Suche nicht die Suende
anderes Licht auf die Sache. Es schmälerte Alex’ Hoffnung beträchtlich, dass man sie einfach mit einigen scheltenden Worten aus dem Haus werfen würde.
Er würde den Mann ausschalten müssen. Diese Aussicht hätte ihn nicht weiter gestört, hätten sie sich in einem
salle des armes
gegenübergestanden oder hätte er einen Beweis dafür gehabt, dass der Mann Gerry tatsächlich Schaden zugefügt hatte. Aber bis jetzt wusste er eigentlich nur, dass er Barrington nicht ausstehen konnte. Und er war noch nie besonders daran interessiert gewesen, Leute dafür zu bestrafen, dass sie ihm nicht sympathisch waren. Das überließ er lieber den Raufbolden dieser Welt.
Gwen unterbrach seine stummen Überlegungen, indem sie eine Entscheidung traf. Sie wandte sich vom Wandschirm weg und Barrington zu – und dann sprang sie ihm in die Arme.
Eine ungläubige Sekunde lang dachte Alex, sie wolle den Mann angreifen. Vielleicht vermutete Barrington Ähnliches; überrumpelt ächzte er und taumelte einige Schritte zurück. Doch er begriff die Absicht schneller als Alex: Er packte Gwen mit beiden Händen um den Po, riss sie an sich und presste sein Gesicht an ihres.
Nun, dachte Alex. Das war … clever von ihr gewesen. Eine gelungene Ablenkung.
Ihre Arme um Barringtons Schultern geschlungen zwang sie ihn herum, bis er der Tür den Rücken zuwandte.
Auch das nur, um ihn abzulenken.
Alex sah diese Szene wie durch einen roten Nebel.
Gwen stieß ein Stöhnen aus. Es war ein Stöhnen, das wahrhaftig nicht für die Ohren aller Männer bestimmt war, die Alex je getroffen hatte oder je treffen würde. Dann krallte sie die Finger in Barringtons Haar und zerrte seinen Kopf herunter an ihre Brust.
Barrington ließ es glücklich geschehen.
Über dessen gebeugte Schulter traf ihr Blick Alex’.
Geh
, formte ihr Mund.
Geh jetzt!
Er starrte sie an. Diese kleine Närrin. Glaubte sie wirklich, er würde dieses Zimmer verlassen und Barrington das bekommen lassen, was sie gestern Nacht
ihm
angeboten hatte? Und das anzunehmen er sich geweigert hatte, weil er so ein gottverdammter, unverzeihlich dickköpfiger und noch dazu feiger Idiot war?
Jetzt riss Gwen dramatisch die Augen auf. Hob die Hand und zeigte auf die Tür. Doch dann drehte sie die Hand, krümmte den Zeigefinger und winkte ihm damit.
Was zur Hölle sollte das bedeuten?
Barrington hob den Kopf. Gwen stieß ein lautes Keuchen aus und drückte seinen Kopf wieder an ihre Brust. Und nun schlang sie ihr Bein um Barringtons Wade.
Unvermittelt durchdrang Alex die Bedeutung ihres Winkens. Gott im Himmel, was war er für ein begriffsstutziger Idiot! Er glitt hinter dem Wandschirm hervor, öffnete die Tür, schlüpfte lautlos auf den Korridor und zog die Tür leise hinter sich zu. Dann hob er die Faust und hämmerte gegen das Türblatt. Ein Mal, zwei Mal, drei Mal. Nicht öfter. Ohne eine Aufforderung abzuwarten, stieß er die Tür dann so heftig auf, dass sie gegen die Wand schlug.
»Du kleine Hure«, fauchte er.
Gwen schlug die Hände vor den Mund und sprang von Barrington weg – doch statt zu Alex zu kommen, wie er es sich vorgestellt hatte, lief sie zum Schreibtisch und stellte sich dahinter.
»Oh«, rief sie. »Oh, Mr de Grey – bitte, es war nicht – es war nicht das, was Sie denken!«
»Es war ganz genau das, was Sie glauben«, sagte Barrington. Er zog sich das Jackett zurecht. »Was denken Sie sich dabei, hier herumzuschnüffeln?«
Alex fixierte ihn mit einem starren Blick. Er hatte keine Ahnung, was Gwen damit bezweckte, so weit von ihm entfernt hinter dem Schreibtisch zu verharren. Wollte sie Zeugin eines Blutvergießens werden? Er fühlte sich erstaunlicherweise bereit dazu, es ihr zu liefern. »Ich werde Ihnen die gleiche Frage stellen«, entgegnete er kalt. »Hatte ich nicht klargemacht, dass Miss Goodrick Sperrgebiet für Ihr Interesse ist?«
Barrington grinste höhnisch. »Die Lady selbst scheint dem nicht zuzustimmen. Vielleicht sollten wir sie fragen, wie
sie
die Sache sieht.«
»Oh!« Gwen verschränkte die Arme auf dem Rücken und starrte auf ihre Schuhspitzen. »Oh«, wiederholte sie leise. Sie hob den Kopf und sah Alex reumütig, fast flehend an. »Es tut mir leid, Mr de Grey. Aber es ist eine so
schwere
Entscheidung. Sie waren immer gut zu mir. Aber andererseits ist Mr Barrington so …« Sie seufzte, als sei seine Großartigkeit zu groß, sie in Worte zu fassen. »Ich fange an zu begreifen«, fuhr sie dann zögernd fort, »warum Ladys früher darauf beharrt
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