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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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die Seite legte. »Und ihr nehmt nichts mehr an«,
wandte er sich an Jonas und Thorolf, die diese Anweisung mit einem Brummen
quittierten.
    »Aber ich«, mischte sich Sinje ein und sah ihren Vater
mit großen Augen und einem schelmischen Lächeln an.
    Lüder kniff ihr in die Nase. »Du auch nicht. Sonst
beiße ich dir die Nase ab.« Sie hielt beide Hände vors Gesicht und jauchzte
vergnügt.
    Das war auch der einzige fröhliche Lichtblick an
diesem Morgen. Alle anderen Familienmitglieder wirkten konsterniert. Bei den
beiden Jungs war es mit Sicherheit nicht nur der Groll darüber, dass sie
zumindest in der nächsten Zeit weiterhin ohne iPod auskommen mussten, obwohl,
wie sie zu Hause eifrig bekundeten, »alle« aus der Klasse so etwas hätten.
    Im Landeskriminalamt verzichtete Lüder auf das
morgendliche Ritual der Lektüre der Morgenpresse. Bevor er seinen ersten Kaffee
im Geschäftszimmer abholte, suchte er den Abteilungsleiter auf.
    »Guten Morgen, Herr Starke«, sagte Lüder beim Betreten
des Büros.
    Der Kriminaldirektor erwiderte den Gruß betont
sachlich. »Haben Sie Fortschritte erzielt? Berichten Sie mir bitte vom Stand
der Ermittlungen.«
    »In diesem Punkt möchte ich Sie an die Staatskanzlei
verweisen«, sagte Lüder und wunderte sich selbst, dass bisher niemand ein
Zwischenergebnis abgefordert hatte. Dann legte er die beiden iPods auf den
Tisch.
    Der Kriminaldirektor sah die Geräte staunend an. »Das
sind iPods«, sagte er. »Was sollen die hier?«
    »Damit hat man versucht, mich zu bestechen. Über den
Umweg meiner Kinder.«
    »Lächerlich. Sie wollen mir nicht im Ernst erzählen,
dass ein geheimnisvoller Mörder oder womöglich gar die Mafia mit so einer
kindischen Aktion Einfluss auf die Ermittlungen nehmen will.«
    Lüder berichtete von dem angeblichen Gewinn beim
Preisausschreiben. »Außerdem hat der Anrufer«, Lüder vermied es, vom »Mörder«
zu sprechen, »berichtet, dass es einen weiteren Bestechungsversuch gegeben hat.
Und der soll erfolgreich gewesen sein.«
    »Ihre Phantasie geht mit Ihnen durch. Sie konstruieren
irgendetwas Geheimnisvolles, um davon abzulenken, dass Sie noch nicht
weitergekommen sind.«
    »Liberae sunt nostrae cogitationes«, erwiderte Lüder.
    Dr. Starke nickte. »Unsere Gedanken sind frei. Cicero.
Wünschen Sie hier einen akademischen Schlagabtausch?«
    Lüder lächelte. »Kompliment. Ich meine – dass Sie das
Zitat kannten. Ich möchte von Ihnen eine Quittung, dass ich Ihnen die beiden
iPods übergeben und Sie von dem Bestechungsversuch unterrichtet habe.«
    »Ich habe das zur Kenntnis genommen.«
    Lüder zeigte auf den Kugelschreiber, der auf dem
Schreibtisch lag. »Was man schwarz auf weiß besitzt …«
    Jetzt zeigte sich zu Lüders Überraschung der Anflug
eines Lächelns auf dem Gesicht Dr. Starkes. »Goethe«, sagte der
Kriminaldirektor und begann, eine handschriftliche Notiz auszufertigen, in der
er den Inhalt des Gesprächs bestätigte. Dann beugte er sich vor. »Mein lieber
Herr Lüders. Ich habe eine gute Nachricht für Sie. Sie wissen, dass ich viele
Kontakte zu wichtigen Leuten im Lande unterhalte. So weiß ich, dass in
Flensburg eine herausragende Position in der Verwaltungsspitze zu vergeben ist.
Man sucht dort einen neuen Stadtrat. Wäre das nichts für Sie?«
    »Mein Platz ist hier, in Kiel«, entgegnete Lüder. »Was
soll ich in Flensburg?«
    »Flensburg ist eine attraktive Stadt mit guten Zukunftsperspektiven.
Ich selbst habe dort lange und gern gelebt«, sagte Dr. Starke.
    Lüder zog die Mundwinkel herab. »Das ist Zynismus pur.
Seit Langem sinkt die Einwohnerzahl. Es gibt erhebliche strukturelle Probleme,
die durch die Schließung bedeutender Betriebe noch größer geworden sind. Die
Universität ist unterfinanziert, und in Anbetracht des chronischen Geldmangels
sind die Möglichkeiten, diesen Zustand zu ändern, sehr begrenzt, selbst wenn
tüchtige und engagierte Leute ihr Bestes geben und sich für die Stadt und ihre
Bürger einsetzen.«
    Dr. Starke zeigte zwei Reihen blendend weißer Zähne,
als er überlegen lächelte. »Da kann sich ein guter Mann wie Sie verwirklichen.
Endlich einmal könnten Sie Ihre Qualifikation unter Beweis stellen.«
    »Das mache ich hier täglich.«
    »So?«, fragte Dr. Starke spitz. »Noch sind Sie keinen
erkennbaren Schritt vorangekommen. Oder?«
    Lüder lehnte sich zurück, verschränkte die Arme vor
dem Oberkörper und grinste den Kriminaldirektor an. »Doch. Aber das werde ich
Ihnen nicht erzählen.«
    »Wenn

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