Succubus Dreams
nie als Engel erlebt.»
«Es gibt für alles ein erstes Mal.»
Ich sah ihm in die Augen. «Aber ich mochte sie.»
Daraufhin hätte ich einen weisen Spruch erwartet wie: «Soll vorkommen, dass auch Guten etwas Böses widerfährt». Stattdessen schüttelte er bloß den Kopf und sagte: «Tut mir leid.»
Ich schluckte Tränen hinunter – ich hatte heute Nacht bereits genug geweint –, beugte mich vor und legte ihm den Kopf an die Brust, genau wie neulich nachts. Er strich mir mit der Hand übers Haar und wiegte mich hin und her.
«Welche Hoffnung besteht noch?», fragte ich. «Wenn selbst Engel fallen, welche Hoffnung besteht dann noch für uns?»
«Keine», erwiderte er. «Wir sind auf uns selbst gestellt. Und wir müssen uns für das entscheiden, was unser eigenes Überleben am besten sichert. Wenn deine himmlische Freundin so gedacht hätte, wäre sie nicht gefallen.»
«Aber das ist die Sache… Engel denken nicht an sich, stimmt’s? Sie sind selbstlos.»
«Vielleicht», meinte er zweifelnd. «Sie hat die Sache mit dem Nephilim so weit kommen lassen… das war nicht so richtig selbstlos. Jetzt sind sie beide angeschissen, und wir haben ein weiteres Mitglied im Club.»
«Was für ein Club?»
«Der Club. Unser Club. Derjenige für Leute, die einen Fehler machen und deswegen für ewig und alle Zeiten bestraft werden.» Er hielt inne. «Ist ’n ziemlich großer Club.»
Sanft zog ich mich aus seiner Umarmung. «Was hast du getan?»
«Hmm?»
«Dein einer Fehler. Vincent hat das Amulett gefunden… er hat gesagt, es wäre entsetzlich. Schwarze Magie. Er hat gesagt, du hättest etwas wirklich Schlechtes getan, um ihn anzufertigen.»
Dante betrachtete mich mit traurigen Augen. «Du möchtest es wirklich wissen?»
Ich nickte.
«Nein. Möchtest du nicht. Gerade im Augenblick sprichst du zum ersten Mal mit mir, als ob ich nicht das größte Arschloch der Welt wäre. Sage ich dir dann die Wahrheit… verlierst du jeglichen Respekt vor mir.»
«Werd ich nicht. Ich werde dich umso mehr respektieren.»
Er verdrehte die Augen. «Unter hypothetischen Umständen geben sich die Leute immer nobel. ‹Ich werde meine Geliebte niemals betrügen.› ‹Ich werde die Million Dollar zurückgeben, die ich auf der Straße gefunden habe.› Alles Scheißdreck.»
«Ist es nicht», sagte ich. «Ich respektiere die Wahrheit.»
«Aber sie wird dir nicht gefallen. Was glaubst du, warum ich dich an dem Tag draußen vor Eriks Laden nicht geküsst habe? Ich habe Witze darüber gerissen, dass ich mit dir schlafen möchte – Teufel, ich möchte mit dir schlafen –, aber wenn wir’s getan hätten, so hättest du gespürt, wie wenig Energie mir geblieben ist.»
«Die Sache mit der niedrigen Energie kaufe ich dir ab, aber ich möchte trotzdem noch die Geschichte erfahren, die dahinter steckt.»
Enttäuscht kniff er die Augen zusammen. «Sieh mal, Sukkubus. Ich glaube, ich könnte die Geschichte nicht mal dann erzählen, wenn ich es wollte. Es fällt zu schwer.»
Seine Bemerkung übers Küssen inspirierte mich plötzlich. «Kannst du’s mir zeigen?»
«Was?»
Ich näherte mich ihm. «Küss mich! Ich bekomme kaum etwas Energie von dir, aber wenn du dich der Erinnerung öffnest, sollte ich in der Lage sein, Teile davon zu spüren.»
Zumindest hoffte ich es. Gewiss drangen beim Sex die Gedanken und Gefühle meiner Liebhaber zu mir durch, aber es war nicht so, als ob ich den Zufluss steuern könnte. Ich konnte keine bestimmten Dinge aufrufen. Gewöhnlich spürte ich das, woran der jeweilige Typ gerade dachte; meistens war es bloß Erstaunen oder vielleicht ein Schuldbewusstsein gegenüber der Geliebten, die er betrog.
Aber vielleicht… falls Dante genau an das dachte, was er getan hatte, dann käme es vielleicht durch. Es wäre einen Versuch wert. Ich beugte mich näher zu ihm hinüber. Er rührte sich nicht, also vollendete ich die Bewegung und küsste ihn.
Anfangs war es bloß ein Kuss – ganz körperlich. Nach und nach erhielt ich ein wenig seiner Lebenskraft – aber es war genauso, wie er gesagt hatte: Seine Seele war zu dunkel. Die Lebensenergie, die in mich hineinfloss, war kaum der Rede wert. Lediglich ein Rinnsal, wie ein tropfender Wasserhahn. Dann… sobald ich die Energie aufgenommen hatte, spürte ich etwas anderes. Ich spürte seine Seele – spürte, weswegen sie so schwarz war, so ohne jeden Schimmer, wie ihn die meisten Menschen aufzuweisen hatten. Diese Schwärze ergoss sich jetzt in mich, dieses eklige und
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