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Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste

Titel: Sturmwelten 03. Jenseits der Drachenküste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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lassen, wenn nur ein Mann wie Franigo sich zum Fürsprecher der Missverstandenen machte.
    Der Dichter selbst hatte weitaus weniger Vertrauen in die Mühlen der Justiz. Er hatte mit angesehen, wie unter dem alten Regime Männer wie Imerol Hungers sterben mussten und Veteranen zu Tode geprügelt wurden, nur weil sie sinnlose Befehle infrage gestellt hatten.
    Er hatte in Géronay am eigenen Leib erfahren müssen, wie schnell ein Unschuldiger verfolgt werden konnte. Denn er hatte sich unschuldig gefühlt, auch wenn die Vorwürfe, dass er ehrabschneidende Schriften wider Adel, Klerus und
Krone verfasst hatte, faktisch der Wahrheit entsprachen. Denn immerhin waren auch seine Werke wahr, und künstlerische Freiheit stand ohne Frage über persönlicher Ehre.
    Und er hatte erlebt, wie schnell ein Mann auch unter den neuen Herren in Ungnade fallen konnte. Wollten die Revolutionäre zu Beginn ihres Kampfes noch die Tyrannei und die selbstherrliche Justiz der Monarchie abschaffen, waren sie nun nur allzu schnell dazu übergegangen, Andersdenkenden und Kritikern unter dem Vorwurf, Feinde der Revolution zu sein, mit ebensolcher Härte zu begegnen, wie sie ihnen früher von den Machthabern entgegengebracht worden war.
    Während Franigo mit derlei Überlegungen beschäftigt war, gelangten sie bis vor die Tore des Rathauses. Zwei Soldaten in der alten und neuen Uniform der stolzen Nation Hiscadi standen rechts und links neben dem Portal Wache. Ihre Mienen drückten die Gewichtigkeit ihrer Aufgabe aus. Oder das Drücken ihrer Blasen, amüsierte sich Franigo insgeheim.
    Er grüßte die beiden mit einem Nicken, das ihnen zeigen sollte, dass es sein gutes Recht war, hier ein und aus zu gehen, und zog Inxi weiter, der stehen geblieben war, vermutlich, um den beiden Hohlköpfen völlig unnötige Erklärungen abzugeben. Ohne den Wachen noch weitere Beachtung zu schenken, trat Franigo in den wuchtigen Bau, dessen Inneres im Kontrast zu dem dunklen Stein durch hohe Fenster und geschickte Architektur erhellt war.
    Säulen erhoben sich über vier Stockwerke, stützten die hohe Decke, an der Fresken von den Heldentaten der großen Söhne und Töchter der Stadt kündeten. Der Poet war bereits des Öfteren zu Besprechungen, Empfängen und offiziellen Anlässen in dem altehrwürdigen Gebäude gewesen – seit der Vertreibung der Géronaee aus der Stadt war er ein gern gesehener Gast. Der Dichter der Revolution. Wozu mich dieser
junge Wirrkopf und seine von der Einheit verfluchte Druckerpresse nun einmal gemacht haben.
    Mit einem schnellen Schritt trat er einem durch den Vorsaal eilenden Mann in den Weg, der die Arme voller Akten hatte.
    »Verzeihung, Mesér, aber ich suche nach dem Zuständigen für Angelegenheiten des Justizwesens«, erklärte er seine Absichten höflich und zog dabei den Hut. »Vielleicht könntet Ihr mir weiterhelfen?«
    »Dritter Stock, mein Herr. Magistrat Juanbare Gárrer.«
    »Habt Dank, Mesér«, entgegnete Franigo, doch der Mann lief schon weiter.
    »Papierträger!«, raunte der Dichter Inxi zu und blinzelte verschwörerisch in dessen Richtung. »Und Magistrate! Als hätten wir nicht genug erlitten, ernennt unser eigener Rat nun seine eigenen Magistrate.«
    »Wie meinen?«
    »Nichts, Inxi, nichts. Ich sprach lediglich davon, dass eine Art der Bevormundung stets durch eine andere ersetzt wird, wenn man nicht aufpasst. Und dass Tyrannen immer erst einmal Beamte brauchen, um sich durchzusetzen.«
    Gemeinsam schritten sie die gewaltige, leicht geschwungene Treppe empor. Franigos Absätze klackten laut auf dem Marmor, während er sich durch den Kopf gehen ließ, was er dem Magistrat zu sagen gedachte. Ach, zur Hölle, was soll die falsche Bescheidenheit? Ich werde meinen Namen nennen und ihn bitten, Alserras und den Vater des Druckers freizulassen. Heute ist ein viel zu schöner Tag, um ihn sich mit dummen Streitereien über Politik zu verderben. Der Mann soll mir einfach einen persönlichen Gefallen erweisen, dann sind Inxi und ich hier rasch wieder heraus und trinken ein Viertel, noch bevor die Sonne zu sinken beginnt.
    Franigo strich sich über den Bart und schob eine widerspenstige Strähne seines Haars hinter das rechte Ohr. Er
hoffte, dass das Duell seine Kleidung nicht in unangemessener Weise derangiert hatte, konnte aber mit einem schnellen Blick weder Blut noch Schmutz auf seinem Wams finden.
    Im dritten Stock angekommen, fragte er sich nach den Arbeitsräumen von Magistrat Gárrer durch, bis man sie an eine wuchtige,

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