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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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schlug die Augen nieder. »Es ist verdammt gut möglich, dass ich eine lange Zeit jenseits der Drachenküste verbringen werde, Jaq«, murmelte sie tonlos.
    Der Hiscadi schluckte hart. Konnte das wirklich möglich sein? Würde man sie wegen Spionage einsperren oder ihr gar Schlimmeres antun?
    Er legte einen Arm um sie. »Das würde ich nie zulassen, das weißt du, oder?«
    Sie sah ihn an und schenkte ihm ein trauriges Lächeln. »Was willst du denn dagegen tun? Du bist selbst ein Gefangener und weißt nicht, was dieser Glatzkopf mit Bihrâd und dir vorhat.«
    »Sein Name ist Shan«, erklärte Jaquento, ohne auf ihre berechtigte Frage einzugehen.

    »Dann also Shan. Was wollte er eigentlich von euch? Und wo steckt der Maureske?«
    Jaquento zuckte mit den Achseln. »Shan wollte sich noch mit ihm ›unterhalten‹, wie er es ausdrückte. Er schien sehr interessiert daran zu sein, dass auch Bihrâd ein Magietrinker ist wie er.«
    Der Hiscadi lehnte sich zurück und schloss die Augen. Sein Zorn verrauchte ebenso plötzlich, wie er gekommen war, und er fühlte sich müde.
    »Es war unwahrscheinlich, wie viel er über uns wusste«, sagte er. »Über Bihrâd, aber auch über mich. Er wusste, was ich Chavias angetan habe, und …«
    »Wer ist Chavias?« unterbrach ihn Roxane.
    »Er war … mein Bruder.«
    »Dein Bruder? Du hast einen Bruder, und dieser Kerl, Shan, kennt ihn?«, fragte die junge Frau verwirrt.
    Jaquento hielt die Augen noch immer geschlossen. Bilder stürmten auf ihn ein, Szenen, die er so oft in seinen Träumen gesehen und die er so lange Zeit aus seinen wachen Gedanken verdrängt hatte.
    »Ja, ich hatte einen Bruder«, sagte er.
    »Und was ist mit ihm … mit ihm passiert?«, wollte Roxane wissen.
    Jaquento wollte schweigen, doch er fürchtete, sie vielleicht niemals wiederzusehen. Also begann er zu erzählen.
    »Unser Vater war ein Vicado , ein reicher Landadeliger in der Nähe von Sargona, in Jaquente. Wie die meisten Adeligen hatte er sich mit den Géronaee ziemlich gut arrangiert, bewunderte das Land sogar für seine Kultur und die militärischen Leistungen. Ich konnte der Besatzung nicht so viel abgewinnen, obwohl mich die Géronaee auch nicht weiter störten. Mein Bruder Chavias hingegen kam ganz nach unserem Vater. Er war der Ehrgeizige von uns beiden. Er wusste,
was Vater von ihm erwartete, und so wurde er Soldat, mit einigem Erfolg, könnte man sagen. Er war Capitane der königlichen Garde, noch bevor er zwanzig war. Natürlich kam ihm der Name meiner Familie dabei zugute, aber ich bin davon überzeugt, dass er für sich das Richtige gewählt hatte. Er war pflichtbewusst, loyal und glaubte von ganzem Herzen an das Militär und die bestehende Ordnung.
    Ich hingegen wusste nichts Rechtes mit mir anzufangen, lebte in den Tag hinein und verbrachte meine Nächte in schlechter Gesellschaft. – Erinnerst du dich noch an Franigo, den Dichter, den wir in Sargona getroffen haben?«
    »Allerdings«, erwiderte Roxane und verzog das Gesicht. Die glatten Umgangsformen und offenkundigen Schmeicheleien des Poeten hatten sie damals eher unangenehm berührt.
    Jaquento lächelte wehmütig. »Nun, Franigo weiß auf jeden Fall, wie man sich amüsiert«, fuhr er fort. »Wir haben wirklich viel Zeit in den örtlichen Spelunken und Bordellen verbracht, tranken meist zu viel und kümmerten uns nicht um den nächsten Tag. Geld war kaum ein Problem für uns, denn mein Vater unterhielt mich mit einer großzügigen Apanage, obwohl er meinen Lebenswandel missbilligte.
    Zu Franigos und meinem Dunstkreis gehörten immer auch einige zwielichtige Gestalten. Die meisten von ihnen waren in der einen oder anderen Art an dem Schmuggel beteiligt, der an den neugierigen Blicken der Géronaee und ihrer Steuereintreiber vorbeilief. Und dem Dichter und mir bereitete es eine gewisse Freude, gelegentlich dabei mitzumachen – wegen des Nervenkitzels. Uns ging es nicht wirklich um die Politik, auch wenn wir jederzeit laut und deutlich die Géronaee verwünscht und ›Lang lebe Hiscadi!‹ gebrüllt haben. Wir waren jung und ziemlich dumm, fürchte ich.«
    Er machte eine kleine Pause, wartete, ob Roxane etwas sagen würde, aber sie schwieg.

    »Eines Nachts hatten wir uns anheuern lassen, um ein paar Kisten Schießpulver aus der Stadt zu bringen, die in der Garnison gestohlen worden waren und jetzt zu den hiscadischen Freiheitskämpfern gebracht werden sollten. Eigentlich war das keine große Sache, aber irgendetwas ging schief. Als wir die

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