Sturmwelten 01
der Insel gibt es, wie gesagt, Sklaven. Sicherlich zwei- oder dreihundert. Ich habe mit ihren Anführern gesprochen. Wenn wir die Schiffe angreifen, werden sie eine Revolte gegen die Festung beginnen.«
»Eine Revolte?«, fragte Rahel ungläubig.
»Eine Revolte. Das dürfte die Soldaten auf der Insel eine Weile beschäftigen. Wir müssen uns dann vornehmlich um die Schiffe kümmern.«
»Was wollen die Sklaven? Die Insel erobern?«
»Nein. Sie wollen fliehen. Ich habe ihnen angeboten, sie mitzunehmen, wenn es ihnen gelingt, den Strand zu erreichen.«
Statt zu antworten, seufzte Deguay nur. Der Kapitän blickte zu Rahel und Quibon, dann zu Tareisa. Lange sahen die beiden sich an, während alle im Raum schwiegen. Schließlich kratzte er sich an der Schläfe.
»Schwarzbrunn-Fregatte und zwei Korvetten? Wie schwer beschädigt? Kampfunfähig?«
»Nein. Schäden an Masten und Takelage und ein paar Löcher im Rumpf. Aber sie liegt zu weit in der Bucht, als dass man das ausnutzen könnte. Sie kann sich leicht an Ketten drehen«, erklärte Pertiz. »Und die Korvetten können sie decken. Eine harte Nuss.«
»Wir könnten warten, bis sie in See stechen, und versuchen, sie zu trennen.« Deguay sprach leise und überlegt, als ginge er selbst im Geist alle Möglichkeiten durch.
»Die Fregatte ist ein guter Segler. Und die Korvetten könnten uns eine Zeit lang beschäftigen. Es ist durchaus möglich, dass sie davonkommen. Weißt du, was für einen Maestre sie an Bord haben? Mit einem guten Windhexer ist fast alles möglich. Vergiss nicht, dass die Windreiter derzeit nicht gerade schwer bewaffnet ist. Die zwei Einpfünder von dem Weinhändler ändern daran kaum etwas. Wir hätten schon Probleme mit einer Korvette, wenn sie genug Abstand halten kann. Aber mit zweien?«
Deguay fluchte leise.
»Wäre die Reiter voll bewaffnet und für unsere Zwecke umgebaut, dann würde ich sagen, wir beschäftigen die Korvetten schon lange genug«, fuhr Pertiz fort. »Aber momentan ist das nicht drin. Eine könnten wir entern, aber die zweite würde uns zusammenschießen.«
»Alles in allem eine verfahrene Situation. Wir haben die Prise direkt vor der Nase, kommen aber ohne Weiteres nicht an sie heran. Und wenn doch, müssen wir uns mit dem Begleitschutz, der Festung und den Sklaven herumschlagen. Wir könnten versuchen, sie nachts herauszuschneiden.«
»Die Korvetten liegen weiter außen. Man müsste an ihnen vorbei, um an das schwarze Schiff zu gelangen. Und die verdammten Wachen der Compagnie sind so vorsichtig, als ob sie den Hintern des Königs bewachen müssten. Als wir in die Bucht einliefen, haben sie gleich zur Warnung gefeuert und Seuchenflaggen gehisst. Ich bezweifle, dass wir die so einfach überraschen können. Es muss ihnen klar sein, wie wertvoll diese Ladung ist«, erklärte Jaquento und schaute Tareisa an. Die Maestra zuckte mit keiner Wimper. »Mano sagt, dass die Fregatte bestens vor Magie geschützt ist.«
»Wie sieht es aus? Kannst du dich darum kümmern?«, wandte Deguay sich an die Magierin, die langsam nickte, ohne den Blick von Jaquento zu nehmen. Wie immer, wenn sie im Raum war, guckte Sinosh nur sie an, als wäre seine kleine Nase eine Kompassnadel und sie ein Magnet.
»Ich kann es nicht sagen, ohne es zuvor selbst versucht zu haben«, erläuterte sie mit ihrer melodischen Stimme. »Aber ich werde mein Bestes geben. Ich bin nicht ungeübt … in diesen Dingen.«
»Wie schwer ist die Fregatte beschädigt, Pertiz? Was würdest du schätzen, wie lange sie für die Reparaturen brauchen?«
»Gute Frage. Sicherlich eine Woche, eher zwei. Sie werden eine Menge stehendes Gut austauschen müssen und auch an den Masten und Rahen arbeiten. Wenn sie, wie ich vermute, den Toppmast ganz austauschen müssen, wird es sicherlich länger als zwei Wochen dauern.«
»Gut«, erwiderte Deguay und kniete sich nieder. Die Versammelten rückten auseinander und bildeten einen Kreis um ihn. Auf der kleinen, offenen Fläche rollte er eine Karte aus. »Wir sind etwa hier. Hier liegt Brebant. Wenn das gute Wetter anhält, brauchen wir drei Tage bis dorthin, vielleicht vier bis fünf für den Rückweg.«
»Du willst umkehren?«, fragte Pertiz erstaunt.
Der Kapitän schüttelte den Kopf. »Nicht umkehren. Wir heuern in Brebant mehr Leute an. Seit die Insel an die Thayns gefallen ist, kümmert sich niemand mehr darum. Dort wird es genug abenteuerlustige Helden geben, um die Waagschalen ein wenig zu unseren Gunsten auszurichten. Wir lassen
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