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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Heldenmut. Doch kaum war ein erwachsener Mann da, benahm sich Cassie wie eine alberne Zicke.
    Schluss damit!
    Ruckartig riss sie ihren Pullover über den Kopf, dann das dünne T-Shirt, das genauso durchweicht war wie der Rest ihrer Kleidung und das ohnehin nicht viel verborgen hatte. Dennoch kam sie sich furchtbar nackt und verletzlich vor, als sie sich nach ihrem Handtuch bückte, um sich abzutrocknen. Sie erledigte es so schnell wie möglich und schlüpfte gleich darauf in Jogginghose und ein trockenes Shirt, hing die nassen Sachen über einen Balken und verkroch sich, ohne noch einmal nach Navin zu sehen, in ihrem Schlafsack.
    Bei all dem Bemühen einzuschlafen, vergaß Cassie vollkommen, dass sie noch nichts gegessen hatte und dass in ihrer Umhängetasche zwei Fische auf ihre Zubereitung warteten.
*
    Er konnte nicht anders - er musste sie ansehen.
    Navin hatte keine Menschen mehr zu Gesicht bekommen, seit er die letzte Fuhre im Fluss verloren hatte. Wie lange war das her gewesen? Tage? Wochen? Monate gar? Er hatte keine Ahnung. Und dann noch ein nacktes Mädchen!
    Nicht, dass Cassie eine Schönheit war. Sie war hager, ihre bloße Haut von Kratzern und blauen Flecken entstellt, die sie sich vermutlich auf der einen oder anderen Plündertour geholt hatte. Aber sie war unzweifelhaft menschlich. Und unzweifelhaft weiblich.
    Navin spürte, wie ihm das Blut ins Gesicht stieg, aber es gelang ihm erst seinen Blick abzuwenden, als Cassie in ihren Schlafsack gekrochen war. Als er endlich den Kopf drehte, sah er das kleine Mädchen - Rona? - neben sich sitzen und mit großen Augen anstarren. Navin meinte, den Vorwurf darin nur zu gut zu erkennen, und wieder wurde ihm ganz heiß im Gesicht.
    »Na?«, fragte er in dem bemüht heiteren Tonfall, den er früher schon für kleine Kinder reserviert hatte und der ihm jetzt noch mehr fehl am Platz vorkam als damals.
    »Seid ihr satt geworden?«
    Das Mädchen schüttelte langsam und bedächtig den Kopf. Der Vorwurf war noch nicht aus ihrem Gesicht verschwunden.
    »Ich kann ja ... Cassie morgen helfen, neues Essen zu holen«, sagte Navin in dem Versuch, freundlich und kommunikativ zu sein. »Ich meine, wenn ihr mich schon hier aufgenommen habt ...«
    Das Mädchen zuckte mit den Achseln.
    »Darf ich ... darf ich meine nassen Sachen ans Feuer hängen?« Irgendwie musste die Göre doch zum Sprechen zu bewegen sein.
    Achselzucken.
    Navin seufzte, drehte sich halb von dem Mädchen weg, und begann, die nassen Kleider abzulegen. Er hatte ohnehin das Gefühl, sie müssten ihm demnächst vom Körper faulen, so klebrig und rissig waren Jeans und Sweatshirt. Sie rochen nach dem Flusswasser und außerdem klebte etwas an ihnen, dass Navin nur als »den Gestank der Anderen« bezeichnen konnte. Es war ein Geruch, der ihnen folgte wie Kälte und Regen, und der mit nichts vergleichbar war, was Navin in seinem alten Leben gerochen hatte.
    Im Grunde , dachte er, will ich das Zeug gar nicht mehr anziehen. Aber von den Kindern hier wird sicher keines Ersatzkleidung für einen ausgewachsenen Mann bei sich haben.
    Er schüttelte das Regenwasser aus den Kleidern und hängte sie ungeschickt über einen der Balken. Er meinte, den Gestank der Wesen noch intensiver zu riechen, jetzt, da das Wasser in der Hitze des Feuers zu verdampfen begann. Unter den immer noch vorwurfsvollen Blicken des kleinen Mädchens entledigte er sich auch noch der Unterwäsche und wickelte sich rasch in die Militärdecke. Sie war aus schwarzweißem Webstoff und duftete angenehm nach Heu und Staub; erfreulich normale Gerüche nach dem Gestank draußen.
    Als er sich auf das Lager fallen ließ, das nur aus ein paar Strohbündeln und einem alten Sack bestand, bemerkte er, dass das Mädchen ihm etwas hinhielt. Verwundert blinzelte er, um das bräunliche Ding zwischen ihren Fingern richtig in Fokus zu bringen. Es war ein weiterer Schokoladenriegel.
    »Danke«, sagte er heiser. »Aber ich habe wirklich genug gegessen. Warum isst du ihn nicht selbst? Du siehst aus, als könntest du noch Hunger haben.«
    Das Mädchen schüttelte so heftig den Kopf, dass die kurzen Haarsträhnen flogen. »Nicht für dich oder mich«, zischte sie leise. »Für Lennart!«
    »Lennart?«
    Das Mädchen zeigte in den hinteren Teil der Scheune, wo der kleine Junge, den sie liebevoll gefüttert hatte, zusammengerollt unter einer Decke lag und vor sich hin zitterte. Ein zweites Kind breitete gerade fürsorglich einen weiteren alten Sack über ihn.
    »Lennart«,

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