Sturmwind der Liebe
fuhr er nach einer Weile fort, »gibt es einen Unterschied zwischen uns beiden. Ich habe Geld, und Sie haben keinen Sou. Ich kann einfach nicht glauben, daß Ihr Vater sein Schicksal ganz in Ihre Hände legen möchte.«
Jetzt meinte Alec zu erkennen, daß sie in Wallung geriet. »Mein Vater hat volles Vertrauen zu mir, daß ich ihn nicht übervorteilen werde, Sir. Ich verfüge über viel Erfahrung und …«
»Erfahrung? Sie? Wirklich, mein lieber Junge, ich könnte mir vorstellen, daß Sie noch jungfräulich sind.«
Das hatte gesessen. Sie ging ihm glatt in die Falle. Ihr Gesicht wurde leuchtend rot – wirklich ein unglaubliches Rot –, und sie riß den Mund auf, um ihn anzuschreien, nur daß ihr im Augenblick die Worte wegblieben. Das war gut für sie, denn es gab ihr Gelegenheit, die Fassung wiederzugewinnen. »Ich war mir nicht bewußt, daß es hier um meine sexuellen Erlebnisse geht, my Lord.«
»Mein lieber junger Mann, es geht immer um sexuelle Erlebnisse. Das ist doch sicherlich hierzulande nicht anders als in England, Spanien oder Brasilien?«
Woher zum Teufel sollte sie das wissen? Wollte er damit sagen, daß die Männer jederzeit und überall ihre Scherze über Sex machten? Sie beschloß, sich dem zu beugen, was offenbar der Wahrheit entsprach. Und falls es so war, mußte sie, die ja einen Er darstellen wollte, den gleichen Eindruck erwecken wie alle anderen. Deshalb sagte sie: »Sehr wohl.«
»Sehr wohl was? Sie haben Erfahrung?«
»Eine ganze Menge! Aber das geht Sie nichts an. Gentlemen – zumindest amerikanische Gentlemen – sprechen mit anderen Männern nicht über Damen oder über ihre Eroberungen.«
»Eroberungen? Sonderbarer Ausdruck. Ich frage mich, was ist eine Dame? Ich denke, daß eine Dame die Aufmerksamkeiten eines Mannes gern entgegennimmt und sich freut, wenn sie mit Komplimenten, Geschenken und Schmuck überhäuft wird. Aber nimmt sie von seinem Körper Notiz? Ich weiß es nicht. Was meinen Sie?«
Davon hatte sie nicht die geringste Ahnung. Außerdem, fand sie, war er der arroganteste und unverschämteste Mann, der ihr je begegnet war. Allerdings mußte er ja annehmen, daß sie auch ein Mann wäre. Aber dies ging doch zu weit. Darauf durfte sie sich nicht einlassen.
Sie reckte das Kinn. »Eine Dame, my Lord, zumindest eine amerikanische Dame, spricht nur über geziemende Themen und erfreut sich an Dingen, die sich geziemen.«
Alec lachte. »Aha, Sie meinen also, daß eine Dame, eine amerikanische Dame, nicht über ihr Vergnügen an Männern spricht, sondern sich ihm einfach hingibt, nachdem es ihr gelungen ist, den armen Kerl vor den Altar zu schleppen?«
»Nein, ganz und gar nicht. Sie wollen mich absichtlich mißverstehen, my Lord. Eine Dame gleicht einem Mann in keiner Weise.«
Das ist eine Untertreibung, dachte Alec. Laut sagte er: »Wie wahr! Nach meiner Erfahrung sind Frauen viel listiger und verschlagener als Männer. Da sie entscheiden können, wann ein Mann haben darf, was er haben will, üben sie eine unglaubliche Macht aus. Das, mein lieber junger Mann, ist der Grund, warum sich die Männer immer in Fesseln legen lassen.«
»Aber das ist doch absurd! Damen besitzen überhaupt keine Macht … Sie – nun, ich weiß nicht. Jedenfalls sind wir uns noch viel zu fremd, als daß wir hier ein Thema besprechen könnten, als wären wir alte Bekannte …« Sie brach ab.
»Also zurück zu steifen Förmlichkeiten.«
Genny bemerkte, daß Minter sie mit seinem üblichen hämischen und lüsternen Blick beobachtete. Sie hoffte inbrünstig, daß keiner der Männer etwas von der ausgefallenen Unterhaltung mitbekommen hatte. »Möchten Sie die Kapitänskabine sehen, Sir? Sie ist nahezu fertig, und dort sind wir auch mehr unter uns.«
»Wenn Sie wünschen. Ist Ihr Vater unten?«
»Nein, mein Vater ist zu Hause. Folgen Sie mir bitte, my Lord!«
Alec tat es und begutachtete unterwegs ihre Hüften. Er stellte sich vor, wie er die Hände an ihre Hüften legte und sie streichelte, und spürte, wie sein Glied anschwoll. Wie lange würde sie noch auf diesem Verwirrspiel bestehen?
Die Kabine war erstklassig ausgestattet und selbst für seine Verhältnisse geräumig. Sie war in der Tat größer als seine Kabine auf der
Night Dancer.
Allerdings hatte sie keine zweite Tür. »Es gibt doch noch eine Nachbarkabine?«
»Selbstverständlich. Sie ist für den Ersten Steuermann gedacht.«
Oder für meine Tochter, dachte er. »Ja, hier drin kann man sich schon wohlfühlen. Ich würde gern
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