Succubus on Top
versammeln. In der Zwischenzeit muss der Schüler sie dem Meister überlassen.»
Doug marschierte im Raum umher, als ob er Tango tanzen würde, lieferte allerdings eine erbärmliche Vorstellung ab. Seine ruckartigen Bewegungen und dieses kratzende Summen in der Luft machten mich jedoch ganz hibbelig. «Ist der Rest der Bande da draußen?»
«Wartet mit angehaltenem Atem», versprach ich ihm und legte den Kopf schief. «Solltest du nicht ein bisschen mehr Lampenfieber haben?»
«Natürlich. Wenn ich Lampenfieber haben müsste. Wüsste allerdings nicht, weswegen.»
Jetzt war ich ebenso erstaunt wie damals auf der Arbeit. Doug war talentiert, und er wusste es, aber ich hatte ihn schon früher vor seinen Auftritten erlebt. Auch wenn er immer Witze riss und guter Laune war, hatte er stets eine gewisse Nervosität an den Tag gelegt, eine ihm eigene Art der Grübelei, während er sich mental darauf vorbereitete, das Beste zu geben. Nun hatte er ja gesagt, dass die Band kürzlich einen Gipfelpunkt erreicht habe, aber die Veränderung war schon recht drastisch, um es vorsichtig auszudrücken.
Nach ein paar weiteren Witzen und sexuellen Anspielungen verließ ich sie endlich. Sobald ich die Schwelle überschritten hatte, verschwand auch dieses misstönende Gefühl. Es war, als würde man nach einem Sandsturm wieder frische Luft atmen. Ich warf einen Blick zurück in den Raum, um irgendeinen Hinweis auf das zu entdecken, was gerade geschehen war. Nichts. Die Bandmitglieder hatten mich schon vergessen. Sie lachten über etwas anderes, tranken ihr Bier oder ihren Alco-Pop oder was auch immer und lärmten herum – eine männliche Art und Weise, Spannung abzubauen. Verwirrt ging ich davon.
Als ich schließlich zurückkehrte, war auch Seth eingetroffen. Trotz meiner Besorgnis spürte ich ein Lächeln auf mein Gesicht kriechen. Sein Haar war ungekämmt wie eh und je und er trug ein Thundercats-T-Shirt.
«Hallo», sagte ich, wobei ich genau wusste, dass alle anderen uns beobachteten und vermutlich darauf warteten, dass ich meine Handschellen hervorholte.
«Hallo», erwiderte er meinen Gruß, die Hände lässig in den Hosentaschen und ansonsten entspannt und unbeschwert wie stets.
«Weißt du, Doug trägt ein ganz ähnliches T-Shirt.»
«Weiß ich. Ich hab’s ihm geliehen.»
Darüber mussten wir alle herzlich lachen, und Beth wandte sich an mich. «Du hast Doug gesehen? Ist er bereit?»
«Eigentlich lautet die Frage», erwiderte ich mit einem leichten Stirnrunzeln, «ist die Welt für Doug bereit?»
Eine halbe Stunde später sahen sie, was ich meinte. Nocturnal Admission stürmte die Bühne, und auf einmal wurde diese ganze angestaute Energie und Begeisterung in ihre Musik kanalisiert. Wie ich Doug gesagt hatte, war ich schon seit langem ein Fan der Band. Ihr Stil war eine Kombination aus Hard Rock mit etwas Ska, und diese Kombination hatte mich schon immer angemacht. Nach Jahrhunderten voller Wiederholungen war Innovation die reinste Wonne. Sie spielten mit einer Hingabe und Leidenschaft, dass das Zuschauen ebenso viel Spaß machte wie das Zuhören. Mein zwiespältiges Verhältnis zu Doug tat der Sache ebenfalls keinen Abbruch.
Heute Nacht waren sie unglaublich. Sämtliche Songs waren neu; ich hatte keinen davon zuvor gehört. Und du meine Güte, was das für Songs waren! Erstaunlich. Unglaublich. Zehnmal besser als die alten – die meiner Ansicht nach schon schwer zu übertreffen waren. Ich fragte mich, wann Doug die Zeit für ihre Komposition gefunden hatte. Er schrieb die meisten ihrer Sachen, und seit ihrer letzten Vorstellung waren erst anderthalb Monate vergangen. Ihm musste jemand geholfen haben. Wie ich wusste, brauchte er normalerweise eine Weile für einen Song, denn er feilte immer und immer wieder an den Texten, nahm den Prozess nie auf die leichte Schulter.
Und die Vorstellung selbst… Nun ja, Doug war immer extravagant gewesen; das war sein Markenzeichen. Heute Nacht, das schwöre ich, war er unentwegt in Bewegung. Energie pur in menschlicher Gestalt. Er tanzte, er schlenderte, er schlug Rad. Seine Monologe in den Songpausen waren überschwänglich. Seine Singstimme übertraf alles, was ich bislang von ihm gehört hatte, sie war voll und tief und vibrierte in meinem Körper. Das Publikum konnte nicht genug bekommen. Es war in ihn verliebt, und ich verstand den Grund dafür. Niemand, selbst die Angestellten des Ladens, konnte die Augen von der Bühne abwenden.
Außer einem.
Da, am anderen Ende der
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