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Suche nicht die Suende

Suche nicht die Suende

Titel: Suche nicht die Suende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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verbürgt habe, als ich dich in unserem Haushalt aufgenommen habe. Ich habe meinen
eigenen
Namen aufs Spiel gesetzt, um dich zu fördern. Was du vielleicht nicht weißt, ist, dass mich viele meiner Freunde davor gewarnt haben, diesen Schritt zu tun. Sie haben gesagt: Elma, Orchideen wachsen nicht auf gewöhnlicher Hinterhoferde. Aber ich habe mich geweigert, auch nur ein Wort, das sich gegen dich richtete, anzuhören. Ich habe ihnen allen gesagt, dass sie die Wahrhaftigkeit deines Charakters nicht kennen, deine Aufrichtigkeit. Ganz gewiss hätte ich mir niemals träumen lassen –«
    Sie verstummte, ihre Lippen pressten sich zusammen. Sie schüttelte heftig den Kopf, ehe sie den Blick abwandte.
    Gwen fühlte sich elend. Die einzige Erwiderung, die ihr jetzt in den Sinn kam, wäre höchst unfreundlich. Immerhin hatten die Früchte dieser gewöhnlichen Hinterhoferde die Rechnungen des Beecham’schen Haushalts bezahlt, und das jetzt seit mehr als zehn Jahren. Es war also keineswegs die Bewunderung für ihren Charakter gewesen, die Elma veranlasst hatte, Gwen aufzunehmen.
    Mit einer abrupten Bewegung wandte ihr Elma den Kopf zu. »Nein«, sagte sie scharf. »Ich werde dir nicht erlauben hierzubleiben. Und ich will kein Wort mehr darüber hören! Hast du mich verstanden?«
    Als die Tür geöffnet wurde, ohne dass angeklopft worden war, zuckten beide Frauen zusammen.
    Alex lehnte im Türrahmen und knöpfte sich lässig den Handschuh auf. »Habe ich eben Schreie gehört?«, fragte er höflich. »Darf ich meine Unterstützung anbieten?«
    Oh du lieber Gott. Gwen warf ihm einen warnenden Blick zu. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt!
    »Sie!«, zischte Elma und sprang auf. »Das alles ist doch ganz allein
Ihr
Werk.«

9
    »Danke!«, rief Elma und winkte mit ihrem Taschentuch aus dem Fenster. »Vergiss nicht zu schreiben!«
    Gwen stöhnte, als Alex’ Ellbogen sie in die Rippen traf. »Jeden Tag!«, schrie er an ihrer statt und dann, leise, stieß er noch aus: »Nun wink schon, oder wir schaffen es nie, auch noch in den verdammten Zug zu kommen.«
    »Oh.« Rasch hob sie die Hand. Das Taschentuch flatterte eine heftige Antwort und zog sich dann hinter das Fenster zurück, das energisch geschlossen wurde.
    Mit einem hörbaren Seufzen setzte Alex seinen Filzhut wieder auf. »Also los«, sagte er. »Schnell jetzt, ehe sie beschließt, noch einmal aus dem Fenster zu sehen.« Er nahm Gwen beim Arm, machte auf dem Absatz kehrt und ging rasch mit ihr den Bahnsteig entlang.
    Die Leute machten ihnen Platz, entweder weil er über einen Meter achtzig groß und ganz in Schwarz gekleidet war – wie ein Dieb mit finsteren Absichten –, oder weil es an der ihm angeborenen und einschüchternden Eleganz lag, mit der er seinen Havelock trug. Er zog die Aufmerksamkeit jeder Frau auf sich, die vorüberging, gleichgültig ob achtzehn oder achtzig Jahre alt, und das war nicht einfach nur Gwens Einbildung: aus dem Augenwinkel sah sie eine grauhaarige Großmutter auf einer Bank in der Nähe sitzen, die sich umdrehte, um Alex zu begaffen, während er vorüberging.
    »Hier ist es«, sagte er zu ihr. Ein Fauchen kam von der Lokomotive; eine große Dampfwolke quoll aus der Maschine, die sich gerade erwärmte. Er sprang die Stufen hinauf und in das Abteil hinein, wo er sich zu Gwen umwandte, als auch schon ein Ruck durch den Zug ging und er anrollte.
    Gwen, mit einem Fuß auf den Stufen, schrie auf und drohte zu fallen.
    Er packte sie um die Taille und zog sie in das Abteil hinein, direkt an seine Brust. Sie hielt für einen Moment ganz still, lag in seinen Armen und atmete seinen Duft ein – nach Wolle und Seife und der schwachen Gewürznote eines dieser Wasser, die Männer nach der Rasur benutzten.
    Sie zog sich von ihm zurück und lächelte. »Was für ein dramatischer Anfang!«
    Er grinste zurück. »Zweifellos.«
    Jemand räusperte sich sehr vernehmlich. Sie wandten sich um. Ein Schaffner stand da und starrte sie an. »Les billets, s’il vous plaît.«
    »Ah ja.« Alex griff in seinen Mantel und suchte nach den Fahrkarten, während sich Gwen gegen die Wand sinken ließ. Der Zug gewann rasch an Fahrt, der Boden begann unter ihren Füßen zu beben. »Ich habe das ganze verdammte Abteil gebucht, es dürfte also nichts schiefgehen«, sagte Alex. »Selbst wenn Elma beschließt umherzuspazieren, wird sie nicht bis zu unserem Abteil kommen.«
    Sie starrte ihn an. Wie umsichtig er alles organisiert hatte.
    Er sah kurz zu ihr hin und runzelte die

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