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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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werde enttäuschen müssen, dachte der Admiral. Aber fürs Erste muss das Saufen und Huren noch ein wenig warten.
    Thyrane beachtete das Geschehen nicht weiter, sondern ging in seine Kajüte. Vor dem halbblinden Spiegel an der Wand gegenüber seiner Koje rasierte er sich sorgfältig. Er band das graue Haar zu einem ordentlichen Zopf zusammen und legte über frischer Leibwäsche seine beste Ausgehuniform an, komplett mit allen Auszeichnungen. Der Spiegel warf ein mattes, goldenes Glänzen von den Orden zurück, die er im Dienste Thaynrics in über vier Jahrzehnten im Krieg gegen Géronay und alle anderen Feinde der Nation gesammelt hatte.
    Man wusste ja nie, wer sich davon beeindrucken lassen würde. Mancher Mann in der Marine glaubte, den Wert eines anderen am besten an den Litzen und Bändern seiner Uniform erkennen zu können. Was für ein Irrtum.
    Schließlich setzte er den Dreispitz auf und sammelte seine Berichte in einer Mappe zusammen. Dann stellte er sich an das geöffnete Fenster seiner Kajüte und blickte auf die Hafenstadt hinaus. Vor Lessan lagen zahlreiche kleinere Schiffe vor Anker, Fischkutter ebenso wie Boote der Marine. Die Insel war eine der größten und bevölkerungsreichsten der Sturmwelt und spiegelte sowohl die exotische Schönheit als auch die zahlreichen Gefahren der thaynrischen Überseekolonien aufs Lebhafteste wider.
    Der Admiral atmete tief durch. Alles in ihm wollte ihn zur Eile treiben; seine Instinkte rieten ihm, schnell zu handeln und seine Gegner zu überraschen, bevor die Compagnie ihre eigenen Züge planen und durchführen konnte, aber er wusste, dass er ihnen nicht zuvorkommen konnte. Was immer sie gegen ihn aufbieten mochten, es würde sich längst formiert
haben, wenn er Lessan betrat. Deshalb versuchte er, sich so gut wie möglich zu sammeln und zu wappnen, bevor er sich auf den Weg machte. Ein unbedachter Schritt, eine impulsive Handlung, und sein Spiel wäre verloren.
    Als Thyrane wieder an Deck trat, begrüßte ihn Leutnant Tarren mit einem schneidigen Salut. Ihre Miene verriet nichts über ihre Gefühle, als sie berichtete: »Boote fertig zum Übersetzen, Thay.«
    »Danke, Leutnant. Richten Sie dem Kapitän bitte folgenden Tagesbefehl von mir aus: Bis auf weiteres bleibt jeder an Bord. Ohne meine ausdrückliche Zustimmung wird kein Gefangener an Land gelassen und umgekehrt niemand von der Compagnie an Bord.«
    Falls Tarren der Befehl missfiel oder er sie verwunderte, zeigte sie es nicht. »Aye, aye, Thay.«
    Thyrane wandte sich ab, sah sie dann aber noch einmal über die Schulter an: »Sie haben gute Arbeit geleistet, Leutnant.«
    Ohne auf ihre Reaktion zu warten, machte er sich über die Strickleiter an den beschwerlichen Abstieg ins Boot. Gerade als er es sich auf der harten Bank mehr schlecht als recht bequem machen wollte, erschien Sinaos gebräuntes Gesicht an der Reling.
    »He! Willst du mich nicht mitnehmen?«
    Thyrane seufzte. »Du kannst später mitkommen, mein Kind. Aber zuerst muss ich allein fahren.« Er sah, wie sie die Stirn missbilligend runzelte, und fügte hinzu: »Vertrau mir.«
    Ihr Gesicht verschwand ohne eine Antwort. Dann stießen die Matrosen das Dingi ab und legten sich in die Riemen.
    Über der Insel ballten sich schwere, dunkle Regenwolken zusammen. Das Licht des Nachmittags schien aus allen Richtungen zu kommen, und die Luft war drückend, schwül und
schwer. Schon bald umschwirrten Insekten die Seeleute im Boot, und die Schreie der Seevögel hießen sie willkommen.
    Noch bohrten sich Sonnenstrahlen durch die Wolken, aber es war abzusehen, dass sich die wenigen Lücken bald schließen und einer der häufigen Regengüsse der Sturmwelt auf Lessan niedergehen würde. Obwohl Thyrane sich kaum bewegte, stand ihm schon nach kurzer Zeit der Schweiß auf der Stirn, und die Hemden der Männer und Frauen an den Riemen waren durchweicht.
    Noch während das Boot sich dem Steg näherte, konnte der Admiral den Aufmarsch der Würdenträger beobachten, die sich am Kai in Erwartung ihrer Ankunft versammelten. Um sie herum drängten sich Händler und Huren, die jedoch von den Soldaten, die die Offiziere und Beamten begleiteten, auf Abstand gehalten wurden.
    Thyranes Order an die Besatzung der Imperial , das Schiff vorerst nicht zu verlassen, würde auch am Hafen für Unmut sorgen, denn eigentlich bedeutete ein Großschiff der Marine üblicherweise gute Geschäfte, aber Lessans Ökonomie bereitete dem Admiral derzeit die geringsten Sorgen.
    Das Dingi legte an, und

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