Sturmwolken am Horizont -: Roman (German Edition)
übergangsweise für drei Personen aufzukommen und ihnen Schutz zu gewähren. Demy hatte das Gefühl, als sei dies die prompte Antwort auf ihre verzweifelten Gebete in der vergangenen Nacht.
In diesem Augenblick rief jemand vor der Tür ihren Namen. Theodor trat zurück, um den Neuankömmling einzulassen.
»Demy?« Margarete schaute von ihr zu Henny und schließlich blieb ihr Blick an Theodor hängen. »Entschuldige bitte. Ich komme später wieder.« Die Stimme ihrer Freundin brach, und es blieb keinem der Anwesenden verborgen, dass die junge Frau mit den Tränen kämpfte.
»Entschuldigen Sie mich bitte einen Moment«, bat Demy Theodor, raffte ihren sandfarbenen Rock und stürmte an Henny vorbei zu Margarete, die sich Halt suchend an die kühle Hauswand lehnte. Nach einem Blick in ihre rotgeweinten, verquollenen Augen zog sie die Freundin kurzerhand in ihre Arme und wiegte sie leicht hin und her. Wie oft hatte Margarete ihr in den vergangenen Jahren Trost gespendet, wenn sie unter den Tiraden und der Kaltherzigkeit des Rittmeisters gelitten hatte! Seit dem Tod von Margaretes Ehemann hatten sie die Rollen getauscht.
»Wie schön, dass du mich besuchst. Du warst so lange nicht mehr hier!«
»Ich weiß nicht, wo ich hin soll. Ich bin so schrecklich verzweifelt. Lina kann ich nicht aufsuchen. Sie ist frisch verheiratet und so glücklich, dass es mich nur noch mehr schmerzt. Eigentlich wollte ich dich fragen, was es mit deiner Verlobung auf sich hat, aber jetzt …« Wieder brach Margarete die Stimme und ein Schluchzen schüttelte ihren Körper.
»Was ist denn los, Margarete?«
Aus dem Schluchzen wurde ein lautes Durchatmen, ehe es aus Margarete hervorbrach: »Ich erwarte ein Kind!«
Noch einmal drückte Demy die Freundin an sich, während sie überlegte, wie sie auf diese Eröffnung reagieren sollte. Margarete klang verzweifelt, obwohl sie sich bereits in frühen Jahren darauf gefreut hatte, eines Tages eigene Kinder zu haben.
»Ich bin allein! Ich bin Witwe! Und nun das!«, brach es aus Margarete heraus.
Demy warf einen Blick über die Schulter. Theodor war zu dem Dienstmädchen getreten und hatte sie in ein Gespräch verwickelt, dabei zwang er Henny sanft, sich ein paar Schritte zu entfernen, um den beiden Frauen mehr Privatsphäre zu schenken.
Demy löste sich von Margarete und ergriff deren Hände. Über das schöne, wenn auch im Augenblick sehr blasse Gesicht der Witwe liefen Tränen und ihre braunen Augen wirkten erschreckend leer. »Margarete, ich bin nicht sehr erfahren in diesen Dingen. Vielleicht ist es falsch, was ich jetzt sage, doch etwas anderes fällt mir nicht ein.«
Ihre Freundin hob den Kopf. Bittend waren ihre Augen auf Demy gerichtet, was diese noch mehr verunsicherte. Dennoch sprach sie weiter: »Vermutlich ist es natürlich, dass du in deiner Situation erschrocken auf die Nachricht reagierst, ein Kind zu erwarten. Aber eigentlich finde ich es wunderbar! Dieses Kind zeugt von der Liebe, die Klaus und du füreinander empfunden habt. Es ist ein Teil von Klaus. Gott schenkt dir eine bleibende Erinnerung an deinen Mann durch dieses Kind.« Unsicher richtete Demy ihren Blick auf die Freundin. Ob sie mehr Schaden angerichtet hatte, als sie gutmachte?
»Warum habe ich das nicht so gesehen?«, flüsterte Margarete.
»Weil dein Schmerz so groß ist, dass du momentan nur fühlst und kaum logisch denkst. Entschuldige bitte, das klang jetzt furchtbar unhöflich.«
Demy kräuselte verwundert die Nase, als Margarete schmunzelte. »Wenn du in deiner unnachahmlich direkten Art aber recht hast, liebe Freundin?«, erwiderte sie, nun mit fester Stimme.
Hastig kramte Demy in der Tasche ihrer Kostümjacke nach einem Taschentuch und reichte es Margarete, die sich die Tränen aus dem Gesicht wischte. »Du hast Besuch, ich möchte dich nicht länger aufhalten. Vielleicht schaue ich doch noch bei Lina vorbei.«
»Ich komme morgen zu dir, Margarete. Hältst du dich immer noch im Haus deiner Eltern auf?«
»Momentan ja. Ich kann Klaus’ und meine gemeinsame Wohnung nicht betreten. Die Erinnerungen sind zu schmerzlich. Aber ich freue mich, wenn du mich besuchst!«
»Gut, dann ist das abgemacht!«
Margarete umarmte sie und raunte ihr dabei zu: »Es ist wunderbar, wie viel Liebe du zu geben hast. Und das, obwohl ich immer den Eindruck hatte, dass du selbst in den letzten sechs Jahren entsetzlich zu kurz kamst. Philippe hat ununterbrochen Liebe gesucht und Bestätigung eingeholt, wo er nur konnte. Wohl als
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