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Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln

Titel: Sturmwelten 02. Unter schwarzen Segeln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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orangeroten Schlieren. Risse bildeten sich zwischen den Steinen, so dass helles Licht erschien, tonnenschwere Blöcke erhoben sich trügerisch langsam in die Luft.
    Manoel warf sich zu Boden, doch seine Bewegungen waren geradezu lächerlich gemächlich. Thyrane hob die Arme vor das Gesicht, bedächtig wie ein Schlafender, der seine Augen vor dem hellen Licht schützen will.
    Ich stehe außerhalb ihrer Zeit , erkannte Sinao endlich. Und dort explodiert der Tempel . Denn dass es sich um einen solchen handeln musste, wurde ihr schlagartig bewusst. Der Tempel eines fremden Gottes. Sie blickte sich um. Jetzt konnte sie vor
den Flammen davonlaufen, die gierige Hände nach ihr ausstreckten, vorbei an den Soldaten, den Säulen im Nebel, den Hütten, und einfach über den Pfad davonrennen. Das Feuer war langsamer als sie, würde sie freigeben müssen – und alle anderen verzehren.
    Nein !
    Vigoris ballte sich um sie. Der Tempel hinderte sie nicht. Sie spürte keinen Effekt von dem Gebäude ausgehen, keinen Sog. Alle Macht strömte direkt zu ihr, durch sie hindurch, einem wilden, unkontrollierbaren Strudel gleich. Sie versuchte, der Vigoris Form zu geben, sie ihrem Willen zu unterwerfen, wie Manoel es ihr gezeigt hatte.
    Die Zeit beschleunigte sich wieder, nahm sie wieder mit auf ihre Reise, und die Explosion raste auf sie zu, brüllend, fauchend, alles vernichtend, was ihr im Weg stand. Thyrane wandte sich ab, Manoel landete hart auf dem Boden, andere drehten sich um, schrien, ließen sich fallen. Luft rauschte über sie hinweg, prallte knallend auf den Schild, den sie aus der Vigoris erschaffen hatte. Flammen wuschen über das Mojo hinweg, wurden umgeleitet, bäumten sich auf, prasselten um die Magie herum. An den Rändern wurde die Vigoris von der Macht des Feuers verzehrt, und die Flammen erfassten Menschen, die außerhalb des Schutzes standen, wirbelten sie durch die Luft, entzündeten Kleidung, Haut und Haar, stahlen die Schreie aus ihren Mündern, fraßen alles auf.
    Auch Sinao schrie. Noch immer floss Vigoris durch sie hindurch, stärkte den Schild, drängte sich in sie hinein, mehr als sie fassen, mehr als sie ertragen konnte.
    Steine stürzten auf sie herab. Hier und da durchschlugen sie das unsichtbare Gespinst der Magie, zerschmetterten Schädel und Knochen der Seeleute und Soldaten, die zu weit von ihr entfernt waren. An anderen Stellen, mehr in ihrer Nähe, prallten sie von dem Schild ab.

    Irgendwann war es vorbei. Diesmal wusste Sinao nicht, wie viele Sekunden vergangen waren. Sie fühlte sich orientierungslos in Raum und Zeit. Ihr ganzer Leib zitterte, doch es gelang ihr, die Pforte in sich zu schließen, dem Drängen der Vigoris zu widerstehen, nicht der Verlockung nachzugeben, sich endgültig zu öffnen.
    Sie sank auf ein Knie, schnappte nach Luft, denn ihre Lungen brannten, als hätte sie minutenlang nicht geatmet. Die Luft war noch erfüllt vom Chaos der Explosion. Asche und Staub regneten auf sie nieder, und Menschen schrien vor Qual und vor Angst. Eine gewaltige Staubwolke begann vom Boden aufzusteigen.
    Thyrane sank zu Boden, lehnte sich erschöpft gegen einen Steinquader, der größer als er selbst war und nun halb im Boden versenkt lag. »Verdammt gute Arbeit. Beeindruckend«, keuchte er. Neben ihm regte sich Manoel, der sich hustend auf die Knie zog.
    Schwärze schloss Sinaos Sichtfeld ein, wollte sie davontragen, aber diesmal wehrte die junge Paranao sich. Sie zwang sich, die Augen nicht zu schließen, und blickte in den Himmel, der sich hellblau und weit über ihr erstreckte, und über sich konnte sie Anuis hellen Glanz sehen, der nun auf sie herabschien, weit über dem Staub und den Schreien.

ROXANE

    Der aufkommende Nebel war sehr dicht. Eine ruhige, derartig neblige Nacht war wie geschaffen für einen Ausbruchsversuch der géronaischen Schiffe im Hafen. Aber Roxane glaubte, dass keines sich von seinem Ankerplatz lösen würde. Sie vermutete, dass es niemand in Boroges gab, der einen solchen Befehl hätte erteilen können. In der heutigen Nacht war das Blockadegeschwader sicher.
    Jetzt zeigten sich die ersten Lichter im Nebel, und eine gewaltige Form war schemenhaft zu erkennen. Vorsichtig erhob sich Roxane und hob die Hände an den Mund: »Ahoi! Kapitänin Roxane Hedyn erbittet freundlichst Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen! Ich habe wichtige Neuigkeiten für den Kommandeur des Geschwaders!«
    Stille antwortete ihrem Ruf. Sie kannte die Absprachen des Geschwaders nicht, wusste nicht, ob

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