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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Ungefähr.«
    »Ich habe Ihnen schon erklärt, dass wir hier ganz
etwas anderes machen als Krümmel.«
    »Sie verwenden also angereichertes Uran. Wie hoch?«
    Auf Dr. Bringschultes Gesicht zeigte sich Empörung.
»Das geht jetzt aber zu weit. Sie erwarten von mir doch nicht, dass ich
Betriebsgeheimnisse und Forschungsergebnisse offenlege.«
    Lüder machte Anstalten, aufzustehen. »Schön«, sagte
er. »Dann werden Sie drei offiziell in Kiel vorgeladen. Ihre Aussagen in der
Mordsache Havenstein und anderer Tötungsdelikte erfolgt dann in Gegenwart des
Staatsanwalts.«
    Die drei Männer tauschten untereinander hastig Blicke
aus. Dr. Bringschulte hatte seine Selbstsicherheit verloren. Er schien eine
Weile mit sich zu ringen.
    »Schön«, sagte er schließlich. »Für unseren
Forschungsreaktor verwenden wir hoch angereichertes Uran.«
    »Na bitte, es geht doch«, konnte sich Lüder nicht
enthalten anzumerken. »Und was gibt es zu dem Zwischenfall 1986 zu sagen?«,
versuchte er es noch einmal.
    Aber Dr. Bringschulte schwieg beharrlich.
    * * *
    Arno Heitmann stieß sich mit den Füßen auf dem
Teppichboden ab. Sanft glitt der bequeme Stuhl ein wenig zurück. Dann drehte
sich Heitmann um, griff zur Konsole mit den vielen Monitoren, nahm die Flasche
Mineralwasser, öffnete sie und ließ die Flüssigkeit glucksend durch die Kehle
rinnen.
    Thomas Schnieders grinste. »Nachdurst?« fragte er.
    Nachdem Heitmann die Flasche wieder abgesetzt hatte,
wischte er sich mit dem Handrücken über die Lippen. »Nee. Jedenfalls nicht, was
du meinst. Ich habe heute Mittag Gyros gegessen. Mensch, da haben die
vielleicht was reingehauen.«
    Schnieders zog die Nase kraus. »Das kannst du laut
sagen. Puh. Das riecht wie in der S-Bahn nach Wilhelmsburg.« Dann ließ er
seinen Blick über die Monitorwand gleiten. »Ich wär nicht traurig, wenn’s ruhig
bliebe«, sagte er, verschränkte beide Hände hinter dem Nacken und lehnte sich
zurück. Dann gähnte er herzhaft, ohne die Hand vor den Mund zu halten. »Ich hab
die letzte Nacht kaum ein Auge zugekriegt.«
    Als Heitmann ihn mit einem süffisanten Lächeln ansah,
ergänzte er: »Nix da. Benni kriegt Zähne.«
    »Warum soll es dir besser ergehen als anderen Eltern«,
lachte Heitmann.
    »Kathrin ist auch völlig fertig«, berichtete
Schnieders. »Die glaubt, ich könnte mich auf der Arbeit erholen. ›Ihr habt ja
nix zu tun auf eurem Leitstand‹, hat sie mir noch gesagt, bevor ich los bin.
Komisch, nä? Alle Welt glaubt, das Ding da macht sich von allein.«
    Mit »das Ding« meinte er das Atomkraftwerk, in dessen
Leitstand die beiden Techniker Dienst hatten.
    Heitmann stand auf. »Ich geh ‘ne Runde pinkeln«, sagte
er.
    Schnieders grinste seinen Kollegen an. »Sag nich, dass
das so schnell durchläuft. Dann musst du das nächste Mal dein Wasser direkt auf
der Porzellanabteilung trinken.«
    Heitmann hatte noch nicht die Tür erreicht, als ein
durchdringender schriller Ton den Raum erfüllte.
    »Verdammt, was ist das?«, fluchte Schnieders und
kontrollierte die Monitore vor sich.
    Heitmann reagierte blitzschnell und hatte ebenfalls
wieder Platz genommen.
    »Die Meldeschleife ist ausgelöst«, sagte er. »Im
Hilfskesselhaus. Da ist Alarm ausgelöst.« Die beiden Männer betrachteten
konzentriert ihre Displays. »Verflixt. Da brennt es.«
    »Nicht schon wieder«, stöhnte Schnieders und griff zum
Telefon. Er musste nur einen Knopf drücken und war mit dem Betriebsleiter
verbunden.
    »Von Sohl«, meldete sich der Vorgesetzte.
    »Leitstand – Schnieders. Wir haben Alarm vom
Hilfskesselhaus. Dort haben die Rauchmelder angeschlagen. Die Meldeschleife ist
ausgelöst worden. Mehr wissen wir noch nicht.«
    »Danke«, erwiderte Herwig von Sohl. Er verzichtete
darauf, die Techniker im Leitstand mit weiteren Fragen zu behelligen. Mehr
wussten die beiden Männer auch nicht.
    Von außen drang das Sirenengeheul der Werksfeuerwehr.
Jetzt würde alles nach Plan verlaufen. Solche Ereignisse waren oft geübt
worden. Automatisch würden die Feuerwehren aus Grünhof-Tesperhude und
Geesthacht alarmiert werden.
    »Teufel noch mal. Was ist da schon wieder los?«, sagte
Heitmann. In seiner Stimme klang ein Hauch Resignation mit. Jeder neue
Zwischenfall würde die Diskussion um den Fortbestand des Kraftwerks anheizen.
Und nicht nur für ihn, sondern auch für rund dreihundertfünfzig andere Menschen
und deren Familien hing die Existenz vom Kraftwerk ab.
    * * *
    Lüder trat vor die Tür des Verwaltungsgebäudes

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