Sturmwarnung
sondern
die ältesten, die wir nur finden konnten.
Fangen wir
mit der Epoche des Löwen an, der Entstehungszeit des Sphinx, dem ein sehr altes
Rätsel zugeschrieben wird. Es lautet: »Was hat die Lenden eines Stiers, die
Krallen eines Löwen und den Kopf eines Menschen?« Die früheste uns bekannte
Version dieses Rätsels enthält die antike griechische Tragödie Ödipus von
Sophokles, obwohl sie beinahe 7000 Jahre nach der Entstehung des Sphinx
niedergeschrieben wurde. Auch wenn sie in dem Stück selbst nie gegeben wurde,
lautete die Antwort: »Der Mensch, denn er ist das Maß aller Dinge.«
Der Mensch –
oder vielmehr die geschichtliche Menschheit. Die Einschränkung geschichtliche
Menschheit gilt deshalb, weil es sich nicht leugnen lässt, dass die
Grundlagen dessen, was die Geschichte des Menschen werden sollte, im Zeitalter
des Löwen gelegt wurden. Innerhalb dieser Epoche, Jahrtausende vor Christus,
begannen Menschen in der westlichen Welt damit, die Grenzen ihres
Stammesgebiets zu überschreiten. Handel setzte ein, vereinzelt wurden die
ersten Fahrten übers Meer unternommen, und die ersten Anfänge an die Nachwelt überlieferter
Erinnerung wurden gemacht. Am Ende dieser Ära hat es vielleicht einen
Supersturm gegeben, und seine Folgen könnten in Legenden festgehalten worden
sein. So ist es ziemlich wahrscheinlich, dass die älteste Sage der Menschheit,
das Gilgamesch-Epos, in dieser Zeit verbreitet wurde. Darin geht es um den
Überlebenskampf des Helden Gilgamesch, der auf einem Floß einer Flut trotzt.
Diese Gestalt ist der Prototyp des biblischen Noah.
Stammen die
Legenden über die Vertreibung aus dem Garten Eden ebenfalls aus dieser Epoche,
als der Nahe Osten langsam zu einer Wüste wurde? Da ihre zuvor von einem
gemäßigten Klima begünstigte Welt nun unter der sengenden Sonne verdorrte, muss
es den dort siedelnden Völkern tatsächlich so vorgekommen sein, als wären sie
mit einem Feuerschwert aus einem Garten vertrieben worden.
Ist es möglich, dass der
Mensch damals die Erkenntnis seiner selbst erlangte, »die Frucht vom verbotenen
Baum«, die zur Entwicklung einer Zivilisation führen sollte? Dann müsste man
sich allerdings fragen, wer die großen Skulpturen gemeißelt hat, wenn der
Mensch noch nicht so weit entwickelt war. Statt diese Frage sofort zu
beantworten, wollen wir uns noch etwas mit dem Voranschreiten der
Tagundnachtgleichen befassen und uns die Epoche des nächsten Tierkreiszeichens
ansehen, die des Krebses.
Mit The
Golden Bough hat Sir James George Frazer eine bahnbrechende Studie der
frühesten organisierten Religionen der Menschheit geschaffen. Seine tief
schürfende Erforschung von Mythen, Gebräuchen, traditionellen Geschichten,
antiker Literatur und archäologischen Funden führte ihn zu dem Schluss, dass
sich in der vorgeschichtlichen Zeit nach und nach weltweit eine
matriarchalische Religion durchsetzte, die die Schamanenkulte der frühesten
Sammler und Jäger ablöste.
Spuren solch
ursprünglichen Glaubens hielten sich noch in der griechischen und römischen
Religion. Nehmen wir Athene, die Schutzpatronin von Athen, als Beispiel. Sie
vereinte in sich die traditionellen drei Eigenschaften einer Gottheit:
Weisheit, Mut und Kraft. Ihre Totemtiere waren zwar nicht mit denen des Sphinx
identisch, aber die grundlegende Vorstellung von Drei in Einem war dieselbe. In
Rom bildete die Göttin Vesta das Herzstück der Staatsreligion. Darin galt der
Glaube: Sollte das heilige Feuer der Vesta jemals erlöschen, würde Rom
untergehen. Eine Reflexion dieser großen Göttin hat sich bis in die heutige
Zeit in der Form der Heiligen Jungfrau Maria gehalten, die in der ältesten
christlichen Konfession, dem Katholizismus, eine nachhaltige und lebendige
Verehrung erfährt.
Die Göttinnen
von Griechenland und Rom, und in der heutigen Zeit die Jungfrau Maria, sind
späte Manifestationen dieser antiken Religion, deren Ursprung laut Frazer in
einer Zeit vor der Ausbreitung der ältesten bekannten Zivilisationen gelegen
haben muss, als der Mensch den Zusammenhang zwischen Fortpflanzung und
Geschlechtsverkehr noch nicht erkannt hatte. Hierzu führt Frazer aus, dass die
frühesten religiösen Riten offenbar auf dem Glauben beruhten, dass der Einfluss
des Mondes auf den weiblichen Zyklus der Grund für die Geburt von Kindern sei.
Interessanterweise erlebte
diese Religion ihren Aufstieg unter dem Zeichen des Krebses, der zugleich auch
das Zeichen der Muttergöttin war. So war es in der Zeit der
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