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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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sein Lächeln. »Dann also ins
Le Chat Noir

    Die berüchtigste Kleinkunstbühne von Paris war klein, dunkel und eng, ein Labyrinth aus herausstechenden Knien, deplatzierten Ellbogen und glutroten Zigarettenköpfen. Die Wände waren mit allem möglichen Schnickschnack bedeckt, alte Kupferpfannen hingen planlos neben rostenden, unechten Ritterrüstungen, und zwischen diesen fanden sich diverse hingekritzelte Zeichnungen angepinnt, Drucke, die aus Magazinen ausgeschnitten worden waren, gelegentlich eine getrocknete Blume, das Taschentuch von irgendjemandem. In einer Ecke fügte ein junger Mann in einer häufig geflickten Samtjacke der Sammlung noch ein Stück hinzu, indem er mit Kohle etwas auf der Wand skizzierte.
    Alex nahm von einem der Kellner ein Glas Brandy entgegen. Die Ober hier trugen grüne Kittel und Hüte mit einer Feder daran – eine ironische Verbeugung vor der typischen Kleidung Pariser Wissenschaftler. Das Alter und der immerwährende Zigarettenrauch hatten die Bodendielen so verbogen, dass die dreibeinigen Tische in starker Schieflage darauf standen; als Alex das Glas abstellte, rutschte es einige Zentimeter weiter, ehe es stehen blieb.
    Der Kellner verweilte einen Moment bei ihnen, um mit Barrington ein paar Worte zu wechseln. Er war auf dem Weg zu ihrem Tisch von einer Reihe von Gästen mit herzlichem Schulterklopfen begrüßt worden.
    »Ich liebe das Bohemeleben«, seufzte Barrington, als der Kellner gegangen war. »Es weckt in einem die Sehnsucht, wieder ein Junge zu sein, ganz neu anzufangen.«
    Alex schätzte ihn keinen Tag älter als fünfunddreißig. Ein wenig früh also, um der verlorenen Jugend nachzutrauern. »Sie waren in Ihrer Jugend ein Bohemien?«
    »Nein, niemals. Aber wenn ich die Möglichkeit hätte, noch einmal jung zu sein – ich denke, ich würde einen guten Vagabunden abgeben.«
    »Merkwürdige Ansicht für einen Mann, der mit Grundstücken handelt«, sagte Alex.
    Barrington sah ihn amüsiert an. »Ich sagte Ihnen doch, dass ich nicht über Geschäfte rede, wenn ich in Paris bin.« Er wandte seine Aufmerksamkeit dem Klavier zu, an dem Gwen mit dem Pianisten sprach.
    Alex wappnete sich, auf der Bühne gleich ein Desaster mitzuerleben. Zwar hatte es ihm Zugang zu dem Mann verschafft, der ihm gegenübersaß, aber die endgültige Balance zwischen Kosten und Gewinn müsste später kalkuliert werden. Elma Beecham hatte sie heute Abend mit einem fröhlichen »Viel Spaß« fortgeschickt, doch sie hatte sich weder vorgestellt, dass sich ihr Ausflug bis in die frühen Morgenstunden ausdehnen würde. Noch hätte sie vermutet, dass sich ihr Mündel Gwen als eine Art von Varieté-Verführerin entpuppen würde, die jede heimliche Chance nutzte, ihren Ausschnitt tiefer herunterzuziehen, als die Putzmacherin es im Sinn gehabt hatte.
    Was das betraf, so gefiel ihm die Art, wie Barrington sie ansah, ganz und gar nicht. Der Mann lieferte zwar keinen Anlass, ihn für gefährlich zu halten, aber dass er habgierig und gewinnsüchtig war, hatte er allemal unter Beweis gestellt.
    Gwen schüttelte ihre Röcke, straffte die Schultern und stieg auf die Bühne. Niemand nahm Notiz von ihr, obwohl das Lokal voll bis unter die Decke war. Das Publikum im
Chat Noir
war dafür berüchtigt, nur schwer zu beeindrucken zu sein. Es hatte seine Lieblingskomponisten, seine Lieblingssänger und Lieblingsdichter – eben jene Künstler, die sich ihren Ruhm durch regelmäßige Vorträge hier verdient hatten. Dem Rest wurde entweder ein Gefallen erwiesen, indem man ihn ignorierte, oder ihm wurde die heftige Grausamkeit angetan, mitten in der Vorstellung durch sehr lautes und oft von Obszönitäten gespicktes Gejohle des Platzes verwiesen zu werden.
    Untergehen oder schwimmen, so lautete die Devise. Vermutlich lernt jeder nur auf diese Weise, dachte Alex.
    Gwens Brüste hoben und senkten sich in einem langen Atemzug. Sie war nervös, ohne Zweifel. Als sie über die Menge hinweg zu ihm hinsah, erkannte Alex kaum das Lächeln um ihre Lippen. Vielleicht war es eine Täuschung durch das schummrige Licht, oder es lag an ihrem Ausschnitt, den sie erweitert hatte – oder an dieser Rolle, die zu spielen sie sich entschieden hatte. Aber unvermutet ging ihm der Gedanke durch den Sinn, dass er Gwen vielleicht doch nicht so gut kannte, wie er glaubte.
    Er prostete ihr zu. Ein verschmitzter Ausdruck verdrängte ihr Lächeln. Jetzt blickte sie zu Barrington hin, der sich auch prompt im Sitzen verbeugte und mit der Hand eine

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