Sturz der Marionetten: SF-Thriller
Dort warten Sie auf mich. Sprechen Sie unterwegs mit niemandem, holen Sie kein Gepäck, gehen Sie nur hin. Wir treffen uns dort in fünf Minuten.«
»Ja«, sagte sie und ging hinaus.
So einfach war das. Keine Diskussion, keine Hektik, keine offenkundigen Bedenken, auf einem Planeten, der so oder so schon ins Chaos rutschte, den Boden der Legalität zu verlassen. Sie wandte sich einfach ab und trat über die mit einem Vorhang verhängte Schwelle, ohne auch nur so viel Gefühl zu zeigen wie ich nach einem durchschnittlich befriedigenden Stuhlgang.
Ich dachte darüber nach, was sie noch fühlen mochte an dem Ort unterhalb ihrer unbewegten Oberfläche, an dem sie all ihre Emotionen einpferchte: Verzweiflung? Furcht? Hoffnung? Befriedigung? Trauer über den Verlust ihres Arbeitgebers?
Ich konnte es nicht wissen.
Aber ich hatte das Gefühl, ich würde es in Erfahrung bringen müssen, wenn das alles vorbei war.
Ich wartete dreißig Sekunden, ehe ich den Waschraum verließ. Da ich nichts Besseres zu tun hatte, nutzte ich währenddessen das Waschbecken. In den wenigen Sekunden, die ich brauchte, um mir die Hände zu waschen, schloss ich die Augen und aktivierte meine Schnittstelle. Das Gefühl des Wassers, das über meine Finger strömte, blieb bestehen, doch das Wasser schien langsamer zu fließen, schien plastischer zu werden, wurde in seinem Fluss schließlich so zäh wie Gallertmasse. Ein strahlendes Blau füllte die Welt aus, und ich fand mich schwebend vor dem neuesten Avatar wieder: eine Kreatur mit Flammenflügeln und der angefressenen Miene eines gewöhnlichen Dip-Corps-Funktionärs. Ihr Gesicht war nicht das von Croyd, doch es hätte von einem seiner Verwandten stammen können.
Wir sind sehr beschäftigt, Andrea Cort.
Etwas in dieser Art hatten sie noch nie zu mir gesagt. Ich dachte, Softwareimpulse wüssten, wie Multi-Tasking funktioniert.
Weil wir das tun, sind wir in der Lage, Ihnen wenigstens eine minimale Aufmerksamkeit zu widmen. Aber wenn wir sagen, dass wir uns mit den Folgen der Gewichtsverlagerung befassen müssen, die sich zu unserem Nachteil in diesem Konflikt ergeben haben, dann meinen wir das todernst.
Hatten sie ... Angst? Ich gehe davon aus, dass Sie nicht von ein paar toten Diplomaten sprechen.
Wäre das der Fall, Andrea Cort, dann wären die Auswirkungen des Blutvergießens der vergangenen Nacht nur ein lokales Problem. Aber die letzten paar Stunden haben die Wesen, die Sie als Unsichtbare Dämonen bezeichnen, in die Lage versetzt, Geschehnisse zu bewirken, die sich auf mehr als siebzig von Menschen besiedelten Planeten in furchtbarer Weise auf ihre Spezies auswirken.
Mir rutschte das Herz in die Hose. Wie?
Das ist zu komplex und zu sehr in unsere Vereinbarungen eingebunden, um es in der gegebenen Zeit auszuführen. Es muss reichen, wenn wir Ihnen sagen, dass sie überall zugleich zugeschlagen haben. Es hat Attentate gegeben, kriegerische Handlungen, ein oder zwei spontane Massaker und ein paar grundlose Übergriffe, die bis zu einem nuklearen Schlagabtausch führen könnten. Die Zahl der Todesopfer bei all diesen Ereignissen beläuft sich nicht auf ein paar wenige, sondern auf Millionen. Angesichts der Gesamtzahl menschlicher Wesen und der bloßen Anzahl der Planeten, die Sie zu diesem Zeitpunkt Ihrer Geschichte besiedeln, läuft das auf nicht mehr als einen besonders schlimmen Tag hinaus, aber all diese Ereignisse sind miteinander verknüpft, und wenn sich die Lage auf Vlhan verschlimmert, werden auch die Feuer anderenorts auflodern.
Ich fühlte eine Woge der Panik und erkannte, dass sie in meinem physischen Leib tobte, in dem Körper, der vor dem riirgaaner Waschbecken stand und sich heftig genug in die Wange biss, sodass Blut floss. Was macht Vlhan so besonders? Warum ist es so entscheidend?
Sie stellen die falsche Frage. Vlhan selbst ist nur ein Planet, und wir haben kein Interesse an Planeten über den Umstand hinaus, dass sie die unterstützenden Systeme zur Entwicklung produktiver Intelligenzen liefern.
Dann eben die Vlhani.
Sie sind entscheidend für unsere Interessen und damit auch für Ihre.
Grandios. Wie viel schlimmer wird es hier noch werden?
Nicht mehr lange, und die Pilger auf dem ganzen Planeten werden erkennen, dass das Massaker im Amphitheater kein isolierter Vorfall war und dass sie ins Visier genommen werden, wo immer sie gehen und stehen. Umgekehrt wird eine Gruppe friedfertiger Vlhani, die Croyds Botschaft zu nahe kommen, mit Waffen unter Feuer genommen
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