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STYX - Fluss der Toten (German Edition)

STYX - Fluss der Toten (German Edition)

Titel: STYX - Fluss der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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etwas liegen geblieben wäre, um den Vögeln zu lauschen und mich unter der Bettdecke geborgen zu fühlen, ergab ich mich der Notwendigkeit des Alltags und stieg hinaus. Der kalte Boden saugte gierig die Wärme aus meinen Fußsohlen und ließ mich kurz erschauern, ehe ich meine Zehen in die flauschigen Pantoffeln rettete.
    Wahrscheinlich war sie schon immer da – diese eigentümliche Energie in der Luft, diese knisternde Spannung. Ein Gefühl wie in jenem Sekundenbruchteil, bevor ein Blitz einschlägt, sich das unsichtbare, elektrische Feld entlädt und die Naturgewalt uns erschauern lässt. Nur dass an diesem Tag kein Blitz irgendwo einschlagen würde. Der Himmel war klar und die Frühjahrssonne würde schon eine Stunde später so stark sein wie schon lange nicht mehr. Das Gefühl traf mich somit unvorbereitet – mitten in die Magengrube.
    Die feinen Härchen auf meinen Unterarmen stellten sich auf und ich schlang die Arme um meinen Oberkörper. Plötzlich wurde mir kalt. Eiskalt. Etwas Schlimmes lag in der Luft. Dieses Gefühl war mir nicht neu. Und vielleicht hätte ich es sofort erkennen müssen, denn von dieser Energie hatte ich schon einmal gekostet. Der Preis wäre beinahe mein Leben gewesen. Das war vor einer Ewigkeit, in einem anderen Leben.
    Doch an diesem Morgen dachte ich mir nicht viel dabei. Vielleicht ein Albtraum, der erst jetzt zu mir aufschloss, oder ein verdorbenes Abendessen und dessen Nachwirkungen. Dutzende Erklärungen kamen mir in den Sinn, jede einzelne davon beruhigend und sicher. Nur die eine nicht. Die Naheliegende. Möglicherweise wollte ich auch nicht sehen, was sich aus der Dunkelheit näherte.
    Das Frühstück war eine kurze und wenig befriedigende Angelegenheit, die ich mehr oder weniger einfach ertrug. Mit jedem Bissen stieg jene innere Unruhe in mir auf, die mich seit dem Anfall nicht mehr aus ihrer Umklammerung entlassen hatte. Als ich ein Minimum verzehrt hatte, um mein Gewissen zu beruhigen, zog ich mich an und trat hinaus in eine Welt, die ihr Schlafgewand noch nicht abgenommen hatte. Der Mond war schon im Begriff hinter den Bergen zu versinken, die Sonne jedoch noch nicht aufgegangen. Ich mochte die Dunkelheit irgendwie; vor allem diese Minuten vor Sonnenaufgang – die Grenzbereiche zwischen Tag und Nacht, wenn man so will. Der Tag und ich waren keine wirklichen Freunde. Er war mir immer zu laut, zu heftig und zu nah. Bisher konnten wir uns nur auf einen Waffenstillstand einigen: ich ertrug ihn und er mich.
    Auf dem Weg zur Arbeit stieg meine Nervosität noch einmal an. Alle bevorstehenden Aufgaben, Sitzungen und Besprechungen der Woche rasten durch meinen Verstand, wie ein viel zu schnell heruntergeblättertes Daumenkino. Ich konnte mich einfach auf keine Details konzentrieren. Und während ich, mit nervös aufs Lenkrad klopfenden Fingern, an einer Kreuzung darauf wartete, dass die Ampel endlich auf Grün umschaltete, sah ich ihn. Einen alten Mann auf seinem noch viel älteren Fahrrad. Eigentlich nichts Besonderes. Wäre da nicht dieses Licht gewesen. Kein einfaches Weiß oder Rot wie die meisten Fahrradlichter. Nein. Dieses Licht strahlte violett. Unangenehm und von einer Intensität, wie man sie wohl nirgendwo sonst findet. Plötzlich stiegen uralte Erinnerungen in mir auf.
    Der Alte auf dem Fahrrad sah nur kurz zu mir herüber. Als aber seine Augen die meinen trafen, erstarrte ich. Obwohl er so weit weg war, konnte ich jede Einzelheit darin erkennen. Das Weiße, die Pupillen und schließlich die schwarzen Abgründe, aus deren Tiefen dieses violette Licht brannte. Die Zeit hörte auf, durch mich hindurchzufließen, und ich erstarrte zu einem Fels.
    Doch der Mann auf dem Fahrrad fuhr einfach weiter – über die Kreuzung, an mir vorbei. Jede Einzelheit seines Gesichtes hatte sich in mein Hirn gebrannt. Die Haut, so faltig wie das rissige Muster auf ausgedörrtem Lehmboden. Das weiße Haar, welches wie silberne Flammen um seinen Kopf flatterte. Was mich jedoch zutiefst erschreckte, war die Gewissheit, diesen Mann zu kennen. Und auch in seinen Augen flackerte für einen Moment diese Erkenntnis. Jedenfalls bildete ich mir das ein.
    Doch warum berichte ich von dieser Begegnung?
    Welche Bedeutung besitzt sie?
    Nun, ich will es erzählen:
    Das Licht des alten Mannes war mir nicht fremd.
    Ich kannte es von einem anderen Ort, einer anderen Zeit.
    Es war das Licht des Fährmannes – das Licht des Todes.
    Wer einmal dieses Violett gesehen hatte, würde nie mehr derselbe sein.
    Es

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