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Sturz der Marionetten: SF-Thriller

Titel: Sturz der Marionetten: SF-Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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lediglich in einer unnatürlichen Anmut und Athletik. Aber ich hatte auch eine Frau gesehen, deren Arme und Beine aussahen, als folgten sie Standardvorgaben, bis sie von irgendeinem Bedürfnis gepackt wurde und diese Glieder in Schlaufen und Wirbeln von dreißig Metern Länge herumschleuderte. Ich hatte einen Mann beobachtet, der seinen Rücken dreimal um die eigene Achse gedreht hatte wie einen Korkenzieher, ehe er den Hals um einiges länger ausstreckte, als ich groß war, und mit dem Kopf wedelte wie mit einer Flagge am Ende einer Stange. Und ich hatte Leute gesehen, die ihre menschliche Erscheinung einfach wie Kleidung, die sie nur zwischen ihren Auftritten trugen, abgelegt hatten und nur mehr aus Torsi bestanden, an denen sich schwarze Peitschen wie bei den Vlhani schlängelten. Da hatte es sogar ein Paar gegeben, das sich in Vlhani-Nachahmungen hatte umwandeln lassen. Von der Größe abgesehen unterschieden sie sich optisch nicht von den Einheimischen. Sie hatten menschliche Gehirne in diesen mächtigen schwarzen Köpfen, aber keine Gesichter, keine Sprechinstrumente, nichts, das sie mit der Spezies verband, die sie hervorgebracht hatte.
    Es war unmöglich zuzusehen, wie sie mit ihren Modifikationen arbeiteten, sich bemühten, den wie auch immer gearteten Vorgaben zu genügen, die die Vlhani zur Bedingung für die Teilnahme an dem Ballett gemacht hatten, ohne Ehrfurcht angesichts ihrer Hingabe zu empfinden - gepaart mit Übelkeit angesichts der Frage, ob sie nun leibhafte Wunder oder doch eher ein menschliches Gräuel waren.
    Wie schon Isadora glaubten auch sie, sie würden Teil von etwas werden, das größer war als sie. Sie alle glaubten, sie würden die Zukunft verändern. Sie alle behaupteten, die menschliche Sprache sei zu grob, um die grundlegenden Konzepte zu vermitteln, und dass wir als Menschen nicht über einen ausreichenden Wortschatz verfügten, um einen passenden Wortschatz hervorzubringen. Ich konnte mich nur jeglichen Urteils enthalten, während ich mir im Stillen wünschte, ich hätte je im Leben eine solche Gewissheit verspürt.
 
    »Sie sollten vielleicht mal zur Seite raussehen«, sagte Hammersmith nun.
    Ich machte mich auf das Schwindelgefühl gefasst und folgte seinem Rat, als er das Vehikel auch schon in Schräglage brachte, um den Blickwinkel zu verbessern.
    Der halbmondförmige Lichtschein, der die Dunkelheit unter uns durchbrach, war kaum zu übersehen. Kleinere Lichtpunkte sammelten sich um ihn herum wie Leuchtkäfer, die von der Flamme angezogen wurden. Wenn ich die Augen etwas zusammenkniff, konnte ich auch Sterne erkennen, die sich in etwas spiegelten, das ich für eine Wasserfläche hielt. Es funkelte stärker, als es ein normales Sternenfeld tun sollte - eine optische Eigenart, die ich den verzerrenden Auswirkungen der Wellenbewegungen zuschrieb.
    Die Porrinyards, die bei Dunkelheit besser sehen konnten als die meisten, erkannten gleich, dass ich vollständig daneben lag. »Das ist das Amphitheater, richtig? Und dieser große, hell erleuchtete Bereich muss da sein, wo die Beobachter ihre Aufzeichnungsgeräte aufstellen.«
    »Das ist richtig«, sagte Hammersmith. »Wenn da unten alles so läuft wie in den vergangenen Jahren, ist die allgemeine Stimmung der Zuschauer von Vernunft gänzlich unbeeinträchtigt und treibt Panikblüten. Heute Nacht wird niemand schlafen.«
    Ich runzelte die Stirn. »Warum kommt es mir so vor, als würde ich Wasser sehen?«
    »Meinen Sie das Funkeln? Dort konzentrieren sich die Vlhani auf der Bühne und außerhalb. Ihr Chitin bildet eine perfekte Spiegeloberfläche für die Sterne. Sie flackern, weil sie unentwegt die Peitschen über die Köpfe schwingen.«
    »Beeindruckend.«
    »Sie müssten sie mal in großer Zahl bei Tageslicht erleben. Ich bin mehr als einmal über der Wüste unterwegs gewesen und geblendet worden, nur weil irgendein Vlhani, einen Kilometer oder weiter von mir entfernt, das Sonnenlicht auf diese Weise reflektiert hat. Nehmen Sie das mal tausend - da werden Sie erblinden.«
    Wir hatten Blendungsdämpfer in unseren Taschen, und es war hilfreich zu erfahren, dass wir gut daran täten, sie herauszuholen und uns vor Tagesanbruch auf den Sonnenaufgang vorzubereiten.
    Hammersmith ging tiefer. Wir konnten nun Peitschen über jedem dieser großen, schwarzen Köpfe erkennen; sie bewegten sich nicht mit der bedächtigen, liebenswürdigen Langsamkeit der Kreatur, die unbedingt meine Bekanntschaft hatte machen wollen, sondern mit einer Form

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