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Sturmwelten 01

Sturmwelten 01

Titel: Sturmwelten 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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will?«
    Missmutig nickte Bara.
    »Und wen? Dich? Mich? Einen anderen? Einen Kranken?
    Die Schwachen? Du bist ein Krieger, Bara, du sollst die Kranken und Schwachen schützen.«
    »Ich kann sie aber nicht beschützen«, brach es aus Bara hervor. Überrascht sah Majagua Tränen in seinen Augen. Hilflos knirschte der Krieger mit den Zähnen und ballte die Fäuste; sein ganzer Körper bebte. »Ich kann sie nicht beschützen!«
    Das simple Eingeständnis ihrer Ohnmacht traf Majagua tief. Bara sprach nur aus, was sie alle wussten. Niemand konnte sie beschützen, sie waren hilflos, Tangye und den Blassnasen ausgeliefert. Darauf konnte Majagua nichts antworten, denn er fand keine Worte. Stattdessen blickte er Bara nur an, bis dieser sich wieder unter Kontrolle hatte. Ohne noch etwas zu sagen, wandte der Krieger sich ab und schlurfte zu seiner Gruppe zurück. Seine breiten Schultern hingen herab, und er wirkte nun viel eher wie ein Sklave als noch vor wenigen Herzschlägen.
    Schweigend nahm Majagua Platz. Inzwischen stand die Sonne vollständig über dem Horizont. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Blassnasen herunterkamen, und tatsächlich trug der Wind schon bald einen gebrüllten Befehl vom Fort hinab in das Lager, wo die Sklaven sich ängstlich zusammenkauerten.
    Sie schritten den Pfad an der Klippe hinab – vorneweg Tangye mit seinen Aufsehern, dahinter die Soldaten, deren blaue Uniformen vor Majaguas Augen zu einem unaufhaltsamen Fluss wurden. Die Abordnung kam immer näher, verschwand aus Majaguas Blickfeld, doch ihre Schritte waren laut zu hören, bis sie schließlich vor dem Tor haltmachten. Einige atemlose Momente verstrichen, dann wurde das Tor knarrend geöffnet. Im hellen Licht der Morgensonne kam Tangye in das Lager. Seine Schergen folgten ihm auf dem Fuße, die Küchensklaven wie eine Herde Schafe von ihnen zusammengehalten. Selbstbewusst schritt der Aufseher bis in die Mitte des Lagers, stemmte die Fäuste in die Hüften und sah sich abschätzend um. Viele Sklaven standen zwischen den Hütten und beobachteten den Aufmarsch ihrer Herren, ohne die Augen abwenden zu können.
    »Alle antreten«, brüllte Tangye, und Majagua erhob sich. Gemeinsam mit Dagüey und all den anderen trat er vor. Wieder übersetzte Sinao mit gesenktem Haupt die Worte.
    »Durchsucht die Hütten.«
    Ein halbes Dutzend Soldaten rannte los, schaute in jede Unterkunft und zerrte jeden, den sie vorfanden, heraus. Egal ob krank oder ein Kind, jeder einzelne Sklave wurde auf dem Platz zusammengetrieben. Die Sklaven aus dem Fort gesellten sich zu den anderen. Nun gab es keine Unterschiede mehr, alle waren sie gleich vor Tangye und den Soldaten, gleich vor dem Tod.
    Bedächtig ging Tangye auf und ab, ließ seinen Blick unheilschwanger über die Sklaven wandern. Die Soldaten hielten ihre Musketen schussbereit in den Händen, und sie starrten die Sklaven ebenfalls an. Sie waren wachsam und vorbereitet, rechneten mit Widerstand, und Majagua wusste, dass sie jegliches Aufbegehren brutal im Keim ersticken würden. Wir sind so viele mehr als sie, aber dennoch haben sie uns in ihrer Gewalt. Wären wir alle Krieger, und hätten wir Waffen, dann könnten wir gewinnen. Doch so, nackt, ängstlich, schwach und erschöpft, sind wir leichte Beute.
    »Nun? Habt ihr die Missetäter ausfindig gemacht?«
    Schweigen antwortete ihm, und der Aufseher schüttelte scheinbar traurig den Kopf.
    »Bedauerlich. Ihr zwingt mich dazu, zum Äußersten zu gehen. Ihr selbst bringt die Strafe über euch, euer Schweigen verdammt euch!«
    Auf einen Wink von ihm stürmten ein paar Soldaten vor, schlugen mit den Kolben ihrer Waffen auf die Sklaven ein, packten einige und zerrten sie fort. Keiner sprang diesen zu Hilfe, alle wichen vor dem Angriff zurück. Und es war gut so, denn die anderen Soldaten hatten ihre Musketen angelegt. Jeden Moment erwartete Majagua einen Knall zu hören, Rauch zu schmecken, Schreie, Blut. Doch das Massaker kam nicht.
    »Diese fünf werden sterben, wenn die Schuldigen sich nicht stellen. Ihr wisst, dass ich keine leeren Drohungen ausspreche«, erklärte Tangye. Seine Stimme klang beinahe freundlich. Auf den Gesichtern der Sklaven zeigte sich Scham, aber auch Erleichterung. Kaum einer blickte zu den fünfen, die zwischen den Soldaten standen, ein Alter, zwei Junge, eine Frau, ein Mädchen. Alle spürten die Verantwortung, aber keiner konnte sie tragen. Auch in Majaguas Herz brannte die Schuld ebenso heiß wie das widerliche Gefühl der

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