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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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fragte sie schließlich eindringlich, als sie es nicht mehr aushielt. Der Angesprochene räusperte sich und lehnte sich zu ihnen vor.
    »Nichts davon, was ich Ihnen jetzt erzähle, verlässt diesen Raum?«
    »Natürlich. Wir sitzen alle in einem Boot«, erwiderte Roxane und verzog unwillkürlich das Gesicht ob ihrer eigenen schlechten Wortwahl. Auch Aella nickte, schwieg aber.
    »Es war ein Unfall«, sprudelte es aus dem Ersten Offizier heraus. »Ich ging zum vorderen Niedergang, wie besprochen, doch Harfell kam mit zwei Soldaten dorthin. Ich versteckte mich zwischen der Ladung und wollte sie passieren lassen, aber der Kapitän stand vollkommen neben sich. Er beschimpfte die Soldaten aufs Unflätigste, ehe er sie fortschickte, damit sie das gesamte Schiff nach den Aufrührern durchsuchten. Dann stieg er die Stufen hinunter. Ich konnte sehen, wie er den Hahn seiner Pistole spannte. Als er unten angekommen war, wollte ich mich hinter seinem Rücken davonschleichen, doch er entdeckte mich. Seine Waffe …«
    »Ja?«
    »Er zielte direkt auf mich. Ich bin mir sicher, dass er bereit war, mich zu erschießen. Also wollte ich ihm die Pistole abnehmen, denn er war wie von Sinnen. Wir rangen miteinander. Und da löste sich der Schuss.«
    Die hastig vorgetragenen Worte nahmen Roxane gefangen. Sie erinnerte sich an ihre eigene, urtümliche Furcht im Bauch des Schiffes, als Harfell nach ihnen gesucht hatte. An die simple Todesangst, die sie ergriffen hatte. Und sie wusste, dass es Cearl ähnlich ergangen sein musste. In seinen Augen fand sie keine Unwahrheit, nur die verzweifelte Suche nach Verständnis – und Vergebung. Ersteres wollte sie ihm geben, Letzteres konnte er sich nur selbst gewähren.
    »Ein Unfall also. Was sagt Tabard? Wie geht es ihm?«
    Die Gerüchte über den Vorfall und den Zustand des Kapitäns machten natürlich längst die Runde auf der Mantikor . Die Unruhe an Bord war selbst hier in der Kapitänskajüte noch spürbar. Aber die junge Offizierin wollte den Bericht der Schiffsärztin noch einmal aus Cearls Munde hören.
    »Die Kugel steckt dicht beim Herzen. Harfell hatte Glück, er hatte seine Waffe nicht ordentlich geladen; zu wenig Pulver, wie es scheint. Dennoch, Tabard meint, dass Schmauch und Fetzen des Hemdes in den Körper gelangt sind, und sie kann die Wunde nicht reinigen, ohne den Kapitän zu sehr zu gefährden. Sein Zustand ist mehr als kritisch, und er ist durch den heftigen Blutverlust stark geschwächt.«
    Anders als sein Bericht über den Schuss selbst, klang diese Aufzählung eher technisch, als informiere Cearl die Offiziere lediglich über den Zustand der Wasservorräte.
    »Wird der Kapitän überleben?« Aella, die zum ersten Mal seit Beginn der Besprechung etwas sagte, stellte damit die Frage, die sie alle beschäftigte.
    »Das liegt in der Hand der Einheit. Wenn er ein wenig seiner Stärke zurückgewinnt, will Tabard operieren. Aber nicht einmal Groferton kann viel tun, außer den Kapitän zu stabilisieren, wie er sagt.«
    »Was ist, wenn Harfell wieder gesund wird? Wenn er sich daran erinnert, was passiert ist? Wir kommen alle als Meuterer vor das Kriegsgericht. Man wird uns standrechtlich erschießen!«
    »Ruhig, Aella«, zischte Roxane mit einem Blick zur Tür. »Seien Sie leise, verdammt. Wir dürfen jetzt nicht die Nerven verlieren. Sich eine schreckliche Zukunft auszumalen bringt uns nicht weiter. Wir haben genug Probleme direkt vor Augen, die wir angehen müssen, deshalb sollten wir die Dinge, die wir ohnehin nicht beeinflussen können, erst einmal außer Acht lassen.«
    »Wie meinen Sie das?«, erkundigte sich die Offizierin scharf, aber mit weitaus leiserer Stimme.
    »Das Gerede an Bord droht ohnehin bereits überzukochen. Ich habe heute mindestens ein Dutzend Mal das Wort Mord gehört. Die Mannschaft liebt Harfell. Unter ihm gab es immer reichliche Sonderrationen, und er hat ihnen gezeigt, dass man sich ungestraft gegen uns, gegen die Offiziere, stellen kann. Wer weiß also, was passiert?«
    Sie blickte die beiden fragend an. Sowohl Hugham als auch Frewelling waren bleich, wirkten übernächtigt, und die zahlreichen Sorgen ließen sich an ihren Gesichtern ablesen. Auch Roxane war müde, doch während ihr Körper nach Schlaf verlangte, war ihr Verstand klar. Sie wusste, dass ihr keine Zeit zum Ausruhen blieb. Die Offiziere mussten handeln, die Initiative ergreifen, sonst konnten sich die Gefühle an Bord hochschaukeln und Ereignisse ausgelöst werden, die sie einfach

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