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Suche nicht die Suende

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Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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vom Turm von Notre Dame gefangen genommen wurde, der dem Auge abverlangte, ihm bis hinauf in den Himmel zu folgen. Am östlichen Horizont färbte sich der Nachthimmel pfirsichfarben; es versprach ein warmer Tag zu werden. Auf der Seine spiegelte sich der Glanz der aufgehenden Sonne wie Kräusel aus Gold.
    Eine Fliederblüte trieb auf einer Brise an ihnen vorbei. Impulsiv griff Alex danach. »Ja«, murmelte er. »Vermutlich ist es wunderschön.«
    Gwen wandte sich um. »Alex, das musst du doch nicht vermuten. Ich werde mich dafür verbürgen – oder dich bestechen, es zu glauben, wenn dir das lieber ist. Ich zögere jetzt nicht mehr, solche Dinge zu tun; in dieser Nacht bin ich durch und durch zur Frevlerin geworden.«
    Er lachte. »Gott helfe uns«, sagte er und warf ihr die Fliederblüte zu. »Frevlerisch zu sein steigt Ihnen wohl ein wenig zu Kopfe, Miss Maudsley.«
    Sie stimmte in das Lachen ein und schlug die Blüte zur Seite. »Und dort ist der Esel, der den anderen ein Langohr schimpft!«, sagte sie, ehe sie die Hand vor den Mund hielt, weil sie herzhaft gähnen musste. Als sie die Hand wieder sinken ließ, war ihre Miene ernst. Sie schaute erneut auf den Turm von Notre Dame. »Es ist doch nicht wirklich unmoralisch, nicht wahr? So leben zu wollen wie jetzt?«
    »Wie jetzt?«
    »Ich meine, sich zu wünschen … frei zu leben«, sagte sie. »Auch als Frau.«
    In ihrer Stimme schwang etwas Verletzliches mit, Sehnsucht, die mit ein wenig Furcht verbunden war. Sie wandte ihm das Gesicht zu, und er bemerkte die Hoffnung, die in ihre Augen geschrieben stand.
    Sie sollte ihm so etwas nicht anvertrauen. Es wäre zu leicht, sie jetzt zu zerstören – sie auszulachen und zu sagen:
Du denkst, was du getan hast, ist unmoralisch? Das war ein Kinderspiel, Süße. Das ist nicht die Freiheit. Sondern einfach nur die Art von Spaß, die einer Frau zur Verfügung steht, die drei Millionen Pfund besitzt.
    Er öffnete den Mund, dann schloss er ihn.
    Er würde ihr diese Worte doch nicht sagen, da es ihn zu einem Heuchler niedrigster Art machte. Trotz aller Argumente, mit denen er ihre Formulierung auseinandernehmen könnte, wusste er, was sie meinte. Was sie fühlte … es war die gleiche Sehnsucht, die ihn damals von England fortgetrieben hatte, kaum dass er sein Studium abgeschlossen hatte. Sein erster Sonnenaufgang über dem Atlantik, die Gischt in seinem Gesicht – er hatte sich so weit über die Reling vorgebeugt, dass ein Matrose, der vorbeigekommen war, erschrocken einen Warnruf ausgestoßen hatte.
    Wie seltsam. Dieses Hochgefühl hatte er ganz vergessen. Wie lange war es her, dass er das letzte Mal so etwas empfunden hatte? Dass es sich verringerte, war vermutlich unvermeidlich. In jenen ersten Jahren war er aus reiner Neugier auf das Ziel an Bord der Schiffe gegangen. Jetzt warf er einen Blick auf eine Landkarte und sah keine Namen mehr, die ihm unbekannt waren. Seine Reisen waren ihm zu Routine und Pflicht geworden.
    Müdigkeit schien sich wie ein klebriges Band um ihn zu winden und seinen Verstand zu ersticken. Er biss die Zähne zusammen, um diesem Ansturm der Erschöpfung zu trotzen.
Denk nach. Antworte ihr.
    Aber sein benommener Verstand war noch mit der anderen Frage beschäftigt. Wie war er an den Punkt gelangt, dass ihm eine Woche in Paris nicht mehr bedeutete als eine ärgerliche Verzögerung? Ein lästiger Aufenthalt zwischen ebenso lästigen geschäftlichen Verpflichtungen?
    Das Bild eines Hamsters in seinem Rad blitzte in ihm auf. Ein Hamster in einem Käfig. Der in seinem Rad rannte und rannte und rannte.
    »Willst du mir nicht antworten?«, fragte Gwen leise.
    Er atmete tief durch. »Entschuldige. Ich bin … ein wenig müde. Ob es unmoralisch ist, so zu leben …«
    Wäre es unmoralisch, sie nicht aufzuhalten, wenn sie ihn das nächste Mal berührte?
    Er räusperte sich. »Vermutlich hängt die Antwort ganz davon ab, wen du fragst.«
    Ihre Augen blickten klar und ruhig. »Ich frage
dich

    »Dann kommt hier eine Lektion für dich«, sagte er mit einem Blick auf den Sonnenaufgang. »Der einzige Mensch, den du das fragen solltest, bist du selbst.«
    Als Gwen aufwachte, hatte das Sonnenlicht bereits die stuckverzierte Decke erobert. Was ihr sagte, dass es nach Mittag sein musste. Der Duft von Eiern drang vom Wohnzimmer herüber und wurde stetig kräftiger, so als hätten sie jetzt begonnen zu verderben.
    Sie hatte die verschwommene Erinnerung, dass Elma sie zum Frühstück wachgeschüttelt und gesagt hatte:

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