Styling deluxe / Roman
und den Kleiderschränken von Klientinnen; und, das Wichtigste: Sie war im Begriff, den Kontakt zu dem Schuhmacher aus Hongkong, Timi Woo, wiederherzustellen.
Im vergangenen Jahr hatte sie seine Schuhe importiert und wirklich erfolgreich bei eBay verkauft. Und vielleicht sollte sie die Frau wieder einmal aufsuchen, die Schuhe für House of Fraser gekauft hatte.
Ihre Fernsehkatastrophe würde Annie überwinden. Musste sie überwinden. Eds Ersparnisse waren aufgebraucht. Die Hypothek für diesen Monat musste bezahlt werden, die laufenden Kosten, das Schulgeld. Es war völlig sinnlos, zu Hause zu sitzen und sich den Kopf zu zerbrechen. Am besten stieg sie gleich in den Jeep, telefonierte und leierte ihren Laden wieder an. Und schlug sich jeden, aber auch jeden Gedanken an eine kleine Vorschau auf die neue Vivienne-Westwood-Kollektion gleich aus dem Kopf – und zwar bis in den hintersten Winkel ihres geistigen Sibiriens.
Mit einem Blick auf die Uhr sah Annie, dass es kurz nach 13:00 Uhr war, und sie dachte an Bob. Er hatte immer gern um Punkt 13:00 Uhr Mittagspause gemacht, ansonsten hatte er sich in den Schmollwinkel zurückgezogen und angefangen, über »dieses Mickymaus-Projekt« zu lästern.
Vielleicht lohnte es sich, ihn anzurufen und nach dem Dreharbeiten-Tratsch seit ihrem Ausscheiden auszufragen. Außerdem hoffte sie, durch ihn möglichst viel über Svetlana herauszubringen. Seit Ed Elena an ihrer Haustür abgeliefert hatte, ließ sie nicht mehr von sich hören. Annie fürchtete, dass ihre Freundschaft mit dem Glamour-Girl deswegen zu Ende war.
War es wirklich Freundschaft gewesen? Vielleicht hatte Svetlana keine Verwendung mehr für Annie. Sie brauchte sie nicht mehr zum Shoppen; zweifellos nahm sie die Dienste der neuen persönlichen Einkaufsberaterin bei
The Store
in Anspruch. Sie arbeitete nicht mehr mit Annie zusammen in der Show, und ihre heimliche Tochter wohnte nicht mehr bei Annie. Also bekam Annie jetzt womöglich die berühmte eiskalte Schulter der Exgattin aus Mayfair zu spüren.
Trotzdem wollte sie gern von Bob hören, wie sie alle ohne sie, Annie, zurechtkamen. Sie hoffte zu erfahren, dass die neuen Outfits der Klientinnen nicht annähernd so gut waren wie die, die sie ihnen ausgesucht hätte.
An der nächsten roten Ampel wählte sie seine Nummer und wartete, den Blick wieder auf die Straße gerichtet, auf den Klang seiner Stimme.
»Annie Valentine!«, begrüßte er sie herzlich.
»Hey, du! Vermisst du mich?«
»Natürlich!«, antwortete er und fuhr mit gesenkter Stimme fort: »Warte, bis du die nächsten Opfer siehst, du kugelst dich vor Lachen! Die Sendung ist absoluter Mist, sei froh, dass du raus bist! Ich würde auch gehen«, fügte er hinzu, »aber ich habe einen Vertrag für das ganze Ding, und sie müssen mich bezahlen.«
»In dieser Hinsicht habe ich wohl etwas falsch gemacht«, bemerkte Annie. »Wie geht es Marlise und Svetlana?«
»Über Miss Marlise gibt es nichts Neues, sie ist und bleibt eine blöde Kuh«, entgegnete Bob. »Svetlana dagegen, tja, sie hat anscheinend eine Menge Sorgen. Ich glaube, ihr toller Anwalt hat doch wahrhaftig die Hochzeit abgesagt. Er meint, er könne ihr nicht vertrauen und sie habe die ganze Scheidungsabfindung in Frage gestellt. Anscheinend hat sie eine verheimlichte erwachsene Tochter oder so? Die ganze Geschichte hat sie mir nicht erzählt. Ehrlich gesagt habe ich das meiste auch nur aus den Anrufen aufgeschnappt, die sie den ganzen Tag über bekommt. Sie treibt Finn in den …«
»Die Hochzeit fällt tatsächlich aus?«, vergewisserte Annie sich. Sie konnte es nicht glauben.
»Oh ja!«, bestätigte Bob.
»Nein!« Damit hatte Annie nicht ernsthaft gerechnet. Harry hatte wegen Elena mit Svetlana Schluss gemacht? Annie war fest davon ausgegangen, dass er in seiner Verliebtheit jede neue Enthüllung Svetlanas locker wegstecken würde.
Allerdings war er Anwalt, hatte einen Ruf zu erhalten, und womöglich erwies Svetlana sich als zu große Belastung. Vielleicht machte er tatsächlich einen Rückzieher.
»Oh verdammt!«, rief Annie aus. »Mit ihr wird es aber auch nie langweilig! Wie geht’s ihr? Kommt sie zurecht? Glaubt sie, dass es sich wieder einrenkt?«
»Ich weiß nicht, Kleine«, antwortete Bob. »Du kennst sie doch am besten. Frag du sie!«
»Ja …«, erwiderte Annie, aber sie war nicht so sicher. Sie würde direkt in die Schusslinie geraten, wenn sie das tat. Vielleicht sollte sie lieber noch ein paar Tage warten. Bis Elena
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