Succubus Heat - Mead, R: Succubus Heat
drehte sich um und starrte auf Roman und mich herunter. Zuerst fiel sein Blick auf mich.
«So. Du bist also hier, Georgie. Warum überrascht mich das nicht?»
«Weil ich die Einzige war, die dich zurückbringen wollte und die nicht zu faul war, auch etwas deswegen zu unternehmen?»
Die Andeutung eines Lächelns geisterte über seine Lippen. «Also gut. Auch du wirst belohnt werden.»
Ich wollte ihm sagen, dass ich keine Belohnung nötig hatte, doch er hatte seine Aufmerksamkeit bereits Roman zugewandt. Sein Lächeln verging. «Du allerdings hast ganz schön Nerven, dich hier zu zeigen.»
«Das liegt wohl in der Familie», sagte Roman. Er war völlig erledigt und schaffte es trotzdem noch zu frotzeln.
«Selbstmörderische Tendenzen liegen allerdings nicht in unserer Familie. Dir ist klar, dass du nur Sekunden davon entfernt bist, vernichtet zu werden, oder?»
«Ja, ja», sagte Roman. «Und ich bin mir sicher, dass es deinen Status als Oberbösewicht sicher festigen würde, wenn du mich tötest. Doch in Wahrheit habe ich dabei geholfen, dich zu retten. Wenn ich nicht gewesen wäre, dann würdest du jetzt nicht hier stehen.»
Ich war mir nicht sicher, ob er in dieser Angelegenheit wirklich genauso viel geleistet hatte wie ich, aber er hatte mir auf jeden Fall einiges erleichtert. Doch auch wenn er tatsächlich Jerome im Alleingang gerettet hätte, bedeutete das gar nichts. Dämonen handelten nicht fair oder aus dem Gefühl der Verpflichtung heraus. Jerome bestätigte mich.
«Ich verdanke dir gar nichts. Es kümmert mich nicht, wenn du gerne dein Leben riskieren willst. Es interessiert mich nicht, ob du lebst oder stirbst.»
Roman kämpfte sich hoch. «Das stimmt nicht, denn sonst hättest du mich schon längst getötet. Vielleicht fühlst du dich mir gegenüber zu nichts verpflichtetᅠ… doch du stehst trotzdem in meiner Schuld, auch wenn du nicht der Meinung bist, dass man Schulden begleichen sollte – aber das solltest du. Du kannst den Gedanken nicht ertragen, dass ich noch etwas bei dir gut habe.»
Jerome kniff die Augen zusammen. «Was willst du?»
«Amnestie.»
«Was?», kreischte ich. Keiner beachtete mich. Für die beiden existierte nichts anderes mehr, sie hätten die einzigen Wesen auf dem ganzen Planeten sein können, Vater und Sohn.
«Ich bin es leid, fortzulaufen, ich habe es satt, mich zu verstecken. Ich will einen Ort, an dem ich bleiben kann. Einen Ort, an dem ich mich für eine Weile getrost niederlassen kann.»
«Dafür brauchst du mich nicht.»
«Nicht?», fragte Roman. «Egal, an welchem Ort ich mich aufhalte, selbst wenn ich meine Signatur verberge, immer lebe ich in Furcht davor, dass mich die höheren Unsterblichen, die dort herrschen, entdecken. Ich bin ständig in Alarmbereitschaft. Ich will einen Platz haben, an dem ich mich einigermaßen frei bewegen kann in der Gewissheit, dass ich zumindest bis zu einem gewissen Grad sicher bin.»
«Wenn dich jemand töten will, dann werde ich mich nicht in den Weg stellen.»
«Das ist mir klar. Aber zumindest werde ich mir nicht mehr jeden Tag darüber Sorgen machen müssen, dass du einer von denen bist.»
Jerome schwieg und zu meiner völligen Verblüffung erkannte ich, dass er ernsthaft darüber nachdachte. Das hätte ich nie für möglich gehaltenᅠ… allerdings war es so, wie Roman gesagt hatte. Wenn Jerome sich schon entschieden hätte, dann hätte er Roman längst vernichtet.
Als wir letzten Herbst erfahren hatten, dass Jerome der Vater von Nephilim-Zwillingen war, hatten wir außerdem herausgefunden, dass er vor langer Zeit auch eine Frau gehabt hatte. Eine Frau, die er so sehr geliebt hatte, dass er für sie die Gnade des Himmels aufgegeben hatte, nur um bei ihr sein zu können. War etwas von dieser Liebe geblieben? Oder war sie über die Jahrtausende als verdammte Kreatur erloschen? Sah er etwas von ihr in Roman? Als Jerome damals bei der Jagd auf Roman und seine Zwillingsschwester geholfen hatte, schien er gleichgültig gewesen zu sein. Er hatte sogar dabei mitgeholfen, Helena zu töten.
Doch jetzt fragte ich mich, ob Jerome wirklich so gleichgültig war, wie er tat, und ich fragte mich auch, ob Roman das nicht auch schon seit langem in Frage stellte. Ich wusste, dass Roman Jerome gehasst hatte – wahrscheinlich noch mehr, als er mich hasste – aber war ein bisschen Frieden es wert, diese unheilige Allianz mit Jerome einzugehen? Hatte er begriffen, dass die Beziehung zu seinem Vater auszuspielen vielleicht der einzige
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