Sturz in die Zeit: Roman (German Edition)
beaufsichtigt.«
Nur um sicherzugehen, funkte Adam jeden einzelnen Betreuer im Ferienlager an, um zu sehen, ob sie mein anderes Ich gesehen hatten, das, welches für diese Arbeit richtig angezogen war – und für dieses Augustwetter. Wir konnten nicht riskieren, es nicht ganz sicher zu wissen, aber ich hatte meine Kindergruppe noch nie während des Schwimmunterrichts allein gelassen, und die Tasche meines anderen Ichs lag verlassen am Pool. Noch etwas, was mir gar nicht ähnlich sah.
Nachdem wir den Leiter der Ferienspiele davon überzeugt hatten, dass mein Zustand ärztliche Aufsicht erforderte, aber kein Krankenwagen nötig war, machten wir uns auf den Weg zu Dr. Melvins Sprechzimmer im Krankenhaus. Auf der Fahrt konnte ich Adam dann alles etwas detaillierter erklären.
Er nahm meine Geschichte wesentlich weniger schockiert auf, als die meisten anderen es getan hätten, aber das war typisch Adam.
Als der Plan in meinem Kopf immer konkretere Formen annahm, weihte ich Adam in meine Gedanken ein. »Also, hör zu. Wir wissen ja jetzt, dass Dr. Melvin irgendein verrücktes Experiment durchgeführt hat, in dem ich eine Rolle spiele. Nehmen wir mal an, dass die dazugehörigen Daten irgendwo in seinem Computer schlummern. Könntest du da rankommen und sie kopieren oder was auch immer geniale Computerhacker wie du tun? Ich würde das gern ohne einen Zeitsprung hinkriegen, wenn wir es schaffen. Ich möchte jetzt nicht riskieren, meine Fähigkeiten preiszugeben.«
Wenn ich es nicht schon getan habe.
»Wenn sie da drin sind, komme ich auch an sie ran. Es gibt nur sehr wenige Netze, in die ich bislang nicht reingekommen bin«, sagte er.
»O Mann, die CIA würde dich bestimmt zu gern in die Finger kriegen.« Ich grinste ihn an, und dann fiel mir plötzlich das Wichtigste ein: »Sie haben es Axelle genannt. Ich weiß nicht, ob auch der Ordner diesen Namen trägt, aber Dr. Melvin hat in seinem Leben bestimmt mehr als ein Experiment durchgeführt.«
»Ja, verstehe«, sagte er und nickte. »Ich glaube, die eigentliche Frage lautet: Kann ich das tun, ohne dass mich dafür jemand umbringt?«
»Und ohne Superkräfte zu besitzen.« Ich dachte eine Weile darüber nach, bevor ich antwortete: »Ich muss eine Verletzung vortäuschen.«
»Du könntest gegen einen Laternenpfahl laufen und dir eine Beule am Kopf holen«, schlug er vor.
»Nein, nichts, was am Ende irgendwelche Aufnahmen von meinem Gehirn erfordert.«
»Stimmt, das hatte ich vergessen. Wann hat er zuletzt eine funktionelle MRT gemacht?«
Ich blies den Atem aus. »Im Juni. Direkt vor meinem Geburtstag.«
»Glaubst du, er weiß es also?«
Ich schaute aus dem Fenster. Das war etwas, worüber ich im Jahr 2007 viel nachgedacht hatte. »Er weiß was. Er muss was wissen. Das heißt nicht zwingend, dass er mit dieser Information etwas Schlimmes gemacht hat, aber die Zeichen deuten auf jeden Fall in diese Richtung.«
»Das heißt, du hast im Grunde keine Ahnung, wer gut ist und wer dich vielleicht umbringen will«, schlussfolgerte Adam.
»Ja«, sagte ich. »Von jetzt an stehe ich auf meiner eigenen Seite.«
Adam nickte und sah mich mitfühlend an. »Ich glaube, du hast schon immer auf deiner eigenen Seite gestanden.«
Er meinte das gut. Da war ich mir sicher, aber für mich bestätigte es nur, dass ich allein in meinem eigenen Universum war. Meiner eigenen Zeitleiste.
Die Fahrt mit dem Aufzug zu Melvins Sprechzimmer erinnerte mich an den Tag im Jahr 2007, an dem ich Melvin zusammen mit Dad aufgesucht hatte. Ich hatte beschlossen, Rückenschmerzen zu simulieren, da viele Leute Probleme mit dem Rücken haben, für die ein Arzt keine körperlichen Ursachen findet.
Melvin kam direkt aus seinem Büro zu mir. »Was ist passiert, Jackson?«
»Er ist von einem Sprungbrett gefallen«, sagte Adam.
»Na ja, eigentlich bin ich eher auf das Sprungbrett gefallen«, fügte ich hinzu.
Dr. Melvin führte mich rasch in ein freies Untersuchungszimmer. »Aber du kannst noch gehen, das ist ein gutes Zeichen.«
»Macht es Ihnen was aus, wenn mein Freund in Ihrem Sprechzimmer wartet?«, fragte ich.
»Nein, ganz und gar nicht«, antwortete Melvin.
Ich nickte Adam zu, der sofort in dem Zimmer verschwand und die Tür hinter sich schloss.
»Woher wusstest du denn, welche es war?« Schon allein beim Nachdenken über den Rest meiner Frage wurde mir übel: »Oder hast du sie schon gelesen?«
Wir fuhren in Mr Wellborns Auto zu meiner Wohnung, und Adam war geradezu albern vor lauter
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