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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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gegen seine Haut, doch die Wächter hatten nichts bemerkt; sie hatten ihn nicht einmal angeschaut. Warum auch? Ich bin nur ein Sklave. Und jetzt hatte er drei fingerlange Steine, die er sorgfältig zu den anderen legte, die sie bereits gemeinsam in das Lager geschmuggelt hatten.
    In den letzten Tagen hatten sie begonnen, diese Steine zu schärfen. Es würden keine furchterregenden Waffen werden, doch an einen Stock gebunden und von kundiger Hand geführt, waren die Steinklingen gefährlich. Es gab einige Krieger im Lager, die mit solchen Speeren umzugehen wussten, und auch Majagua hatte schon die wilden Schweine seiner Heimatinsel damit gejagt. Gegen die Musketen der Soldaten waren die Speere armselig, aber die Soldaten würden mit den Schiffen der Fremden beschäftigt sein. Ein Krieger fürchtet sich nicht. Ein Krieger macht sein Herz leicht, sodass die Angst einfach hindurchfliegt. Sein Leib ist Luft, seine Bewegungen Feuer.
    Ein Schatten in der Tür ließ ihn aufsehen. Es war Sinao, deren Gestalt vom Licht der sinkenden Sonne eingehüllt wurde. Sie kam auf ihn zu und küsste ihn ohne ein Wort auf die Lippen. Ihre Berührung ließ ihn jeden anderen Gedanken vergessen, und einige Herzschläge lang hielten sie sich in den Armen. Dann trat er zurück.
    »Gibt es Neuigkeiten?«
    »Nein. Alles ist ruhig. Ein Mann und zwei Frauen von den Schiffen waren heute bei Tangye, aber sie sind nur kurz geblieben.«
    »So wie gestern«, murmelte Majagua mehr zu sich selbst. »Sie haben heute einige Sklaven hier unten gelassen, die Kisten zum Strand tragen mussten. Aber sie durften sie nicht einmal in die Boote laden.«
    »Sie reparieren das Schiff. Das alles ist irgendwie merkwürdig.«
    »Hauptsache, sie stören uns nicht«, befand Majagua, nachdem er den Gedanken einen Moment im Kopf hin und her geschoben hatte. »Und sie halten Tangye beschäftigt. Das hilft uns.«
    »Bist du gar nicht neugierig, was es mit diesem Schiff auf sich hat?«
    »Nein.« Er streckte wieder die Hand nach ihr aus, strich über ihr schweres Haar, das sie wie üblich zu einem Knoten gebunden hatte. Sinao lächelte und hielt seine Hand fest, als er sie an ihrem Hals abwärts wandern ließ.
    »Die Fremden wollen das Schiff unbedingt haben. Das ist der einzige Grund, aus dem sie hier sind. Und die Leute, die es bewachen, lassen niemanden heran. Sie sind sehr aufmerksam; ihre Wachen funktionieren so gut wie das Uhrwerk in Tangyes Büro. Nicht einmal die Boote dürfen von den Sklaven beladen werden. Das ist das seltsamste Schiff, das ich je gesehen habe. Und du bist nicht neugierig?«
    Majagua zuckte mit den Achseln und ließ seine Finger auf ihrer Schulter ruhen. Er blickte ihr in die Augen und dann an ihr vorbei zur Tür hinaus, wo die Sklaven sich gerade zur Essensausgabe versammelten. Viele Sklaven waren ausgemergelt, trugen nichts als Lumpen und hatten bis vor Kurzem nur die Aussicht auf ein kurzes, hartes, entbehrungsreiches Leben gehabt. So wie auch er und Sinao. Sie ist so schön, dachte er. Aber Hequia zerstört alles – Schönheit, Gesundheit, und schließlich unser Leben.
    »Nein. Ich will nur von hier weg. Ich will, dass wir alle die Insel verlassen können. Was die Blassnasen tun, ist mir egal. Vermutlich ist das Schiff voller Gold, das ist doch das Einzige, was sie wirklich interessiert. Sollen sie sich gegenseitig umbringen, um es zu bekommen. Ich will nicht wissen, was und warum. Ich will von hier weg.«
    »Nun, ich bin neugierig«, erwiderte Sinao trotzig. Dann zögerte sie einen Augenblick. »Und ich glaube nicht, dass nur Gold an Bord ist. Ich … kann spüren, dass etwas mit dem schwarzen Schiff nicht stimmt. Es ist, als ob die Ordnung der Dinge dort durcheinandergeraten wäre.«
    Majagua guckte sie ernst an und streichelte mit dem Daumen über ihre Wange. »Ich glaube dir. Aber ich habe die anderen überredet, gegen die Aufseher zu kämpfen. Ich bin für sie verantwortlich. Ich habe einfach Angst, dass ich mich nicht um noch mehr kümmern kann. Diese Aufgabe ist schon so groß.«
    Jetzt lächelte Sinao. »Aber du wirst es schaffen, Chenao. Und ich kann warten. Wenn die Fremden die Schiffe erobert haben und wir mit ihnen fahren, kann ich ja nachschauen. Du hast recht: Bis dahin muss die Flucht unser Ziel sein.«
    »Du wirst Guanquen mögen«, erklärte der junge Paranao unvermittelt. »Die Insel ist größer als Hequia, und es gibt mehr Wald dort. Große Bäume und Vögel in allen Farben. Die Luft riecht besser, und der Boden ist nicht

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