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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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sie wirklich.«
    »Das ist nicht schwer.«
    »Sie hat ein kleines Geschäft aufgemacht. Du hast oben bestimmt die vielen Hüte gesehen.«
    »Aye. Und es läuft gut, sagt sie.«
    »Das ist schön. Sie arbeitet hart. Ist Tommy bei dir?«
    »Er war mit mir auf dem Schiff, aber jetzt ist er mit dem Zug nach Aberowen.«
    Lloyd wachte auf, sah den fremden Mann im Zimmer und fing an zu weinen. Ethel nahm ihn hoch und beruhigte ihn. »Komm in die Küche«, sagte sie zu Billy. »Ich mache uns Frühstück.«
    Billy setzte sich und las die Zeitung, während Ethel Porridge zubereitete. Plötzlich sagte Billy: »Teufel noch mal.«
    »Was ist?«
    »Ich sehe gerade, dass der verdammte Fitzherbert sein großes Maul nicht halten kann.« Er schaute Lloyd an, als könnte der Junge über die gehässige Erwähnung seines Vaters beleidigt sein.
    Ethel blickte Billy über die Schulter und las:
    FRIEDEN: APPELL EINES SOLDATEN
»Fallt uns nicht in den Rücken!«
Verwundeter Earl äußert sich
    Gestern wurde im Oberhaus eine bewegende Rede gegen den jüngsten Vorstoß des deutschen Reichskanzlers in Sachen Friedensgespräche gehalten. Der Redner, Earl Fitzherbert, ein Major der Welsh Rifles, erholt sich derzeit in London von den Verwundungen, die er in der Schlacht an der Somme erlitten hat.
    Lord Fitzherbert erklärte: »Wer mit Deutschland Friedensgespräche führt, verrät alle tapferen Männer, die in diesem Krieg gefallen sind. Wir sind nach wie vor überzeugt, einen großartigen Triumph erringen zu können, vorausgesetzt, niemand fällt uns in den Rücken.«
    In seiner Uniform, mit einer Augenklappe und auf einen Gehstock gestützt, gab der Earl vor der Kammer ein beeindruckendes Bild ab. Alle lauschten ihm in gebanntem Schweigen und brachen in Jubel aus, nachdem er geendet hatte.
    In diesem Stil ging es weiter. Ethel war entsetzt. Es war nur Schmus, würde seine Wirkung aber nicht verfehlen. Normalerweise trug Fitz die Augenklappe nicht; offenbar hatte er sie der Wirkung wegen übergestreift. Seine Rede würde den Befürwortern des Friedens einen schweren Schlag versetzen.
    Ethel frühstückte mit Billy; dann zog sie Lloyd und sich an und ging hinaus. Billy wollte den Tag mit Mildred verbringen, hatte aber versprochen, am Abend bei der Diskussionsrunde zu erscheinen.
    Als Ethel in der Redaktion des Soldier’s Wife eintraf, sah sie, dass sämtliche Zeitungen über Fitz’ Rede berichteten. Mehrere Blätter hatten sie zum Thema eines Leitartikels gemacht. Trotz unterschiedlicher Meinungen waren alle sich einig, dass Fitz einen Coup gelandet hatte.
    »Wie kann jemand etwas dagegen haben, über Frieden auch nur zu reden? «, fragte Ethel.
    »Das kannst du ihn selbst fragen«, erwiderte Maud. »Ich habe ihn für heute Abend eingeladen, und er hat zugesagt.«
    Ethel war erstaunt. »Man wird ihm einen warmen Empfang bereiten!«
    »Das will ich doch sehr hoffen.«
    Den ganzen Tag arbeiteten die beiden Frauen an einer Sonderausgabe des Soldier’s Wife mit der Schlagzeile: DIE GEFAHR EINES FRIEDENS IST GERING . Maud gefiel die Ironie, während Ethel sie für zu subtil hielt. Am späten Nachmittag holte sie ihren Sohn bei der Kinderfrau ab, brachte ihn nach Hause, machte ihm Essen und steckte ihn ins Bett. Mildred, die keine politischen Versammlungen besuchte, würde auf den Jungen aufpassen.
    Die Calvary Gospel Hall füllte sich bereits, als Ethel eintraf. Bald gab es nur noch Stehplätze. Unter den Zuhörern waren viele Heeres- und Marinesoldaten in Uniform. Bernie führte den Vorsitz. Er begann mit einer Ansprache, die trotz ihrer Kürze langweilig war; rednerisches Talent konnte man Bernie nicht nachsagen. Dann rief er den ersten Vortragenden auf, einen Philosophen von der Universität Oxford.
    Ethel kannte die Argumente für einen Friedensschluss besser als der Gelehrte, sodass sie Gelegenheit hatte, die beiden Männer, die um sie warben, auf dem Podium zu beobachten. Fitz, der Aristokrat, war das Produkt von Jahrhunderten in Reichtum und Kultur. Wie stets war er vorbildlich gekleidet. Sein Haar war sorgfältig geschnitten, die Hände weiß, die Fingernägel sauber. Bernie, der Jude, war das Produkt von Dutzenden Generationen verfolgter gesellschaftlicher Außenseiter, die nur deshalb überlebt hatten, weil sie klüger gewesen waren als alle, die ihnen nachgestellt hatten. Er trug seinen einzigen Anzug aus dicker dunkelgrauer Serge. Ethel hatte Bernie noch nie anders gesehen: Bei warmem Wetter zog er einfach das Jackett aus.
    Das Publikum

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