Sturz der Marionetten: SF-Thriller
ein Dickicht aus zuckenden schwarzen Peitschen, so dunkel, dass es war, als würden sie das Tageslicht zerteilen. Sie schienen aus dem Boden emporzuwachsen, Kreaturen wie aus einem Fiebertraum entsprungen, und als sie voranstürmten und auf die bedrängte Gruppe zuhielten, die Skye und Thatharsi und die verletzten Tanzpilger trug, dachten die Porrinyards, das Universum hätte die Geduld mit ihnen verloren und Skye würde für ihre Sünden bezahlen, die vielleicht von der Einzelperson, vielleicht auch von einer Hälfte der gemeinsamen Persönlichkeit begangen worden waren. Sie schloss die Augen, hustete eine Staubwolke aus und stählte sich innerlich für den ersten stechenden Schmerz.
Als er ausblieb, schlug sie die Augen wieder auf und sah vor sich nur einen leeren Raum.
Eine Sekunde zog dahin, bis ihr klar wurde, dass die Vlhani, die sie vor sich gesehen hatte, keine weiteren Angreifer gewesen waren, sondern Retter, die ihre Gruppe hatten passieren lassen, ehe sie hinter ihnen die Reihen geschlossen und sich den Verfolgern in den Weg gestellt hatten.
Sie drehte den Kopf, so weit sie nur konnte, und sah das Gemetzel, das nun hinter ihnen zurückfiel. Es war, in der Ferne und dem Staub kaum erkennbar, ein irrsinniges Durcheinander aus zuckenden schwarzen Peitschen und hüpfenden schwarzen Köpfen. Chitinscherben und Segmentbrocken von Peitschengliedern flogen durch die Luft, huschten über den Himmel, nachdem sie dem Fleisch intelligenter Wesen entrissen waren und eine Freiheit genossen, die erst endete, wenn sie sich in rottende Rückstände auf heißem Wüstensand verwandelten.
Nichts daran war schön, nichts erlösend. Nichts konnte das Blutvergießen zur Kunst erheben. Es war nur ein Massaker, selbst auf den kurzen Blick hin, den Skye davon erhaschen konnte, ehe der Galopp ihres Vlhani sie zu weit fortbrachte, um noch mehr zu erkennen als einen dunklen Fleck auf der lebendigen Oberfläche von Vlhan.
Knapp entronnen beschäftigte Skye ein anderes Problem. Eine Weile war sie imstande gewesen, den Schmerz in ihren Beinen zu ignorieren oder zu überlagern, indem sie sich auf andere Dinge konzentrierte, aber jede neuerliche Erschütterung oder Vibration zerrte nun an ihren Wunden, und die pulsierende Hitze in dem zerfetzten Fleisch verriet ihr, dass eine Entzündung entstanden war. Das gehörte nicht zu den Dingen, die durch eine einfache Nanitenbehandlung in Ordnung gebracht werden konnten, was zudem voraussetzte, dass sie diesen Körper in irgendeine medizinische Einrichtung brachte. Stattdessen führte die Karawane sie immer weiter und weiter fort von der hiesigen diplomatischen Gemeinde, immer tiefer hinein in eine Wüste, die ihr kaum das würde bieten können, was sie brauchte.
Eine Minute später wurden sie langsamer und drangen in ein hügeliges Gebiet vor, in dem der Boden felsiger und schwerer passierbar war. Die kreiselnde Peitschenbewegung, derer sich die Vlhani bis dahin bedient hatten, wich einem vorsichtigen Trott über einen fünfundvierzig Grad steilen Hang, und jeder neue Einstich der Peitschen in den Boden löste eine frische Lawine aus gelockerten Steinen aus.
Skye sah zufällig gerade hinunter, als eine winzige gefiederte Kreatur mit einem flachen Schwanz, der dreimal so lang war wie der Körper, aus ihrer Höhle unter einem der größeren Felsen heraushuschte, aufgeschreckt durch die Eindringlinge in ihrem Territorium. Ihr Entsetzensschrei schien nur logisch, spießte sie doch Skyes Vlhani mit einer seiner Peitschen in der Mitte ihres Rückens auf. Sodann stopfte er sich den noch zuckenden Leib in den Schlund, ohne auch nur einmal im Schritt innezuhalten. Ein paar Sekunden später folgte dem Appetithappen irgendein Gestrüpp, das der Vlhani samt Wurzeln aus dem Boden riss. Es verschwand in seinem Mund, ohne dass etwas von einem Kauvorgang sichtbar wurde.
Stets bereit, sich auf irgendetwas anderes zu konzentrieren, nur nicht auf Skyes Schmerzen, fragten sich die Porrinyards für einen Moment, wie das Verdauungssystem der Vlhani funktionieren mochte, umso mehr in Anbetracht der Größe der Mahlzeit, deren Zeuge sie gerade geworden war. Wie konnte es in diesem Kopf genug Platz für Speiseröhre und Hirn geben, ganz zu schweigen von all den anderen Notwendigkeiten, die ihren Körper am Leben erhielten? Und erst die Tanzsprache, so bemerkenswert sie auch sein mochte: Wie zum Teufel konnte so eine umfangreiche biologische Maschinerie auf so einem beengten Raum Platz finden? Bestimmt hatte einer
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