Such mich Thriller
typisch für sie - nicht fertig brachte, nach dem Weg zu fragen.
Die Kreditkarte hatte sie zum letzten Mal eingesetzt, um ein Essen und ein Zimmer am Rand einer Kleinstadt an der südwestlichen Grenze von Illinois zu zahlen. Dass es eine Kleinstadt war, wusste er, weil er sie und etliche andere Orte, durch die sie auf ihrer Fahrt von der Nacht in den Morgen gekommen war, aus seiner Teenagerzeit kannte. Noch immer konnte er die Namen all der Nester hersagen, in denen er von einem Mädchen ein Bett für die Nacht und vielleicht noch mehr bekommen hatte. Er hatte sie in bester Erinnerung, die alte Route 66, die auch die Mother Road hieß, ein Ziel für Menschen in mittleren Jahren, Pilger, die auf der Suche nach der guten alten Zeit waren und nach dem, was nie gewesen war.
Kathy Mallory war jung, sie hatte auf dieser Straße nichts zu suchen. Nicht als Touristin jedenfalls.
Sie war auf der Pirsch.
Als Mallory das Fenster öffnete, war das Gesumm der Fliegen deutlich zu hören, aber der Trooper merkte immer noch nichts, im Gegensatz zu Sally. Die war schon mit einem Ungezieferspray nach draußen gelaufen. Während sie den Kampf gegen die wimmelnde schwarze Wolke aufnahm, ging der junge Polizist in aller Ruhe zu seinem Wagen, setzte sich ans Steuer und fuhr lachend davon.
Mallory griff sich einen Drahtbügel aus der Garderobe und bog ihn zu einem geraden Stab mit einem Haken zurecht. Sie nahm Sally das Fliegenspray ab, schob den Haken zwischen Rückfenster und Karosserie und entriegelte den Wagen. Als die Tür offen war, konnte sie den Hebel für den Kofferraumöffner erreichen. Weil sie sich die vermutlich dramatische Reaktion einer Zivilistin ersparen wollte, die gleich nach dem Frühstück den Anblick von geronnenem Blut vermutlich nicht gewöhnt war, schickte sie Sally weg. Dann warf sie, umgeben von toten und noch zuckenden Insekten, einen ersten Blick in den Kofferraum. Die Unerschrockensten unter den Fliegen, die Sallys Aktion überlebt hatten, waren bereits am Ziel.
Mallory holte ihr Handy heraus und wählte die Nummer eines Kollegen aus dem Morddezernat Chicago, der New York noch den einen oder anderen Gefallen schuldig war. Eine barsche Stimme meldete sich mit Kronewald und gleich darauf mit einem gebellten »Was!«. Das war keine Frage, sondern die Aufforderung, rasch zu sagen, was man zu sagen hatte, oder schleunigst aus der Leitung zu gehen.
»Hier Mallory, New York.«
»Ich werd verrückt!« Urplötzlich veränderte sich die Tonlage.
»Wie geht’s denn so? Und was macht Riker?« Mallory war nicht in Plauderlaune. »Ich habe einen Wagen aufgebrochen und eine Männerhand gefunden. Am Handgelenk abgeschnitten.«
»Bingo! Passt haargenau zu einer verstümmelten Leiche hier in Chicago.« Dann berichtete er, was sie anstelle der Männerhand gefunden hatten, fügte aber - typisch Kronewald - nichts hinzu, was Mallory nicht gestern schon von dem jungen Kollegen gehört hatte, der im Polizeifunk über eine offene Leitung die Nerven verloren hatte.
Und dann nannte sie Kronewald den Namen einer Touristin, die auch Ärger mit ihrem Wagen und ihrem Handy gehabt hatte - wie der Fahrer des Ford, in dem eine abgetrennte Männerhand lag.
Der Mercedes legte die letzten Meilen von Indiana in gemäßigtem Tempo zurück. Riker staunte, wie viele Menschen so früh am Morgen schon unterwegs waren, zumal er selbst sich kaum mal vor neun im Büro sehen ließ. Dann meldete sich sein Handy, und er hörte eine vertraute Stimme aus Chicago.
»Hey, du Bastard, hier Kronewald. Deine Partnerin hat ihr Scheißhandy abgestellt.«
»Macht sie öfter«, sagte Riker. »Was kann ich für dich tun?«
»Für heute habt ihr schon genug getan. Mallory hat eine Stallwache für den grünen Ford angefordert, damit sie eine Mütze voll Schlaf kriegt. Sag ihr, dass wir den Cop von vorhin schicken. So eine Blamage ist nur gesund für den Jungen, meint sein Boss.«
Riker ließ sich von der unvollständigen Leiche berichten, die am Beginn der alten Route 66 gefunden worden war, nicht weit von der Stelle, wo Mallory getankt hatte. Diese Tankstelle wurde immer interessanter. Wie passte aber eine verstümmelte
Leiche in Chicago zu einer erschossenen Frau in der New Yorker Wohnung seiner Partnerin? Savannah Sirus zu erwähnen konnte gefährlich sein.
»Hat Mallory eine Frau genannt, die damit was zu tun haben könnte?«
»Hat sie. Und sie hat auch gesagt, wo wir anfangen sollen zu suchen«, gab Kronewald zurück. »Nach drei Anrufen
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