Sturmwelten 01
Misstrauen muss unter ihnen herrschen? Wie oft wurde wohl einer von ihnen verraten? Wie viel Furcht müssen sie beim Anblick eines Mannes aus Corbane empfinden?
Obwohl sein Leben von ihnen abhing, schwappte eine Welle des Mitgefühls über den Hiscadi hinweg. Und doch, als er in das stolze Gesicht des Jungen blickte, erkannte er, dass dieser sein Mitleid nicht wollen würde. So schwieg er und wartete ab.
»Ich bin Majagua, der Sohn des Cacique von Guanquen«, erklärte der Junge endlich. »Ich spreche für die Sklaven. Was ist dein Plan?«
»Wir wollen die Schiffe. Aber die Festung ist gefährlich, ihre Kanonen sind stark. Gemeinsam mit euch können wir sie besiegen.«
»Wie?«
»Wir greifen die Schiffe und die Festung an, und ihr greift die Soldaten auf der Insel an.«
Ein Schnauben ertönte, aber Jaquento fuhr unbeirrt fort: »Die Soldaten werden abgelenkt sein. Sie müssen die Geschütze bedienen und sich gleichzeitig gegen euch verteidigen. Es wird nicht genug für alles geben. Jene von euch, die kämpfen können, beschäftigen die Soldaten. Die anderen fliehen zum Strand. Wir schicken Boote. Wenn wir die beiden Schiffe gekapert haben, ist mehr als genug Platz, und wir können aus der Bucht segeln.«
»Das ist gefährlich.«
»Ja. Ja, das ist es. Aber wäre ein anderer Weg ungefährlicher?«
Zweifelnd blickte Majagua Jaquento an, dann nickte der Junge: »Also soll es so sein!«
Während sich die Sklaven leise und aufgeregt miteinander unterhielten, atmete Jaquento kaum hörbar aus. Die Anspannung fiel von ihm ab, obwohl er immer noch in einem Lager inmitten rebellischer Sklaven auf einer von seinen Feinden kontrollierten Insel saß.
Die Saat war gesät. Jetzt mussten seine Pläne nur noch aufgehen.
ROXANE
Schritte donnerten über die Planken, und einen furchtbaren Moment lang sah Roxane sich selbst vor ihrem inneren Auge, wie sie mit einer Schlinge um den Hals zur Rah emporgezogen wurde.
Das Offizierstrio befand sich ohne Frage in tödlicher Gefahr. Wer hätte gedacht, dass ein thaynrischer Kapitän eine größere Bedrohung für mein Leben werden würde als die vereinten géronaischen und hiscadischen Flotten? , fragte sie sich noch, dann erfasste kalte Logik von ihrem Geist Besitz: »Wir teilen uns auf. Weicht den Soldaten aus, gebt keinen Laut. Cearl, Sie gehen zum Bug, Aella und ich schlagen uns hier am Heck durch.«
»Aye«, flüsterten die beiden. Cearl sah Roxane noch einen Moment in die Augen, bevor sie losliefen. Sie konnte seinen Blick nicht deuten, und es blieb auch keine Zeit dazu.
»Meuterer!«, zeterte Harfell irgendwo auf dem Geschützdeck. »Verrat auf meinem Schiff!«
Er brüllte inkohärente Befehle und schrie die Soldaten an. Zumindest nach dem, was zu hören war, führte sich der Kapitän wie ein Wahnsinniger auf.
Durch zwei Gitter zwischen den Decks fiel Licht herab, und rennende Schatten wurden an die Wände geworfen. Aella hatte sich in die Dunkelheit geschlagen; Roxane konnte nicht sagen, wann, und nun war die junge Offizierin auf sich allein gestellt. Seeleute riefen durcheinander, Leutnant Cudden versuchte seine Marinesoldaten zu sammeln, das ganze Schiff war in Aufruhr. Immerhin spielt es jetzt in unsere Hände, dass Harfell die Disziplin schleifen lässt.
Gerade als Roxane den Niedergang erreichte, hörte sie die Schritte schwerer Stiefel auf dem Deck über ihr, dann flackerte Licht die Treppe hinab. Hastig stürmte Roxane um eine Ecke und warf sich in den Schatten einiger Kisten. Zwei Soldaten kamen eilig herunter, Gewehre bereit.
»Treibt das Pack zusammen«, gellte Harfells Stimme vom Vorderschiff. »Weg von mir! Weg von mir!«
Flach atmend, presste sich Roxane an die Kisten. Sie wagte es nicht, einen Laut von sich zu geben. Das Licht der Laternen, die von den Soldaten emporgehalten wurden, erhellte den schmalen Spalt, in dem sie verborgen lag, und sie schloss die Augen. Die Schritte kamen näher.
»Der Alte spinnt doch«, flüsterte plötzlich eine junge, männliche Stimme, »sieht überall Gespenster und Aufrührer.«
Als Roxane ihre Augen wieder öffnete, sah sie zwei Marinesoldaten, die langsam an ihr vorbeigingen, ein Mann und eine Frau.
»Halt den Mund«, zischte die Soldatin. »Oder willst du ein Dutzend Hiebe bekommen?«
Ihr Partner knurrte nur, doch während ihres Wortwechsels waren die beiden an Roxane vorbeigegangen. Jetzt oder nie , dachte die junge Offizierin und kroch aus ihrem Versteck. Geduckt huschte sie zum Niedergang und lief so leise wie
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