Sturmtosen - Peeler, N: Sturmtosen - Tempest's Legacy (Jane True) Book 3
dicht, wenn ein Mann mit ihnen sprach. Selbst Ryu, der trotz all seiner Fehler ein Meister darin war, andere dazu zu bringen, ihm zu vertrauen, kam in dieser Situation nicht weiter. Und Anyan mit seiner imposanten Größe und dem einschüchternden Gesicht hatte von vornherein nicht den Hauch einer Chance.
Aber mit mir redeten sie alle. Ich war klein, eine Frau und die Havsrå – ein Schönheit mit perfekten Zügen, abgesehen von ihrem befremdlich ausgehöhlten Rücken – hatte gesagt, sie könne bei mir sehen, dass auch ich verletzt worden war. Als ich ihr erzählte, dass die Leute, die sie entführt hatten, auch für den Tod meiner Mutter und einer engen Freundin von mir verantwortlich waren, versuchte sie sogar, mich zu trösten. Ihre Freundlichkeit hätte meinen Versuch, professionell zu wirken, beinahe außer Kraft gesetzt, vor allem, wenn ich bedachte, dass ihre Schönheit sie vermutlich zu einem bevorzugten Opfer ihrer Peiniger gemacht hatte.
Und trotz der grausamen Erlebnisse war sie tief im Inneren noch voller Warmherzigkeit.
»Diese Mistkerle haben versucht, die Frauen zu brechen«, sagte ich ziemlich unvermittelt. »Aber es ist ihnen nicht gelungen. Die Frauen kommen wieder in Ordnung.« Ich nickte entschlossen, als könnten meine Worte meinen Wunsch wahrmachen.
Die Männer schauten bedrückt zu Boden. Ich glaube, die Tatsache, dass sie bloß tatenlos dasitzen und sich die grausamen Geschichten der Frauen anhören mussten, machte es für sie noch schlimmer, sie zu ertragen. Besonders für Ryu, der es gewohnt war, immer im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen. Und trotz ihrer eigenen gewalttätigen Momente im Leben waren beide, der Baobhan Sith und der Barghest, entsetzt von dem, was sie von den Frauen und aus den Berichten unserer eigenen Heiler erfahren hatten. Sie mochten vielleicht an Krieg und bestimmte Formen von Gewalt gewohnt sein, aber es bestand doch ein großer Unterschied zwischen dem Geschehen auf einem Schlachtfeld und dem Wahnsinn, den sich ein krankes, sadistisches Gehirn ausdenken konnte, wenn es die Gelegenheit dazu, eine weibliche Gefangene und jede Menge spitze medizinische Instrumente bekam.
Ryu rückte in der Nische unauffällig näher an mich heran. Ich war einfach zu erschöpft, um von ihm wegzurutschen.
»Jane, du warst heute ganz großartig.«
»Danke, Ryu. Aber ich habe nur getan, was getan werden musste.«
»Nein, es war unglaublich, wie du mit diesen Frauen gesprochen hast. Das war so mutig von dir.«
»Irgendjemand musste ja mit ihnen sprechen. Sie mussten ihre Geschichten loswerden. Und irgendwer musste ihnen zuhören.«
Ryu runzelte die Stirn, sichtlich ratlos, wie er mit mir umgehen sollte. Aber nach allem, was uns heute zu Ohren gekommen war, war Rumgeschleime das Letzte, was ich jetzt hören wollte. Ich war weder besonders mutig noch besonders stark gewesen, sondern hatte einfach nur getan, was wir alle taten: Ich hatte versucht, mein Bestes zu tun, um die nächsten fünf Minuten zu überstehen.
Und menschlich zu bleiben . Dieser Gedanke zauberte mir ein winziges Lächeln auf die Lippen, und meine Augen suchten Anyans große Gestalt an der Bar. Er war in ernsthafte Verhandlungen mit der Bedienung verwickelt. Offenbar versuchte er wirklich, die ganze Flasche zu kaufen. Im Laufe unserer zahlreichen Abenteuer war mir bereits aufgefallen, dass er Menschen nur mit einer Aura belegte, wenn es absolut nicht zu vermeiden war, und die Kellnerin schien es ihm echt schwerzumachen.
»Jane?«, unterbrach Ryu mein Liebäugeln mit dem Barghest.
»Entschuldige, was meintest du?«
»Ich habe gefragt, wie es dir geht. Wegen Iris und allem.«
»Ganz okay, glaube ich.«
»Ihr Verlust tut mir sehr leid. Und deine Trauer.«
»Danke«, sagte ich und wünschte mir nichts lieber, als dass wir über etwas anderes sprechen könnten, ganz gleich was, egal.
»Whisky«, unterbrach uns Anyans knurrige Stimme, als er eine Flasche Black Label und fünf Gläser auf dem Tisch vor uns abstellte.
»Für den Balvenie wollte sie eine Niere, also müssen wir uns wohl damit begnügen«, entschuldigte er sich ein wenig reumütig.
»Danke, Anyan«, sagte ich, während ich bereits nach der Flasche griff. »Ich werde einen ordentlichen Schluck trinken und dann schlafen gehen. Ich fühle mich wie nach einem Spießrutenlauf. Ich bin vollkommen erledigt …«
Doch bevor ich den Satz zu Ende sprechen konnte, spürte ich das seltsame Kribbeln der Urmagie, und Terk apparierte direkt auf meinem
Weitere Kostenlose Bücher