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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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hinunter.
    Sicher auf den Füßen gelandet, richtete er sich auf und schaute zu Gwen hinauf. Die Hände vor den Mund geschlagen, starrte sie ihn aus weit aufgerissenen Augen an. Die Reisetasche lag jetzt einige Stufen unterhalb von ihr. Sie hatte sich geöffnet und gewährte den Blick auf ein großes Durcheinander aus … Wolle.
    Sein Verstand stockte. »Du hast doch nicht – hast du wirklich damit nach mir geworfen?« Nein. Das war undenkbar.
    Ebenso undenkbar wie die Tasche, die jetzt senkrecht vor ihm niederfiel.
    Gwen hatte die Hände sinken lassen und hielt sie zu Fäusten geballt auf Höhe ihrer Taille. »Ich will meinen Brief!«
    Alex lachte verblüfft. »Du
hast
nach mir geworfen. Aber, aber, Miss Maudsley. Sie garstiges Mädchen.«
    »Sie ist mir aus den Händen gerutscht.«
    »Das enspricht aber nicht ganz dem Gesetz der Schwerkraft.«
    Sie schniefte. »Bring jetzt nicht auch noch die Wissenschaft ins Spiel.«
    »Richtig, das ist sehr schlimm von mir«, sagte er. »Ich vergesse immer, sie mit meinem Hut zusammen an der Tür abzugeben. Also gut, dann sag mir eines: Hast du vergessen, die Pullover
zu stricken
?« Er wies mit einem Kopfnicken auf die Tasche. »Oder hattest du vor, es die Waisenkinder für dich tun zu lassen?«
    »Niemals«, sagte sie heftig. Eine weitere rote Locke machte sich selbstständig; diese fand den Weg bis hinunter zu Gwens Taille. »Ich werde nämlich Pullover für diese Waisenkinder
kaufen

    »Natürlich«, murmelte er. Ihr Haar war von einer wirklich außergewöhnlichen Farbe. Wenn das Sonnenlicht darauf fällt, hat es den Ton eines edlen Spätburgunders, dachte er.
    »Ich werde hundert Pullover kaufen«, sagte sie. »Tausend! Aber ich werde sie nicht stricken, und ich werde auch nicht so tun, als hätte ich das getan!«
    Genau genommen hatte sie genau das vor einer Minute noch vorgegeben, aber jetzt schien nicht der geeignete Zeitpunkt zu sein, sie darauf hinzuweisen. »Gut«, sagte er. »Gut gesprochen. Warum solltest du auch?«
    Die Frage war rein rhetorisch, aber sie nahm sie ernst. »Lady Milton und Lady Anne möchten, dass ich es tue. Beide sind solche Heuchler, musst du wissen. Ihnen sind diese Waisen so gleich. Lady Milton macht nicht einmal bei dem Ausflug mit – warum nach Ramsgate fahren, wenn man in Nizza ausspannen kann!« Sie verschränkte die Arme und rollte ihre Schultern, als wollte sie solche Gedanken von Doppelzüngigkeit abstreifen. »Heuchlerinnen«, wiederholte sie dann aber. »
Ich
kümmere mich um die Waisen.«
    Oho, also ein Streit. Ohne Zweifel waren darin eine Vielzahl in Seide gekleideter Frauen mit Brillantgehängen an den Ohren verwickelt, die darüber diskutierten, wer sich mehr für den armen kleinen Oliver einsetzte – und die beim Streiten nur eine Pause einlegten, um dem Diener zu gestatten, ihnen das Champagnerglas aufzufüllen. »Selbstverständlich sorgst du dich um sie.«
    Ihre Augen wurden schmal. »Du glaubst mir nicht? Vielleicht werde ich mein eigenes Waisenhaus gründen. Und ich werde die Kinder mit mehr füttern als nur mit Haferschleim, darauf kannst du dich verlassen!«
    Der schrille Klang ihrer Stimme dämpfte seine Erheiterung. Nun gut, das Fehlen von Tränen und das Schreien verwirrte ihn, aber wenn es nach seinem Urteil ging, war sie hysterisch. Bei genauerer Betrachtung schien es geradezu typisch zu sein, dass Gwen es sich lediglich gestattete, nur die leichtesten Symptome dieses Leidens zu zeigen. »Jeden Abend Rindfleisch«, stimmte er zu. »Warum auch nicht? Ganz gewiss hast du die Mittel dafür.«
    Eine Falte bildete sich zwischen ihren Augenbrauen. »Mach dich nicht über mich lustig.«
    »Habe ich das je getan?« Der Gedanke überraschte ihn. »Falls es so war, dann rein zufällig. Kein Grund, viel Aufhebens davon zu machen.«
    Sie zögerte, dann lächelte sie ihn an. »Das ist wahr. Du hast nie die Mühe gescheut, freundlich zu sein.«
    Er erwiderte ihr Lächeln; auch wenn sie Unsinn redete, wirkte sie ganz reizend in ihrer Hysterie. »Eröffne das Waisenhaus«, sagte er. »Du kannst alles tun, was dir gefällt. Deine Möglichkeiten werden durch die heutigen Vorkommnisse in keiner Weise eingeschränkt werden.«
    »Oh?« Sie ging die Stufen hinunter und streckte die Hand aus. »Dann werde ich dich jetzt bitten, mir mein Eigentum zurückzugeben.«
    Er warf einen Blick auf den Brief. An den
Right Honourable The Viscount Pennington.
»Oh, guter Gott. Was –«
    Sie griff nach dem Brief. Alex packte sie am Handgelenk. Ihr

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