir kennen nur
seine Straftaten. Die Identität ist bis heute unbekannt.«
»Das gibt es doch nicht. Da zieht ein professioneller
Auftragskiller seine blutige Spur quer durch Europa, und niemand kennt ihn?«
»Offenbar gibt es doch so etwas. Wir haben aber noch
ein Ergebnis. Havenstein wurde mit einer 7,65 Parabellum erschossen.«
»War das nicht der Vorgänger der 9 mm?«, fragte Lüder
und ergänzte: »Ich bin kein Schusswaffenexperte.«
»Könnte man sagen«, bestätigte Vollmers. »Sie war die
Standardmunition für Pistolen im Ersten und Zweiten Weltkrieg und wurde schon
vor über einhundert Jahren entwickelt. Sofern man bei Munition von technischen
Meisterleistungen sprechen kann, gehört diese dazu. Die kinetische Leistung
wird unterschätzt. Die Techniker können das so präzise sagen, weil die Hülse
gefunden wurde. Es gibt noch eine teuflische Besonderheit: Das Geschoss wurde
mit einer Feile abgeflacht. Damit verkürzen Sie die Schussentfernung, aber das
taumelnde Geschoss richtet beim Opfer verheerende Wirkungen an. Sie können es
mit ein wenig Phantasie mit den Dum-Dum-Geschossen vergleichen. An der Hülse
waren deutlich Spuren eines Schraubstocks erkennbar.«
»Das ist ein weiterer Beweis, dass wir es hier mit
einem absoluten Profi zu tun haben«, pflichtete Lüder bei.
»Als Waffe kommen einige Modelle infrage«, fuhr
Vollmers fort. »Noch steht es nicht fest, aber es könnte eine Beretta
M 951 gewesen sein. Das glauben die Experten aus den Zügen zu erkennen.«
»Das muss ich so glauben«, sagte Lüder.
»Ich auch«, stimmte Vollmers zu. »Wenn das zutrifft,
wäre es verwunderlich. Denn es handelt sich um ein altes Modell, das seit
dreißig Jahren nicht mehr produziert wird.«
Lüder fiel wieder das südländische Aussehen des Täters
ein. »Eine italienische Waffe«, sagte er.
»Sì. Sie wurde in …«, Vollmers unterbrach seine
Ausführungen, um noch einmal nachzusehen, »in Italien, im Nahen Osten, in
Ägypten, im Irak, in Nigeria und Israel eingesetzt.«
»Israel?«
Vollmers bestätigte es, während Lüder an den
eifersüchtigen israelischen Ehemann denken musste. Er nahm sich vor, das
Phantombild der Zeugen aus Eckernförde noch einmal mit seinen Erinnerungen an
Dov Eisenberg
Weitere Kostenlose Bücher