Sturz ins Glück
erst würde er sich wieder zu ihr gesellen. Bis dahin war sie die Einzige, die den hinteren Teil der Hütte im Auge behielt. Eine Aufgabe, die sie nicht mochte, die sie aber, so gut es ging, erfüllen würde.
Der erste Schritt ihres Planes war erfolgreich ausgeführt worden. Doch die Übelkeit in ihrem Magen wurde immer schlimmer. Der nächste Schritt war um einiges gefährlicher. Und Gideon war derjenige, der ihn wagen würde. Gerade als dieser Gedanke durch ihren Kopf schoss, hörte sie die Stimme ihres Mannes über die Lichtung erschallen.
„Ich habe Ihre Nachricht erhalten, Petchey.“
Das laute Poltern und Rascheln in der Hütte verriet Adelaide, dass Petchey ihre Ankunft nicht beobachtet hatte.
„Also hat die kleine Lehrerin überlebt?“ Petcheys Worte erklangen von der Vorderseite der Hütte her. „Ich vermute, Sie sind hier, um mir ein Angebot zu machen.“
„Ja. Ich werde nicht um Bellas Leben feilschen“, rief Gideon. „Ich weiß, wozu Sie fähig sind, dass Sie meinen Tod wollen. Einer der Männer, die mich begleiten, ist mein Anwalt. Lassen Sie uns rein. Ich bin bereit, alle Ansprüche auf Isabellas Vermögen aufzugeben.“
Der Viscount antwortete nicht sofort. Adelaide wartete gespannt auf eine Antwort. So viel hing davon ab, dass er Gideon und James in die Hütte ließ.
„Sie reden von Mr Bevin, vermute ich“, antwortete Petchey schließlich. „Wie ich weiß, ist er sehr talentiert darin, die Dinge zu seinen Gunsten zu verdrehen. Da kommt mir eine bestimmte Landkarte in den Sinn. Ich traue ihm nicht.“
„Sie haben doch selbst einen Anwalt dabei“, erwiderte Gideon. „Die beiden Männer können zusammen die Dokumente nach Ihren Anweisungen erstellen. Mr Farnsworth wird sich schon um Ihre Interessen kümmern.“
Einige Sekunden verstrichen.
„Nun gut.“
Adelaide ließ sich erleichtert gegen den Baum sinken.
„Aber ich brauche ein Zeichen Ihrer Vertrauenswürdigkeit“, forderte Petchey schließlich. „Kommen Sie auf die Lichtung und legen Sie Ihre Waffen auf den Boden, sodass ich sie sehen kann. Ich bin nicht so dumm, dass ich Sie bewaffnet zu mir lasse.“
Gideon hatte Adelaide vorgewarnt, dass Petchey diese Forderung stellen würde, und ihr gesagt, dass James und er darauf eingehen würden. Sie würden tun, was auch immer nötig war, um Isabella zu retten. Adelaide stellte sich Gideon vor – wie er den Colt ablegte und seinen Waffengürtel auf den Boden gleiten ließ. Unbewaffnet. Schutzlos. Es war die einzige Möglichkeit, das wusste sie, doch der Gedanke daran war trotzdem eine Qual. Sie wollte mit eigenen Augen sehen, was vor sich ging, und nicht von ein paar Geräuschen und ihrer Vorstellungskraft abhängig sein. Sie wollte sich überzeugen, dass es Gideon gut ging. Ohne Waffe war Gott sein einziger Schutz. Sie presste die Augen zusammen und betete aus tiefstem Herzen für seine Sicherheit.
„Wir haben die Waffen abgelegt, Petchey“, rief Gideon schließlich. „Ich bin bereit, an einer Lösung zu arbeiten. Es soll kein weiteres Blutvergießen mehr geben.“
„Ach, das sehe ich aber anders.“
Ein Schuss zerriss die Luft. Der laute Knall fuhr Adelaide direkt ins Herz. Das Gewehr fiel ihr aus der Hand. Sie stöhnte und schlug die Hände vors Gesicht.
Nein!
* * *
Gideon warf sich nach links, als ein furchtbarer Schmerz seinen Oberarm durchschnitt. Ein zweiter Schuss erklang. Dann ein dritter. Er rollte sich vorwärts, bis er wieder im sicheren Schutz eines Mesquitebaumes lag. Erschöpft lehnte er sich mit dem Rücken gegen den Stamm.
Er spähte um den Baumstamm herum. James hatte den Rand der Lichtung fast erreicht. Wieder knallte ein Schuss. Gideon riss seinen Kopf zurück, als über ihm das Holz splitterte.
Reginald Petchey war ein guter Schütze.
Ein fünfter Schuss knallte über die Lichtung. James schrie voller Schmerzen auf. Gideon sprang hoch, blieb jedoch hinter dem Baum in Deckung, während er nach seinem Freund Ausschau hielt. Ein paar Meter von ihm entfernt lag James auf dem Boden und hielt sich mit schmerzverzerrtem Gesicht das Bein. Dann zog er sich mit einem Arm in Richtung eines Baumes.
Gott sei Dank, er lebte noch. Gideon fuhr sich mit den Fingern durch seine verschwitzten Haare. Sein Hut lag zusammen mit seinen Waffen auf der Lichtung. Unerreichbar. Nicht dass er das Feuer erwidert hätte. Er konnte nicht riskieren, Bella durch einen Querschläger zu verletzen. Aber er vermisste das Gefühl der Sicherheit, das ihm die Waffe bot.
Was sollte
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