Succubus Dreams
wirklich», flüsterte ich. «Alles war eine Lüge. Du hast sie benutzt, um mich zu hintergehen.»
«Nein! Alles, was ich zeige, ist wahr. Immer wahr.»
«Es kann nicht sein… es ist unmöglich.» Ich schluckte und spürte Tränen, die mir in die Augen stiegen. Ich wollte so sehr, dass es wahr wäre. Mehr als alles andere. «Für mich wird es so etwas nie geben.»
Nyx hämmerte mit den Händen gegen ihre unsichtbaren Gefängnismauern. «Es ist wirklich! Es ist die Zukunft! Ich habe sie gesehen. Berühre die Wände, und ich werde es dir zeigen. Ich werde dir den Mann im Traum zeigen!»
Ich wollte es. Ich wollte ihn sehen. Ich musste ihn sehen. Den Mann im Traum. Den Mann, der vielleicht dafür sorgte, dass diese Zukunft tatsächlich eintreten würde…
Meine Hand schob sich nach vorn, als würde eine Kraft von außen sie beherrschen. Nyx’ Augen wurden größer, Gier und Hunger zeigten sich darin.
Ganz plötzlich durchschnitt ein Gekreisch die Luft.
Nein, es war mehr als ein Gekreisch. Als Yasmine Joel vernichtet hatte, da war ein Gekreisch ertönt. Das jetzt war mehr. Es war das entsetzlichste Geräusch des Universums, ein Phänomen, das über bloßen Lärm hinausging. Ebenso wie meine Augen die Erscheinung eines Engels nicht fassen konnten, waren meine Ohren damit völlig überfordert.
Ich ließ die Hand von Nyx fallen und fuhr zu den Engeln herum. Yasmine lag nach wie vor auf den Knien und Flammen verzehrten sie. Jedoch war es kein gewöhnliches Feuer. Es erinnerte mich an das Licht, das ihre wahre Gestalt verströmte: Alle Farben und keine. Carter und Whitney beobachten sie mit unlesbarem Gesichtsausdruck.
Vincent sah gleichfalls hin. Er war ein paar Schritte auf mich zugekommen, vom Feuer zurückgewichen. Auf seinem Gesicht zeigte sich ein Wirrwarr an Gefühlen, und kein gutes war darunter. Ich verstand noch nicht, was Yasmine geschah, aber ich wusste, was ihm zustoßen würde.
«Verschwinde!», sagte ich unterdrückt zu ihm.
Sein Gesicht war bleich, bleich wie das von Nyx. Er sah aus, als wäre er um hundert Jahre gealtert. «Ich kann nicht… ich kann sie nicht im Stich lassen…»
«Du musst. Sie werden dich vernichten. Oder falls nicht sie, dann jemand anders. Irgendwer in der Stadt wird schon hellhörig geworden sein. Du weißt, dass ich Recht habe.»
Seine Augen blickten immer noch auf Yasmine. Ich jedoch ertrug ihren Anblick nicht mehr länger. Sie war bloß noch Flammen – schwarz gewordene Flammen.
«Geh!», rief ich aus. «Das will sie! Sie hat das für dich getan!»
Bei diesen Worten zuckte Vincent zusammen und sah mich schließlich an. Die volle Wucht seines Kummers traf mich und die zurückgehaltenen Tränen rannen mir jetzt über die Wangen.
«Geh. Bitte!», bettelte ich. Joel war vernichtet worden. Yasmine sah so aus, als würde ihr dasselbe Schicksal bevorstehen. Einen weiteren Tod würde ich nicht mehr verkraften.
Er sagte nichts, wurde jedoch nach mehreren Sekunden unsichtbar. Seine Aura verschwand.
Die Flammen auf der anderen Seite des Zimmers sanken allmählich in sich zusammen. Yasmine tauchte langsam wieder daraus hervor, völlig unversehrt. Sie sah nicht anders aus als zuvor, aber etwas an ihrer Signatur hatte sich verändert. Ich spürte dasselbe goldene Licht, den Eindruck von Safran und Weihrauch. Aber es war von etwas anderem gefärbt. Es hatte nicht mehr die scharfe, kristalline Qualität einer englischen Aura. Die war dahin, ersetzt durch ein dunkleres, rauchigeres Gefühl – eine Rauchigkeit, die nichts mit Feuer zu tun hatte.
Schließlich verschwanden die Flammen völlig und Yasmine kniete nach wie vor auf dem Boden. Sekunden später gesellte sich eine weitere Signatur zu uns, eine, die ich gut kannte. Jerome stand im Zimmer, wohl zurückgekehrt von den geheimen Angelegenheiten, um die er sich hatte kümmern müssen.
Er sah von einem Gesicht zum anderen und konzentrierte sich schließlich auf mich. «Meine Güte! Was hast du denn jetzt wieder angestellt?»
Ich beachtete ihn nicht, denn ich war außerstande, den Blick von Yasmine zu lösen. Sie sah genauso aus wie vorher, ganz genauso. Und trotzdem auch wieder nicht…
Ihr war die Veränderung gleichfalls aufgefallen. Sie hielt die Arme vor sich ausgestreckt und musterte sie, als hätte sie sie noch nie gesehen. Entsetzen stand ihr ins Gesicht geschrieben.
«Nein!», stöhnte sie. «Nein…» Sie begann zu schluchzen.
Carter sah schließlich von ihr weg und begegnete Jeromes Blick. «Sie gehört jetzt dir,
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