Suche nicht die Suende
Puls schlug wie eine Trommel in einem wilden Dschungeltanz. Heiße Haut, und dann so unglaublich weich unter seinem Daumen. »Er gehört mir«, sagte sie. Er hätte nicht gedacht, dass ihre braunen Augen so starr gucken konnten, aber im Moment sahen sie für ihn keinesfalls rehäugig an. Sie wehrte sich heftig gegen seinen festen Griff. »Lass mich los!«
»Du schreibst an Pennington?« Als er sie losließ, empfand er ein Gefühl von Verlust. »Was in Gottes Namen soll das?« Ihr Optimismus ging zu weit, wenn sie hoffte, dass dieser Bastard seine Meinung änderte.
Ihr Kinn reckte sich trotzig. »Das geht dich gar nichts an.«
Er konnte sich nicht erinnern, dass die lästige Entdeckung von Rückgrat zu den Symptomen der Hysterie zählte. »Ich habe deinem Bruder etwas versprochen«, erinnerte er sie. Leider, leider war es ein Versprechen am Sterbebett gewesen. »Und deshalb geht es mich sehr wohl etwas an, fürchte ich.«
Die Erwähnung ihres Bruders schien Gwen aus der Fassung zu bringen. Sie zögerte. »Also gut. Es ist eine Liste der Gründe, aus denen ich ihn hasse.«
»Ich will die Wahrheit wissen«, sagte er ausdruckslos.
»Das ist die Wahrheit!« Ihre Finger fingen eine lose Haarsträhne ein, die sie um den Finger zwirbelte. Als sie sich auch noch auf die Lippen biss und zu ihm aufsah, wirkte sie wie das sehr gelungene Abbild eines Barflirts.
Eine ärgerlichere Entwicklung konnte er sich nicht vorstellen. Er verließ sich darauf, dass sie sittsam und unberührbar aussah. »Lass dein Haar los«, schnappte er.
Ihre Hand sank herunter. Sie sah ihn erstaunt an. »Du bist ziemlich garstig, weißt du das?«
»Das fällt dir erst jetzt auf? Ich hätte vermutet, dass dir die Gerüchte über mich zu Ohren gekommen wären. Wenn nicht, hast du es gewiss von Belinda gehört.«
»Ja, aber …« Ihre Augen verengten sich. »Alex, Belinda erzählt mir die ganze Zeit, wie sehr du es verabscheut hast, wenn dein Bruder versucht hat, dich zu drangsalieren. Warum tust du das Gleiche jetzt mit mir? Gib mir meinen Brief zurück.«
Überrascht von dieser abwegigen Argumentation lachte er. »Oh, das ist clever, Gwen. Aber es stimmt: Von allen Rollen, die ich spielen könnte, gefällt mir die des Drangsalierers am wenigsten. Aber wenn du entschlossen bist, die Idiotin zu spielen –«
»Ich spiele
nicht
die Idiotin!« Erneut griff sie nach dem Brief.
Er machte einen Schritt zurück und hielt den Brief so hoch, dass sie nicht heranreichen konnte. »Außerdem spielt das jetzt ohnehin keine Rolle mehr. Pennington hat sich davongemacht. Er ist gar nicht mehr in der Stadt.«
Diese Neuigkeit überraschte sie. Sie zog sich einen Schritt weit zur Treppe zurück. »Davongemacht?«, wisperte sie.
»Er hat den Zug nach Dover genommen, mit Anbindung zum Kontinent. Es tut mir leid«, fügte er hinzu. »Er ist ein Stück Dreck.«
»Aber er hat meinen Ring!«
Für einen kurzen Augenblick begriff er nicht.
Sie
hatte die Eheringe gekauft? Hatte der Viscount denn gar nichts in diesen Bund einbringen wollen?
Warum war sie es zufrieden gewesen, sich so billig zu verkaufen?
Und dann, als er ihr Gesicht sah, kam ihm eine andere Möglichkeit in den Sinn. »Richards Ring.«
»Ja!«
Herrgott noch mal. Er erinnerte sich allzu gut an ihren Gesichtsausdruck, als er ihr diesen Ring nach der Trauerfeier in die Hand gelegt hatte. Er seufzte. »Dann werde ich ihn zurückholen.«
Ihre großen Augen verschleierten sich. Sie schien durch ihn hindurch auf irgendeine schreckliche Szene zu schauen, die sich Meilen entfernt ereignete. »Aber wenn er ihn mit ins Ausland genommen hat –«
»Sein erster Aufenthalt wird zweifellos Paris sein, und ich bin sozusagen auf dem Sprung dorthin. Morgen reise ich ab.« Und dann, weil sie noch immer auf diese gebrochene, verwirrte Weise dreinschaute, die ihn lästigerweise an eine Puppe ohne Augen denken ließ, fügte er hinzu: »Ärgere dich nicht, Süße. Du wirst den Ring schon bald zurückbekommen. Und was den Mann selbst angeht, so sei froh, dass du ihn los bist.«
Sie blinzelte und konzentrierte sich auf ihn. Ein neugieriger Ausdruck huschte über ihr Gesicht. Dass ihr Mund sich plötzlich verzog, schien fast … berechnend.
»Also gut«, sagte sie langsam. »Du möchtest wissen, was in dem Brief steht? Ich werde ihn dir vorlesen, wenn du willst. Aber nur, wenn du mir dafür etwas versprichst.«
Seine Instinkt rührte sich, mahnte ihn zur Vorsicht.
Wie lächerlich. Hölle, vielleicht war Hysterie ja
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