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Sturz der Titanen

Titel: Sturz der Titanen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Verzweiflung eingestehen, dass er sich an die Details ihrer gemeinsamen Zeit nicht erinnern konnte: Was Maud getragen hatte und wo sie gewesen waren, als sie sich geküsst oder Händchen gehalten hatten, oder was sie gegessen und getrunken und worüber sie sich auf den scheinbar endlosen Londoner Partys unterhalten hatten. Manchmal kam ihm der Gedanke, in gewisser Weise habe der Krieg ihn und Maud geschieden. Doch solche Gedanken schob Walter stets rasch beiseite; sie waren beschämend illoyal.
    Das Mädchen brachte ihm eine gelbe Kaschmirstola. Walter kehrte zu Monika zurück, die mit Pierre zu ihren Füßen auf einem Baumstumpf saß. Walter reichte ihr die Stola, und sie legte sie sich um die Schultern. Die Farbe stand ihr; sie ließ ihre Augen funkeln und ihre Haut glühen.
    Monika hatte einen seltsamen Ausdruck auf dem Gesicht, als sie Walter seine Börse reichte. »Die muss dir aus dem Jackett gefallen sein.«
    »Oh. Danke.« Walter schob die Börse zurück in die Innentasche seines Jacketts, das er sich noch immer über die Schulter geworfen hatte.
    »Lass uns ins Haus zurückgehen«, sagte Monika.
    »Wie du willst.«
    Monikas Stimmung hatte sich verändert. Vielleicht hatte sie beschlossen, ihre Avancen aufzugeben. Oder war etwas anderes geschehen?
    Walter kam ein erschreckender Gedanke. War seine Börse wirklich aus dem Jackett gefallen? Oder hatte Monika sie sich gegriffen wie ein Taschendieb, als sie ihm die vermeintliche Biene von der Schulter gewischt hatte? »Monika«, sagte Walter, blieb stehen und wandte sich ihr zu, »hast du in meine Börse geschaut?«
    »Du hast gesagt, du hättest keine Geheimnisse«, erwiderte sie und wurde knallrot.
    Monika musste den Zeitungsausschnitt gesehen haben, den Walter stets bei sich trug: Lady Maud Fitzherbert, stets nach der neuesten Mode gekleidet. »Das war sehr ungehörig von dir«, tadelte er sie. Vor allem aber war er wütend auf sich selbst. Er hätte das verfängliche Foto nicht behalten sollen. Wenn Monika dessen Bedeutung zu erkennen vermochte, konnten es auch andere. Man würde ihn unehrenhaft aus dem Heer entlassen. Vielleicht würde man ihn sogar des Verrats anklagen, ihn einsperren oder gar erschießen.
    Er war dumm gewesen. Aber er wusste auch, dass er dieses Foto nie würde wegwerfen können. Es war alles, was er von Maud hatte.
    Monika legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich habe so etwas noch nie getan, in meinem ganzen Leben nicht, und ich schäme mich dafür. Aber du musst wissen, dass ich verzweifelt war. Ach, Walter, ich könnte mich so leicht in dich verlieben, und ich weiß, dass du dich auch in mich verlieben könntest … Ich sehe es in deinen Augen und daran, wie du lächelst, wenn du mich siehst. Aber du hast nichts gesagt!« Tränen standen ihr in den Augen. »Das hat mich ganz verrückt gemacht!«
    »Es tut mir leid.« Walters Zorn war verflogen. Monika hatte allen Anstand über Bord geworfen und öffnete ihm ihr Herz. Er war schrecklich traurig um sie – schrecklich traurig um sie beide.
    »Ich musste einfach wissen, warum du dich immer wieder von mir abgewendet hast. Jetzt weiß ich es. Diese Frau ist wunderschön. Sie ähnelt mir sogar ein wenig.« Sie wischte sich die Tränen ab. »Sie hatte einfach nur das Glück, dich eher zu finden als ich …« Monika schaute ihn mit ihren durchdringenden, bernsteinfarbenen Augen an. »Ich nehme an, du bist verlobt.«
    Walter konnte niemanden anlügen, der so ehrlich zu ihm gewesen war. Er wusste nicht, was er sagen sollte.
    Monika erriet den Grund für sein Zögern. »O Gott!«, rief sie. »Du bist verheiratet, nicht wahr?«
    Walter sah seine Felle davonschwimmen. »Wenn die Leute das herausfinden, stecke ich in ernsten Schwierigkeiten.«
    »Ich weiß.«
    »Ich hoffe, ich kann darauf vertrauen, dass du mein Geheimnis bewahrst.«
    »Wie kannst du daran zweifeln?«, erwiderte Monika. »Du bist der beste Mann, den ich in meinem Leben kennengelernt habe. Ich würde nie etwas tun, das dir schadet. Kein Wort kommt über meine Lippen!«
    »Danke. Ich weiß, dass du dein Versprechen halten wirst.«
    Monika wandte den Blick ab und kämpfte wieder gegen die Tränen an. »Lass uns hineingehen.«
    In der Eingangshalle sagte sie: »Geh du vor. Ich muss mir das Gesicht waschen.«
    »Ist gut.«
    »Ich hoffe …« Monika brach die Stimme, und ein Schluchzen stieg aus ihrer Kehle empor. »Ich hoffe, diese Frau weiß, wie viel Glück sie gehabt hat«, flüsterte sie. Dann drehte sie sich um und verschwand in einem

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