Sturz in die Zeit: Roman (German Edition)
glitt erst über die Getränkeautomaten, dann über die Eismaschine. Sie war nicht da. Doch sie konnte nirgends hingegangen sein, ohne an mir vorbeizukommen.
Kopfschüttelnd ging ich weg. Schlaf. Ich brauchte Schlaf oder einfach nur etwas Normalität. Einen normalen Tag, damit diese verrückten Gedanken aufhörten, denn offenkundig sah ich schon Dinge, die nicht da waren.
Der Mann, der in einer Hoteluniform in der Lobby auf und ab schritt, schaute mich an, als ich mich wieder dem Geschenkartikelladen näherte.
»Guten Abend, Sir«, sagte der Mann.
JOHN stand auf seinem Namensschild. »Haben Sie eben ein kleines rothaariges Mädchen hier in der Lobby gesehen?«
»Nein, suchen Sie jemanden?«
Ich schüttelte den Kopf und versuchte, ganz ruhig auszusehen. »Nein, ich dachte nur, dass es ein bisschen seltsam ist, dass ein Kind nachts allein hier herumläuft. Sind Sie der Manager?«
Er grinste. »Der stellvertretende Manager, aber während der Nachtschicht bin ich allein hier.«
Ich holte meinen FBI-Ausweis heraus, hielt ihn ihm kurz vor die Nase und steckte ihn dann wieder ein. Der eine Tag Geheimagenten-Training mit Dad und Jenni Stewart hatte mich einiges über Selbstverteidigungsmethoden und, wichtiger noch, Möglichkeiten der Prävention gelehrt. Vielleicht war ich auch schon immer gut darin gewesen, undercover zu agieren, darin, Dinge vor anderen zu verbergen. »Hören Sie, John, ich bräuchte einen Grundriss des gesamten Hotels, und ich müsste einen Blick auf die Gästeliste werfen, die nach Möglichkeit stündlich aktualisiert wird.«
»Ist denn alles in Ordnung?«, stammelte er.
»Bislang schon. Hoffen wir, dass es auch so bleibt. Ich warte im Laden auf die Pläne. Und beachten Sie, dass ich undercover bin. Dieses Gespräch hat also nie stattgefunden. Haben Sie verstanden?«, sagte ich, inspiriert von der klischeemäßigen Hollywood-Version einschüchternder »Geheimagentensprache«.
Er nickte, wandte sich um und schlurfte rasch zur Rezeption. Ich kehrte zu der Frau im Laden zurück; sie hielt mehrere Bügel in der einen Hand und durchsuchte mit der anderen einen Kleiderständer.
»Wissen Sie, welche BH-Größe sie trägt?«
Ich schaute auf eins der Schilder. »Äh … da stehen Buchstaben und Zahlen drauf?«
»Okay, dann suche ich einfach verschiedene Größen heraus«, sagte sie lächelnd.
Ich nahm noch Zahnbürsten, Zahnpasta, Zahnseide, Deo und ein paar Sandalen für Holly. All das stapelte ich auf dem Tresen und fügte noch ein paar Dinge für mich hinzu, dann kehrte schließlich John zurück und reichte mir einen Stapel Unterlagen.
»Das sind alle Karten, die ich finden konnte. Und ich habe eine Nachricht für den Manager hinterlegt, der am Morgen da ist, damit er Ihnen die aktualisierte Gästeliste bringt.«
Ich betrachtete den Grundriss des Erdgeschosses und sah dann wieder ihn an. Auch wenn ich nicht so genau wusste, wen ich auf dieser Gästeliste eigentlich suchte, erschien es mir richtig, danach zu fragen. »Danke, John. Zimmer dreihundertzwölf, okay? Schieben Sie sie unter der Tür durch.«
»Soll ich das auf Ihre Zimmernummer buchen?«, fragte die Frau mich.
»Ja, bitte.« Ich nahm mehrere Taschenbücher und fügte sie dem ohnehin schon großen Einkauf noch hinzu. »Die hier auch noch.«
Ich musste sechs volle Tüten zurück zum Zimmer tragen, während ich die Grenzen meines fotografischen Gedächtnisses testete. Im Erdgeschoss folgte ich den Strecken, die nur für das Personal waren und in den zweiten Stock hinaufführten. Ich kannte bereits zwölf verschiedene Ausgänge. Es erschien mir nicht schlecht zu wissen, wie man schnell hier herauskam.
Holly schlief noch fest, als ich neben ihr ins Bett sank. Ich nahm mir eines der Bücher, schlug es auf und ließ die kleine Tischlampe brennen. Ich schaute nur ungefähr eine halbe Stunde in das Buch, bis Holly sich umdrehte und gegen meine Beine stieß.
»Hast du Unterwäsche gefunden?«
»Ja, aber quer über den Po ist der Name des Hotels gedruckt.«
»Unterwäsche ist Unterwäsche.« Sie schlang ihren Arm um meine Taille und schmiegte den Kopf an meine Schulter, bevor sie die Augen wieder zumachte.
Ich legte das Buch weg und sah ihr dabei zu, wie sie perfekt ein- und ausatmete. Da wusste ich, dass ich so ziemlich alles tun würde, um sicherzustellen, dass dieser perfekte Rhythmus niemals aufhörte. Das war alles, was ich wollte. Tempest und die Feinde der Zeit waren mir egal. Von denen konnte mir keiner etwas geben, das zu
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