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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Charon die Seelen sicher an das andere Ufer geleitet hat, wird er zurückkehren, um auch mich über den Fluss zu bringen. Die Wellen werden sanft gegen das Boot schlagen, wie das freudige Hallo eines Freundes, der mich erwartet.
    Die Vorfreude lässt mein Herz beinahe so schnell schlagen, wie es Hades' Anblick vollbringen wird, wenn ich ihn zum ersten Mal nach unserer erzwungenen Trennung wiedersehe.
    Was meine Mutter nie begriffen hat und auch nie begreifen wird - weil sie es nicht begreifen will – ist die Tatsache, dass ich nicht mehr ihr kleines Mädchen bin.
    Kore ist schon lange tot!
    Die Zeiten, in denen ich Demeters Tochter war, sind Vergangenheit. Ich bin Persephone, Hades' Gemahlin, die Herrin der Unterwelt; auch wenn ich jedes Jahr aus meinem Zuhause gerissen werde, um bei meiner Mutter zu sein, und von ihrer Selbstsucht gequält zu werden.
    Doch die Wahrheit hat sie nie interessiert. Es ist ihr einfach unvorstellbar, dass ich freiwillig ging. Dass ich nie wieder von der Unterwelt weg möchte, nie wieder von Hades Seite weichen möchte.
    Und so sehne ich mich jedes Jahr diesem Augenblick entgegen. Diesem ersten Anblick des Flusses, der mich dorthin bringen wird, wo ich wirklich hingehöre: Nach Hause.



Hinter den Masken
    Bernd Teuber
    Etwas war sonderbar.
    Etwas, das Natalie Uhlen sonst vertraut vorkam. Aber was?
    Irgendwo war ein Hauch von Bedrohung - aus einer Richtung, die sie nicht eindeutig bestimmen konnte.
    Nachdenklich ließ die junge Frau ihre Blicke über das bunte Farbenmeer schweifen. Venedig, die zeitlose Stadt der Gondeln, bot schon immer ein berauschendes Spiel aus behauenem Stein, Gemälden von Tintoretto, Michelangelo und Tizian, Reliquien längst verstorbener Heiliger, der Architektur Berninis und Träumen, die auf ungezählten Pfählen ruhten, von denen die Gebäude getragen wurden und die nun langsam verfaulten.
    Venedig - die Perle der Adria. Eine Wiege der europäischen Kultur. Eine Stadt, die es wie kaum eine andere auf der Welt verstand, Feste zu feiern. Gemein war allen Veranstaltungen, dass Venedig sich von seiner Glanzseite zeigte, und das bereits seit jener Zeit, als noch der Doge über die Piazza San Marco schaute.
    Doch in diesem Jahr schien es das Wetter nicht besonders gut mit dem Carnevale di Venezia zu meinen. Dichte Nebelschwaden zogen von der Lagune in die Stadt herein und tauchten die Menschen hinter den bunten Masken in ein verschwommenes graues Licht. Der eben noch sonnige und goldene Februartag hatte sich innerhalb kürzester Zeit in einen düsteren Abend verwandelt.
    Natalie wurde von der Menge mitgezogen, fort vom Markusplatz. Minuten später hatte sie das reich verzierte und polierte Venedig hinter sich gelassen und tauchte in eine Welt hinein, die gegensätzlicher kaum sein konnte, und in der nichts mehr von der meisterhaften Schönheit des Dogenpalastes oder der beeindruckenden Pracht der Basilica di San Marco zu erahnen war. Eine kleine schmucklose Brücke führte über einen der unzähligen schmalen Kanäle. Die Gegend war wie ausgestorben. Natalie sehnte sich plötzlich nach der Menschenmenge und der Fröhlichkeit. Doch als sie sich umwandte und gehen wollte, stand auf einmal ein Mann hinter ihr. Er trug das Kostüm des »Pantalone« , eines venezianischen Kaufmanns mit schwarzer Maske und rotem Gewand, das seinen Körper komplett verhüllte. Er versperrte Natalie offenbar willentlich den Weg. Insgeheim wünschte sie sich, ihre Freundin hätte sie niemals dazu überredet, zum Karneval nach Venedig zu fahren. Schuld war einzig und allein Karin!
*
    »Nun überlege doch mal«, hatte sie gesagt. »Wir beide beim Carnevale di Venezia .«
    »Ach, ich weiß nicht«, erwiderte Natalie vorsichtig. Sie gehörte nicht gerade zu den abenteuerlustigen Menschen. Ihren Urlaub verbrachte sie meistens an der Nordsee oder im Schwarzwald. Ihr Job als Sachbearbeiterin bei einer Versicherung bot ebenfalls nicht allzu viel Abwechslung. Natalie war Anfang dreißig, wohnte noch bei ihren Eltern und hatte keinen größeren Wunsch, als endlich einen netten Mann kennenzulernen, mit dem sie eine Familie gründen konnte. Nur in einem versteckten Winkel ihres Herzens fürchtete sie sich davor, ihr Leben könnte immer so langweilig bleiben. Warum brach sie nicht aus und suchte irgendwo anders ihr Glück?
    Vielleicht bin ich nicht besonders mutig , dachte Natalie, während sie Karin nur halb zuhörte. Aber nun war ihre Freundin zu Besuch aus Dortmund da und machte ihr dieses Angebot.

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