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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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den Kopf: »Rahel, komm her. Wir müssen etwas bereden.«
    Einen Moment lang zögerte sie, dann schlug sie die Augen nieder und ging zum Kapitän, der Jaquento einen langen, undeutbaren Blick zuwarf.
    »Ich bin gerudert, und ich habe Fässer geschleppt, wie jeder andere auch. Ich denke, ich habe mir den Wein verdient.«
    »Du bist keiner von uns. Du bist nichts als eine schäbige, dreckige Landratte!«
    Der Hüne trat vor. Obgleich Jaquento groß war, überragte ihn Quibon noch um ein ganzes Stück. Im flackernden Licht der Feuer warfen die wulstigen Narben auf seinen Armen und in seinem Gesicht sich bewegende Schatten, die Quibon mehr wie einen Daemon denn wie einen Menschen wirken ließen.
    »Dann müssen wir uns wohl schlagen«, antwortete Jaquento leise und drehte sich um. Lauter fuhr er fort: »Jetzt und hier, Mesér?«
    »Ja, Landratte. Im Kreis!«
    Sofort wurden die Worte aufgegriffen, die Seeleute rappelten sich auf, riefen: »Kreis! Ein Kreis!«, und scharten sich um das ungleiche Paar. Brüllend riss Quibon die Arme hoch und schlug sich auf die Brust, während Jaquento sorgfältig sein Haar nach hinten band.
    »Er ist schneller, als er aussieht«, flüsterte Pertiz, der plötzlich an Jaquentos Seite auftauchte. »Und er ist stark wie ein Ochse. Ich habe einmal gesehen, wie er einem Mann mit dem Entermesser den Arm direkt an der Schulter abgetrennt hat.«
    »Sehr beruhigend«, erwiderte Jaquento und ließ die Schultern kreisen.
    »Quibon ist einer der gefährlichsten Kämpfer, die ich kenne. Es ist keine Schande, im Kreis gegen ihn aufzugeben.«
    »Der Kreis? Ist das ein Ritual oder so etwas?«
    »Ja. Darin werden Streitigkeiten gelöst. Wenn jemand Groll hegt oder es Zwist gibt und niemand schlichten kann.«
    »Wie weit geht ein Kampf im Kreis?«
    »Das hängt davon ab. Manchmal bis zum Tod«, erklärte Pertiz locker, zwinkerte Jaquento dann aber zu. »Allerdings nur, wenn niemand nachgibt. Heute wird es wohl lediglich so lange gehen, bis einer die Waffe streckt. Doch Quibon wird dich ein wenig aufschneiden, wenn du ihn lässt.«
    »Keine Sorge, Mesér, das ist nicht meine Absicht«, antwortete Jaquento förmlich und nickte Pertiz dankend zu. Inzwischen hatte sich um sie herum ein großer Kreis aus Menschen gebildet. Bis auf die wenigen, die bereits zu betrunken waren, um im Kreis zu stehen, hatten sich wohl alle eingefunden; einige hatten brennende Äste aus den Feuern genommen, andere hielten Waffen in den Händen. Der riesige Quibon zog ein langes, schweres Entermesser und machte wilde Grimassen, die von den Seeleuten mit Jubel beantwortet wurden. Sorgfältig studierte Jaquento seinen Gegner. Hinter dem Schauspiel, dem Gebrüll und den Fratzen sah er den geübten Kämpfer Quibon, der ihn keine Sekunde aus den Augen ließ.
    Für einen Augenblick senkte der junge Mann die Lider, ließ das Geschrei und den Tumult über sich hinwegbranden, dann schlossen sich seine Finger um den Griff seines Degens, und die Welt um ihn herum verblasste – bis auf seinen Gegner, der mit gehobener Klinge auf ihn zugestürmt kam. Mit einer fließenden Bewegung zog Jaquento seine eigene, vertraute Klinge und lenkte den ersten Angriff ins Leere, während er mit einem Seitenschritt auswich. Quibon brüllte wütend auf und schlug wieder zu. Pertiz hatte recht gehabt, wie Jaquento erkannte: Der Hüne war schneller, als man es ihm zutraute, und schier übermenschlich kräftig. Für den Moment konnte Jaquento wenig mehr tun, als die harten Schläge zu den Seiten abgleiten zu lassen und langsam vor dem wilden Angriff zurückzuweichen. Fast von allein fanden seine Füße die richtige Stellung, eingeübt in Stunden und Stunden, die er in der Fechtschule unter der Anleitung seines Meisters verbracht hatte, und seine antrainierten Reflexe parierten jeden Hieb.
    Auch wenn die Schläge mit gewaltiger Kraft geführt wurden, gab sich Quibon kaum eine Blöße. Undeutlich war sich Jaquento der grölenden Zuschauer bewusst, doch er scherte sich nicht darum, sondern konzentrierte sich einzig und allein auf seinen Feind. Sein Becken zuckte nach links und rechts, sein Körper wand sich immer wieder aus den Bögen des Entermessers. Er kämpfte im Stil seiner hiscadischen Heimat, geschmeidig und beweglich, so ganz anders als die steifen Thaynrics. Seine Bewegungen waren instinktiv, nicht vom Verstand gesteuert, lediglich von Jahren des Übens geformt.
    Quibons Schläge kamen jetzt hektischer, ungenauer, und Jaquento sah seine Chance. Wieder ließ er

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