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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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mitzusingen. Erst einer, dann ein weiterer, so fielen die Gäste in die Melodie mit ein; während sie sangen, fand Gwens Blick seinen. Verschmitzt lächelte sie ihn an.
    Das Lächeln durchrüttelte ihn. Für einen kurzen Moment fühlte er sich orientierungslos – wie bei jenen seltenen Gelegenheiten, wenn er in eine Fensterscheibe schaute und zwischen zwei Wimpernschlägen erkannte, dass das, was er für eine Reflexion gehalten hatte, in Wahrheit die Szene hinter dem Glas war. Er zwang seine Aufmerksamkeit weg von ihr, obwohl sie dort verharren wollte. Stattdessen konzentrierte er sich auf das Alltägliche, auf die Worte, die die Gäste auf ihr Geheiß mitsangen. Und während er mit grimmiger Unbeirrbarkeit zuhörte, dämmerte ihm plötzlich die Erkenntnis.
    Laut lachte er heraus. Kein Wunder, dass dieses Lied Eindruck auf Gwen machte. »
Si tu ne m’aimes pas, je t’aime«
, sangen die Männer, »
Et si je t’aime, prends garde à toi!«
Es war eine feine Zusammenfassung von Gwens Liebesleben, bis heute.
    Sie holte tief Luft und glitt in das Lied zurück, ihre Stimme bewältigte mühelos die Töne, rau und süß wie Rohrzucker.
»L’oiseau que tu croyais surprendre, Battit de l’aile et s’envola«
, sang sie.
»L’amour est loin, tu peux l’attendre. Tu ne l’attendre plus, il est là.«
    Monsanto, dachte Alex. Was hatte Monsanto in Peru vor? War es ihm bereits gelungen, die Verträge für die Verladung zu bekommen?
    Zur Hölle damit. Ich kann es mir leisten, sie zu verlieren.
    Herrgott. Darum ging es doch verdammt noch mal gar nicht. Er stürzte die Hälfte des Brandys herunter, während sich das Lied zu einem donnernden Ende steigerte. Frenetischer Applaus brach aus. »Meine Güte«, sagte Barrington und erhob die Stimme über den Beifall, »das war grandios!«
    Alex konnte plötzlich nicht einmal mehr die Energie aufbringen zu antworten. Gwen verneigte sich lachend, ihr Gesicht strahlte heller als die Gaslampen hinter ihr. Er beobachtete sie, während er noch einen Schluck trank. Hätte er gerade einen schnellen Zwölf-Meilen-Lauf hinter sich gebracht, würde er sich genauso fühlen, wie er sich jetzt fühlte: erschöpft und mit trockenem Mund, aber auch hellwach und lebendig, jede Vene belebt von einer frischen Strömung rauschenden Blutes.
    Idiotie.
Idiot
. Er sollte sich nicht belebt fühlen. Er war dabei zu verlieren.
Dann kämpfe.
Er fügte sich niemals wehrlos einer Niederlage.
    Verlieren?
Was
denn verlieren? Ärgerlich über sich selbst, stellte er das Glas ab. Für heute Nacht hatte er genug Alkohol gehabt.
    »Sie beide müssen mit mir nach Côte Bleue kommen«, sagte Barrington. »Ein kleiner Landsitz, den ich vor Kurzem an der Riviera erworben habe.«
    »Vielleicht«, sagte Alex geistesabwesend. Gwen kam gerade die Stufen hinuntergestiegen, während einige der Zuschauer auf sie zustürmten, um sie kennenzulernen.
    »Wirklich, ich muss darauf bestehen, dass Sie kommen«, sagte Barrington. »Ich werde an diesem Wochenende eine kleine Hausgesellschaft geben; ich denke, Sie werden die Gäste recht unterhaltsam finden.«
    Alex gab einen unverbindlichen Ton von sich. Er saß hier. Kein Grund, aufzustehen und zu ihr zu gehen. Sie würde ihm einen Blick zuwerfen, wenn sie Hilfe brauchte. »Ein Grundsatz von mir, Barrington: Ich reise, um der englischen Gesellschaft zu entgehen, nicht, um sie aufzuspüren.«
    »Oh, aber ich bin ganz genau derselben Ansicht«, entgegnete Barrington. »Ich denke, einige Italiener und ein oder zwei Künstler aus Paris werden anwesend sein. Eine sehr kleine Gesellschaft, wie ich bereits sagte. Sehr ausgesucht.«
    Einer der Männer kniete vor Gwen nieder. Der Klang ihres Lachens schwebte durch den Raum, so melodiös wie ihr Gesang. Wie hatte er nicht bemerken können, dass sie singen konnte? Ihr Lachen allein sollte sie verraten haben.
    »Überlegen Sie es sich«, drängte Barrington. »Und falls Miss Goodrick einverstanden wäre, ein Lied oder zwei zu singen, würde sie dafür großzügig belohnt werden.«
    Bei diesen Worten sah Alex Barrington in die Augen. »Sie ist nicht käuflich.«
    Barrington mäßigte sein Lächeln. »Genie ist niemals käuflich. Und keine Angst, Sir; ich sehe durchaus, wie fest Miss Goodrick Sie in ihrer Gunst hält.« Bei dieser Bemerkung sträubten sich Alex die Nackenhaare; da schien eine Spur von unterschwelligem Sarkasmus mitgeklungen zu haben. »Talent bedarf jedoch der Förderung, und falls Miss Goodrick etwas für Schönheit übrighat,

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