Sturmwarnung
Erbauung des
Sphinx, als – zumindest im Nahen Osten – eine lange Periode des verhältnismäßig
leichten Jagens und Sammelns zu Ende ging. Die Menschen mussten unter der
nächsten Konstellation, der des Krebses, mit den Rudimenten einer Zivilisation
einen Neuanfang wagen. In diesem Zeitalter entwickelten sich die erste
universelle Religion und die Anbetung einer Göttin, die den Menschen Kinder
schenkte, damit sie ihre Art erhalten konnten.
Von da an
kann der Weg der Menschheit als langwieriges Kämpfen um ein kohärenteres
Gottesbild angesehen werden, als wäre sie unter dem Zeichen des Löwen erwacht,
um zunächst ihre Stärke zu beweisen und sich dann auf eine weite
Entdeckungsreise zu begeben.
Im nächsten
Zeitalter – Zwillinge – setzte die schriftlich erfasste Geschichte ein. So, wie
sich in diesem Abschnitt die Religionen entwickelten, begriff nun die
Menschheit allmählich den Zusammenhang zwischen Sexualität und Schwangerschaft.
Männliche Gottheiten tauchten auf, und matriarchalische Religionsformen
begannen ihren Rückzug auf einige wenige Gebiete wie Sumer, wo sie immerhin
noch bis zum Beginn der nächsten Epoche eine führende Rolle spielten. Im
Bewusstsein der Menschen brach freilich die Zeit der mächtigen Götter an, und
die größten darunter waren die der Ägypter. Darüber hinaus setzte sich eine
neue Form der Religionsausübung durch. Wir beteten unsere Götter nicht nur an,
sondern lernten auch, nach ihren Lehren zu leben, wie sie in den Mythen
vermittelt wurden.
Zu den
frühesten dieser Mythen gehört die Sage von Isis und Osiris, die noch in der
Vorstellung vom Weiblichen als dem Leben Spendenden und Wiedererweckenden
wurzelte. Osiris, Isis’ Bruder, wurde von Seth aus Eifersucht getötet und
zerstückelt, doch Isis konnte die Teile wieder zusammenfügen und Osiris ein
neues Leben geben. Diese Vorstellung ist in der gesamten historischen Zeit bis
hin zum Neuen Testament erhalten geblieben, wo sie heute noch als
Wiederauferstehung Christi den Kern des Christentums bildet.
Die Legende
von Isis und Osiris markierte das Ende des Zeitalters der Zwillinge: Der von
den Toten auferweckte Gott der archaischen Sammler und Jäger, die vor der
Epoche des Krebses die Erde besiedelt hatten, setzte sich nun immer mehr durch.
Unter dem darauf folgenden Zeichen – Stier – drängten die männlichen Götter die
weiblichen noch weiter zurück, wurden aber gleichzeitig durch in den
Jahrtausenden erhalten gebliebene Elemente des Matriarchats im Zaum gehalten.
In dieser Epoche, etwa 4000 v. Chr. hielten die Sumerer ihr Gilgamesch-Epos zum
ersten Mal schriftlich fest.
Seit der Ära des
Löwen war dies auch das erste Zeitalter, aus dem wieder Spuren vorliegen, die
einen Zusammenhang zwischen dem Tierkreiszeichen und dem Weltbild einer Kultur
nahe legen. In diesem Fall sind das keine Monumente, sondern die Integration
von Stiersymbolen in die sich entwickelnden Glaubensformen.
Die
Stiersymbolik hielt sich bis ins erste Millennium der nächsten Periode –
Widder. Viele der alten Göttinnen wurden mit einem Stier als Gemahl
dargestellt, so zum Beispiel die sumerische Göttin Inanna und die griechische
Europa. Und die Frau des legendären kretischen Königs Minos, Pasiphaë,
verliebte sich in den Stier des Gottes Poseidon. In seinem Buch Mythologie
der Urvölker vertritt Joseph Campbell die Ansicht, dass die Stiersymbolik
in der frühen Bronzezeit aufgetaucht sei (während des Übergangs von Stier zu
Widder) und sich von Indien bis nach England ausgebreitet habe.
Aus dieser
Epoche sind viele Stierstatuen erhalten geblieben. Die meisten stellen
zufrieden dreinblickende Tiere dar – ein weiterer Hinweis darauf, dass
Stiergottheiten als Gemahle von Göttinnen angesehen wurden. Das markanteste
Beispiel dafür ist die große Skulptur im Manjor-Tempel in Indien. In der dort
vorherrschenden Religion, dem Hinduismus, stellte man sich Krishna, den
höchsten Gott, zugleich als Gott-Menschen und als Verkörperung des Zeitalters
des Stiers vor. Seine mythologischen Helferinnen sind in Nordindien als Gopis, Kuhhirtinnen, bekannt. Ein Relikt aus diesem Zeitalter, der Glaube an Kühe
als heilige Wesen, hat sich im Hinduismus bis heute gehalten.
Die nächsten
Tierkreiszeichen sind Widder und Fische. Letzteres wird im Abendland mit
zentralen religiösen Symbolen verbunden, während das Alte Testament mehr Bezüge
zu Widdern enthält (insgesamt 55) als zu jedem anderen Tier. Nun, das Alte
Testament entstand unter
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