Suche nicht die Suende
Schreibtisch ganz deutlich. Alex blätterte die Papiere durch, die darauf lagen. Es waren irgendwelche Landkarten von Suffolk, die ihm bedeutungslos erschienen.
Ein Geräusch auf dem Gang ließ ihn erstarren. Er sah sich rasch im Zimmer um, doch es gab nur wenige Möglichkeiten, sich zu verstecken. Ein Wandschirm aus Holz schien noch die beste zu sein, auch wenn er wegen seiner durchbrochenen Struktur keinen vollkommenen Schutz bot. Doch er stand weitab vom Fenster im Schatten und in der Nähe der Tür. Jemand, der das Zimmer betrat, müsste sich zunächst umdrehen und dann warten, bis sich die Augen an die Finsternis gewöhnt hatten. Erst dann würde derjenige erkennen können, dass sich hinter dem Wandschirm ein Eindringling verbarg.
Alex war kaum hinter dem Paravent verschwunden, als sich die Tür mit einem leisen Klicken öffnete. »– verschlossen gewesen«, sagte Barrington. »Wie seltsam. Na, egal. Kommen Sie doch herein.«
»Oh, Sie haben wahrlich nicht übertrieben«, erklang Gwens Stimme. Alex drückte sich enger gegen die Wand und unterdrückte den Impuls, aus seinem Versteck hervorzuspringen und sie zu fragen, was zur Hölle sie da trieb. Was hatte sie sich dabei gedacht, sich von der Gruppe zu entfernen und mit diesem Mann hierherzukommen? Mehr noch, ihre Sprache hörte sich leicht verwaschen an. Hatte sie beim Dinner doch mehr Wein getrunken, als er bemerkt hatte?
Barrington legte seine Hand auf ihre Taille – viel zu vertraulich für einen Gastgeber gegenüber einer jungen Lady. Andererseits, vielleicht passte es gerade zu einem Mann und einer Varietésängerin. Dann führte er Gwen zum Fenster. Im kalten Mondlicht schimmerte ihr Profil so blass und glatt wie Marmor. »Oh«, sagte sie leise. »Die Wellen brechen sich – wie wunderschön.«
Etwas Hässliches regte sich in Alex’ Eingeweiden. Gwen sah nicht so aus, als würde sie ihr Entzücken vortäuschen. Die Aussicht bezauberte sie tatsächlich.
Barrington stellte sich hinter sie. Dann fasste er behutsam nach einer Haarsträhne, die sich aus Gwens Frisur gelöst hatte. »Ich bin von Schönheit umgeben«, sagte er leise. »Aber nichts ist so bezaubernd wie die Frau, die jetzt bei mir ist.«
Alex wollte ihm den Arm ausreißen.
Geh weg von ihr
.
Gwen, was zur Hölle tust du da?
Sie wandte sich zu Barrington um, was ihn zwang, seine Hände von ihrer Hüfte und ihrem Haar zu nehmen – sie hat das mit Absicht getan, wollte Alex denken, aber er konnte nicht sicher sein. Sie schenkte Barrington ein rätselhaftes kleines Lächeln, sehr dazu geeignet, einem Mann ein stummes Versprechen zu machen, und ging dann an ihm vorbei und durch das Zimmer, wobei sie mit der Hand beiläufig über die Möbelstücke strich. Am Schreibtisch blieb sie stehen. »Oh, Zeichnungen!«, rief sie. »Sind Sie Künstler?« Müßig breitete sie die Blätter aus.
Barrington folgte ihr, fasste nach ihrer Hand und hob sie an seinen Mund. »Leider nicht. Mir hat bis jetzt die Inspiration gefehlt.«
Sie lachte ein kleines, klingendes Lachen. »Ich finde das schwer zu glauben«, sagte sie, während sie weiterging, wobei sie ihre Hand so lange, wie es möglich war, in seiner ließ, bis ihr Arm ganz gestreckt war. Barrington folgte Gwen und ließ sie dann los. Sie betrachtete jetzt einige Masken, die in einer Reihe an der Wand hingen.
Wenn sie den angefangenen Weg weitergeht, wird sie Barrington direkt zu mir führen, dachte Alex.
Kehr um
, zwang Alex sie stumm.
Verlass das Zimmer.
Barrington wurde jetzt kühner. Seine Hand strich über ihren Arm, und dann beugte er sich vor, um ihr einen Kuss auf den Scheitel zu geben. Alex begriff plötzlich, dass Gwens absichtsloses Schlendern durch das Zimmer und der Weg, den sie wählte, gar nicht so absichtslos waren: Sie ging in einem Kreis zurück zur Tür, und hätte er sich nicht ausgerechnet in deren Nähe versteckt, wäre es ein ausgesprochen klug gewählter Fluchtweg gewesen.
Und der Wandschirm war viel zu auffällig, um ihn zu ignorieren.
Er erkannte den Moment, in dem Gwen ihn bemerkte. Ihr Mund öffnete sich zu einer Bemerkung.
Und dann begegnete ihr Blick seinem, und ihre Augen wurden groß, während sie begriff.
Alex hielt den Atem an. Er hatte keine Ahnung, wie sie seine Entdeckung jetzt noch verhindern könnte. Eine unerfreuliche Unterhaltung, an deren Ende die Vertreibung stand, fügte einem Gast keinen Schaden zu, doch die Tatsache, dass Barrington seinen Besitz von bewaffneten Männern bewachen ließ, warf ein
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