Succubus on Top
prahlen und über sie zu lachen. Das Spiel hatte für mich allerdings keinen besonderen Reiz mehr.
«Das tu’ ich nicht mehr. Ich hab’s dir gesagt.»
«Ja, aber du musst nach wie vor überleben.»
«Ich überlebe. Ich habe vor ein paar Tagen einen Kick erhalten. Der reicht eine Weile lang.»
Bastien sah finster drein. «Vor ein paar Tagen? Bäh! Dieser Schriftsteller macht eine Langweilerin aus dir.»
«He, das hat nichts mit ihm zu tun. Ich will das so.»
«Natürlich.»
«Was soll dieser Ton?»
«Weiß nicht so genau. Ich meine, zunächst fand ich diese Rendezvous-Geschichte mit dem Schriftsteller ja amüsant – selbst wenn er anscheinend etwas langweilig ist und dir letzten Endes wahrscheinlich wehtun wird. Aber jetzt glaube ich allmählich, dass das Anzeichen für eine größere Sache bei dir sind. Ich meine, da ist zunächst diese Besessenheit von dem netten Jungen. Dann bist du, was? Stellvertretende Geschäftsführerin in einer Buchhandlung? Ganz zu schweigen davon, dass du eine Katze besitzt.»
Aubrey funkelte ihn an, ebenso wie ich. «Da ist nichts falsch dran, eine Katze zu haben. Und Seth ist nicht langweilig.»
«Vermutlich weißt du das besser. Er hat mich bloß nicht gerade vom Hocker gerissen, das ist alles. Wenn du von einem Sterblichen besessen sein willst, könnte ich dir einen besseren besorgen.»
«Ich möchte keinen besseren. Ich meine, es gibt keinen besseren. Ich möchte ihn.»
«Wie du willst. Du wirst bloß gewöhnlich, das ist alles. Du warst mal außergewöhnlich.»
«Huch! Und das alles, weil ich heute Abend nicht mit dir ausgehen will?»
Bastien hob die Schultern.
«Dann na gut. Wir gehen. Aber kein Opfer für mich.»
«Meinetwegen.»
Wir gingen zu einem Club auf dem Pioneer Square. Beide sehr sexy, beide zu jener Art wunderschöner Vollkommenheit aufgetakelt, die nur ein Inkubus und ein Sukkubus zustande brachten. Ich hatte mir das Haar zu einer prachtvollen Wuschelmähne hochgesteckt und trug ein himmelblaues Tank-Top mit einem V-Ausschnitt, der mir fast bis zum Bauchnabel hinabreichte. Der Ausschnitt war mit sehr durchsichtiger Spitze bedeckte, was einen BH völlig sinnlos gemacht hätte. Also trug ich auch keinen.
Die Spannung zwischen uns löste sich in Wohlgefallen auf, als wir die Tanzfläche betraten. Der Rhythmus pulsierte in mir, die Bewegung und der Schweiß waren berauschend. Bastien und ich tanzten eine Weile lang zusammen und waren uns beide der bewundernden Blicke bewusst, die wir auf uns zogen, sogar in einem so überfüllten Raum wie diesem hier. Körperliche Anziehungskraft hatte mit so viel mehr als bloß äußerem Erscheinungsbild zu tun. Es ging dabei um Blickkontakt, Extrovertierheit, auch Bewegung. Inkuben und Sukkuben lernen das von Anfang an, und die guten bewegen sich mit einer Anmut, der nur wenige Sterbliche gleichkommen. Ich, die ich schon eine gute Tänzerin gewesen war, bevor ich zum Sukkubus wurde, zählte zu den Besten, wenn es um Körpersprache ging. Uns zuzuschauen war geradezu unwiderstehlich. Eine Anmache in sich selbst.
Nach einer Weile trennten wir uns. Die Ergebnisse des Sukkubus-Spiels bedrückten mich manchmal, aber das Spiel als solches machte Spaß. Sehr viel Spaß. Ich wechselte vom einen Partner zum nächsten, blühte auf, weil ich den Effekt spürte, den ich hervorrief, das Verlangen, dessen Aufkeimen ich in jenen erkannte, mit deren Leibern der meine spielte. Das war ein Grund, weswegen ich, trotz meiner häufigen Meckerei, meine sterbliche Seele für diesen Beruf hingegeben hatte.
Ich gestehe, dass der Gedanke, mit jemandem nach Hause zu gehen, allmählich qualvoll verlockend wurde, dass mein Körper sich an der Vorstellung erwärmte, die Hände eines anderen lägen darauf. Aber dann dachte ich an Seth und seine entschlossene Einhaltung des Arrangements, das wir getroffen hatten. Nein. Keine überflüssigen Opfer für mich heute Nacht. Ich könnte gut sein. Ich wollte gut sein. Ich würde warten, bis ich mich tatsächlich wieder aufladen musste.
Drüben auf der anderen Seite des Raums verließ Bastien gerade den Club. Er reckte den Hals und sah zu mir herüber, den Arm um eine kleine, verzückte Blondine gelegt. Als er sich umdrehte, bemerkte ich eine Brünette in seinem anderen Arm.
Streber.
Es war zwei Uhr morgens, als ich mich endlich auf den Heimweg begab. Am folgenden Tag taten mir beim Erwachen alle Knochen weh, und das Wetter machte alles nur noch schlimmer. Regen bildete auf meinem Weg zur Arbeit einen
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