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Sturmtief

Titel: Sturmtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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Sie am besten den Hausmeister«, sagte
Lüder und wies auf die demolierte Wohnungstür. Es tat ihm leid, dass die
Familie in diese Lage geraten war. Für Mirkovic und seinen Sohn war es ein
einziges Spießrutenlaufen, als die beiden durch das Spalier der neugierigen und
tuschelnden Nachbarn abgeführt wurden.
    »Der soll einen ermordet haben«, hörte Lüder jemanden
aus der zweiten Reihe wispern. Dann machte er sich auf den Heimweg nach Kiel.
    Auf der Rückfahrt fiel Lüder ein, dass er wegen der
aktuellen Ereignisse Dov Eisenberg vergessen hatte, mit dem er sich in
Tesperhude im Café verabredet hatte.

FÜNF
    Dass Kinder unmerklich größer werden, erkannte Lüder
daran, dass Nesthäkchen Sinje überlegte, ob sie Lüder zum Bäcker begleiten
sollte. Früher war es keine Frage gewesen. Da hatte sich die Kleine danach
gedrängt, auf Lüders Arm frische Brötchen zu besorgen. Jetzt bedurfte es schon
einer Nachfrage. Heute hatte sich die junge Dame dazu bequemt, ihren Vater zu
begleiten. Prompt hatte sie die Schäden am BMW registriert und wusste diese Neuigkeit sogleich ihrer Mutter zu berichten.
    »Wo hast du das her?«, fragte Margit.
    »Leider hinterlassen solche Leute auch bei einem
Polizisten keine Visitenkarte«, versuchte Lüder sich herauszureden. Doch Margit
blieb skeptisch.
    »Ist das ein Racheakt?«, fragte sie.
    »Ich beschäftige mich weder mit Kleinkriminellen noch
mit Dealern. Und Jugendkriminalität ist auch nicht mein Fachgebiet. Wenn mir
jemand Rache androht, dann sperrt er unsere Konten«, erinnerte Lüder sie an ein
Vorkommnis aus dem vergangenen Jahr.
    »Und wer kommt für den Schaden auf?«
    Lüder nahm Margit in den Arm und küsste sie sanft auf
die Stirn. »Ich kann dir versichern, dass sich das ganze Landeskriminalamt der
Suche nach diesem Schwerverbrecher annehmen wird.«
    Sie knuffte ihn in die Seite. »Warum lass ich mich
stets von dir umgarnen?«, fragte sie versöhnlich.
    »Weil du mich liebst?« Lüder kleidete die Antwort in
Frageform und war froh, sich auf das Helfen beim Eindecken des Frühstückstisches
konzentrieren zu können. »Kommen die Großen auch?«, fragte er.
    »Natürlich decken wir für alle«, betonte Margit,
obwohl auch sie sich nicht sicher war, ob Thorolf, Viveka und Jonas dazu zu
bewegen waren, an einem schulfreien Tag das Bett vor dem Mittag zu verlassen.
    Wie erwartet blieben sie zu dritt, und Sinje hatte
nach kurzer Zeit auch bekundet, dass sie andere Dinge für wichtiger hielt, als
mit ihren Eltern am Frühstückstisch zu sitzen. Dafür war sie die Erste am
Telefon, als sich dieses bemerkbar machte.
    »Sinje Dreesen«, meldete sich die Kleine mit dem
Familiennamen ihrer Mutter. Dann lauschte sie, sagte mehrfach: »Ja«, und hielt
schließlich Lüder den Hörer hin. »Der will dich sprechen.«
    »Wer ist denn das?«, fragte Lüder.
    »Ein Jäger«, sagte Sinje und sprach leise, wie Kinder
es zu tun pflegen, wenn sie schüchtern oder unsicher sind.
    »Moin«, grüßte Lüder, als er den Apparat übernommen
hatte. »Wie ist das Wetter an der Westküste?«
    »Mal so, mal so«, erwiderte Oberkommissar Große Jäger
von der Husumer Kriminalpolizei. »Aber Sie wollen nicht den nordfriesischen
Wetterbericht hören.«
    »Der hört sich aus deinem Mund sicher spannend an.«
Große Jäger vermied es standhaft, Lüder zu duzen, obwohl er es dem Husumer
mehrfach angetragen hatte. Das hinderte Lüder aber nicht, seinerseits das »Du«
zu verwenden. »Hast du Dienst am Wochenende?«
    »Wir haben immer Dienst«, erwiderte Große Jäger.
»Jedenfalls hat man mich informiert, dass wir gestern Abend einen Neuzugang in
unserem Kellerhotel hatten. Das war eine Empfehlung von Ihnen, Herr Dr.
Lüders.«
    »Schön«, sagte Lüder und meinte damit, dass die
Zusammenarbeit mit den Nordfriesen wieder einmal hervorragend geklappt hatte.
»Ich komme zu euch.« Er sah auf die Uhr. »In einer Stunde bin ich da.«
    Margit hatte Lüders Gespräch argwöhnisch verfolgt. Sie
schüttelte stumm den Kopf. Ihrem Gesichtsausdruck war die ganze Enttäuschung
darüber anzusehen, dass wieder einmal ein gemeinsames Wochenende für
dienstliche Belange geopfert werden sollte.
    »Ich kann mir das nicht aussuchen«, sagte Lüder
entschuldigend und versuchte, sie in den Arm zu nehmen. Doch Margit wich aus.
»Das ist mein Beruf.«
    »Wenn ich das vorher gewusst hätte, hätte ich über
manches intensiver nachgedacht«, sagte sie vieldeutig. »Es gibt auch andere
Beamte. Da kann sich die Familie darauf

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