Sturmwelten 01
einen Überkopfhieb an seiner Verteidigung abgleiten, doch diesmal schlug er in einer Rückhandriposte nach oben, die Quibon zu einem Sprung zurück zwang. Sofort setzte Jaquento nach, zwei schnelle Stöße trieben den Hünen weiter, ein Schlag von der Seite fand nacktes Fleisch und zog einen blutigen Striemen über Quibons Arm. Das wütende Brüllen seines Gegners riss Jaquento kurz aus der Konzentration, sodass er seinen Vorteil nicht nutzen konnte. Bevor er Quibon erneut bedrängen konnte, schlug dieser wieder zu.
Diesmal fielen die Hiebe so dicht wie ein Regenschauer, nur waren sie schwer wie Kanonenkugeln. Wieder wurde Jaquento in die Defensive gedrängt. Simple Paraden waren unmöglich, Quibon hätte ihm die Waffe wohl einfach aus der Hand geschlagen. Stattdessen setzte sich der junge Mann mit schnellen Ausweichschritten und fließenden Kreisen des Degens zur Wehr. Die Wut seines Gegners hielt nicht lange vor, dann ließ die Wucht seines Sturmes nach. Langsam, Stück für Stück erzwang sich Jaquento die Offensive, bis er den großen Mann vor sich hertrieb und die wenigen, schwachen Konter verächtlich zur Seite schlug. Sein Gegner holte zu weit aus, Jaquento sah seine Chance und stach zu – nur um Quibon einen Ausfallschritt machen zu sehen. Dann traf die Faust des Hünen ihn auf der Brust und drückte ihm die Luft aus den Lungen. Undeutlich sah er einen Überkopfhieb kommen und warf sich nach links, rollte hustend durch den Sand.
Bastard , fluchte Jaquento innerlich, da spürte er einen heißen Schmerz. Ein langer Striemen der Pein zog sich über seinen Rücken, und er konnte spüren, wie sein Blut sich mit seinem Schweiß vermischte und über seine Haut lief. Doch er hatte keine Zeit, über die Schwere der Wunde nachzudenken, denn Quibon ließ nicht von ihm ab. Mühsam zwang sich Jaquento auf die Füße und wich aus, während jede Bewegung Wellen von Schmerz durch seinen Leib sandte. In Quibons Gesicht konnte er im Flackerlicht der Feuer Triumph erkennen.
Als der große Mann erneut auf ihn eindrang, duckte sich Jaquento einfach zur Seite weg, tat einen leichtfüßigen Schritt, als wolle er das Ende einer Tereda tanzen, und warf sich herum. Seine Klinge fand die Lücke, zerschnitt Haut und Fleisch und drang eine Spanne weit in Quibons Brust ein. Von einem Moment zum anderen sackte der große Mann zu Boden, während sich Jaquento langsam aufrichtete.
Die Spitze seiner Klinge drückte in die Kuhle an Quibons Hals, und für einen Moment spürte er den Drang, einfach zuzustoßen. Eine plötzliche Bö fegte über den Strand, wirbelte Sand auf, zerrte an Jaquentos zerfetztem Hemd, löste einige Strähnen seines Haars. Quibon öffnete den Mund, als wolle er sprechen, doch seine Zähne waren rot vor Blut, und nur ein Keuchen entrang sich seiner Kehle. Mit einer Grimasse spuckte der Hüne blutigen Speichel neben sich in den hellen Sand. Jaquentos Finger schlossen sich fester um den Griff seines Degens.
»Bravo!«, rief Deguay und trat in den Kreis. »Was für ein Schauspiel!«
»Bihrâd!«, brüllte jemand, doch Jaquento konnte die Stimme kaum verstehen. Sein Blut rauschte in seinen Ohren, Schmerz pulsierte in seinen Adern, dann gaben seine Beine nach. Von irgendwo ertönte der klagende Schrei eines Vogels. Das Letzte, was er hörte, bevor die Schwärze seine Gedanken verschluckte, war die leise Stimme des Kapitäns: »Ich sagte es doch: eine gute Waffe, für Kampf und Tod geschmiedet.«
MAJAGUA
In einem hatte der Alte recht gehabt: Am Ende des Tages war Majagua so erschöpft, dass er kaum noch einen klaren Gedanken fassen konnte. Anders als Dagüey es für ihn vorhergesehen hatte, musste er jedoch nicht in den Minen arbeiten, sondern wurde auf den Feldern im Inneren der Insel eingesetzt, wo weite Teile des Urwalds gerodet worden waren.
Doch auch hier musste er von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang schuften. Als er abends in das Lager zurückschlurfte, schmerzten alle Muskeln seines Körpers, von den Armen bis zu den Beinen. Die pralle Sonne hatte den ganzen Tag auf ihn herabgebrannt, und es gab nur wenig Wasser. Sein Kopf war leicht, aber seine Beine waren schwer.
Bis auf wenige Ausnahmen waren alle Sklaven zum Arbeiten aus dem Lager geführt worden, begleitet von Aufsehern mit Knuten und Soldaten mit Musketen. Ein großer Teil wurde in die Minen gebracht, der kleinere auf die Felder. Aufmerksam hatte Majagua sich umgesehen, jedes Detail seiner Umgebung wie ein Schwamm aufgesogen. Doch mehr und mehr wurde
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