Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste
Bescheid als Jaq, dann irrst du dich«, sagte der Maureske in
einem so gelassenem Tonfall, als langweile ihn das ganze Verhör. »Ich schwöre dir bei den neun Höllen, dass weder er noch ich wissen, was das verfluchte Schiff, dem wir hinterhergesegelt sind, eigentlich geladen hatte.«
Das war für den Mauresken bereits eine recht lange Ansprache gewesen, und Jaquento applaudierte ihm im Geiste.
»Das war nicht meine Frage, Bihrâd«, erwiderte Shan mit starrem Gesicht. »Und ich würde euch beiden empfehlen, von jetzt ab nur noch den Mund aufzumachen, wenn ihr gefragt werdet, und euch jeweils um eine möglichst korrekte Antwort zu bemühen.«
Dann nickte der Glatzkopf einem der Wachsoldaten zu, der vortrat und dem Mauresken mit seiner behandschuhten rechten Hand in die Rippen schlug. Ein zweiter Schlag mit der Linken folgte sofort. Bihrâd gab einen gequälten Laut von sich.
»Schon gut«, rief Jaquento. »Ich kann dir sagen, was uns hierhergeführt hat, du verfluchter Hurensohn.«
Shan nickte. »Das ist gut, Maurez. Das ist sogar sehr gut. Aber ich fürchte, ich kann es nicht dulden, dass du meine Mutter beleidigst.«
Und auf ein weiteres Zeichen hin erhielt auch Jaquento zwei Schläge, die ihn dazu zwangen, seinen unsicheren Stand aufzugeben. Das Ziehen in den Armen wurde nahezu sofort unerträglich, als das volle Gewicht seines Körpers an den Handgelenken hing, und er bemühte sich hastig darum, mit seinen Zehen wieder den Boden zu berühren.
Einige Zeit später – Jaquento hätte nicht sagen können, ob lediglich eine Stunde vergangen war oder der halbe Tag – bedeutete Shan seinen Wachen, ihn loszubinden. Es war eine Wohltat, wieder auf seinen Füßen zu stehen, und obwohl
seine Arme höllisch schmerzten, war der Hiscadi froh, sie überhaupt bewegen zu können.
Shan sagte etwas zu den Wachen, und zwei von ihnen nahmen Jaquento wieder in ihre Mitte. Der Hiscadi versuchte, sich ihrem Griff zu entwinden und drehte sich um.
»He! Was ist mit ihm?« Er deutete auf Bihrâd.
»Ich habe noch allein mit ihm zu sprechen«, erklärte Shan rätselhaft und ließ dann einen Ausdruck folgen, den Jaquento wiederum nicht verstand. Trotz einiger schwacher Versuche Jaquentos, sich zu wehren, schleppten die Wachen den Hiscadi schließlich aus dem Raum.
Soweit Jaquento es beurteilen konnte, gingen sie den gleichen Weg zurück, den sie auch gekommen waren. In Anbetracht des Lichts, das durch die hohen Fenster fiel, vermutete er, dass es wohl mittlerweile später Nachmittag sein musste. Schließlich erreichten sie die Tür zu ihrem Gefängnis, und die Wachen gaben ihm einen Stoß, der ihn in den Raum taumeln ließ, bevor sie die Tür hinter ihm schlossen.
Roxane war sofort an seiner Seite. »Jaq! Bei der Einheit – wie … wie geht es dir?«
Er ließ sich von ihr zu einer der Schlafmatten helfen und setzte sich darauf, den Rücken an die Wand gelehnt. »Ganz gut eigentlich. Meine Arme tun weh, aber mir ist nichts Schlimmes passiert«, sagte er, um sie nicht zu beunruhigen.
Sie ließ sich neben ihm auf die Matte sinken und lehnte sich vorsichtig an ihn. »Ich habe ziemlich Angst um dich gehabt«, gestand sie.
»Tatsächlich? Ich denke, ich sollte mich glücklich schätzen«, antwortete er und massierte dabei seine Handgelenke und Hände, in die mittlerweile das Blut brennend und prickelnd zurückkehrte.
»Wo ist Sean?«, fragte er dann, als er sich umsah und feststellte, dass der Spion aus dem Viererbund nicht im Raum war.
Roxane zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht genau. Sie haben ihn abgeholt, und bei den Wachen war ein Mann, der offenbar aus Corbane stammte. Mir wurde gesagt, dass ich morgen an die Géronaee übergeben werden soll. Und unter Anklage gestellt.«
»Unter géronaische Anklage? Und was für eine verdammte Anklage soll das sein? Wollen sie dir einen Strick daraus drehen, dass du verbotenerweise einen Fluss befahren hast? Das ist doch lächerlich.«
Jaquento merkte, wie Wut in ihm aufstieg. Er verspürte einen heißen Zorn auf Shan, auf Géronay und auf die ganze verdammte Situation, in der sie sich befanden.
»Du weißt, dass es nicht viel braucht, um eine Anklage wegen Spionage oder dergleichen vorzubringen«, erklärte Roxane leise. »Vermutlich überzeugen sie Sean gerade davon, dass sie ihn laufen lassen, wenn er mich ans Messer liefert. Und mit einem falschen Zeugen, der aussagt, dass die Siorys im Namen Thaynrics Spionage betreibt …«
Sie ließ den Satz unvollendet und
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