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dazu, mehr zu sagen. Er murmelte nur, dass er schon viel zu viel gesagt habe und nicht herumtratschen wolle und er doch gar nicht wisse, aber …
Jan Melum saß im Kindergarten auf dem Fußboden, die Beine vor sich ausgestreckt. Die Kinder hatten etwas getan, was sie vor den Erwachsenen hatten verbergen wollen. Sie waren offensichtlich auf der Hut, auch wenn das nicht zwingend etwas mit Ellas Verschwinden zu tun haben musste. Schließlich war es Magnus, der von dem sechsten Mann erzählte. Aber der erfahrene Kriminalbeamte verstand den Jungen falsch. Vielleicht nicht so erstaunlich, waren sie in ihrem kleinen Freundesclub ja auch zu fünft. »Dieser sechste Mann, das ist also einer von euch? Ich meine, zusätzlich zu Ella?«
»Wieso denn Ella?«, fragte Magnus verwirrt. »Die is doch weg.« Er schaute Kalle verwundert an. Manchmal konnten diese Erwachsenen aber auch unglaublich schwer von Begriff sein. Wie dumm konnte man denn sein? War dieser Polizist nicht gerade deshalb hier? Weil Ella weg war?
»Ella is weg, sie is verschwunden wie ein Fleck.« Kalle war keck im Ton, da ihm klar war, dass sie trotz allem seine Hilfe brauchten. Gleichzeitig ärgerte er sich über Magnus, der sich immer hervortun wollte.
»Dann ist dieser sechste Mann also noch ein Kind? Einer von euren Freunden?«
Wie ist das nur möglich, dachte Kalle. Doch er schaute zu Boden und sagte gar nichts. Magnus traute sich auch nicht mehr, etwas zu sagen. Anders als die Zwillinge, die fast zwei Jahre jünger waren als die beiden anderen. Sie konnten vor lauter Eifer nicht still sitzen, wollten dem Polizisten unbedingt erzählen, wer der sechste Mann war. Und so platzte einer von ihnen heraus: »Der sechste Mann, das ist doch der, der mit Kuchen kommt.«
»Kuchen? Das ist Schokolade.« Kalle versuchte die Kontrolle wiederzuerlangen und schaute die Zwillinge böse an. »Ihr könnt doch noch gar nicht richtig reden, ihr seid doch erst vier.«
»Das stimmt nicht. Wir sind fast fünf!«, rief der andere Zwilling empört. »Und der hat doch gefragt, wer der sechste Mann is, darum.«
»Aber, aber …« Kalle war so wütend, dass er anfing zu stottern. »Das stimmt doch gar nich, das mit dem sechsten Mann. Das is nur so Gerede aus dem Bergwerk.«
»Und von wem kriegen wir dann Schokolade, hä?«, triumphierte Magnus. Endlich konnte er diesem dominanten besten Freund etwas entgegenhalten. »Wie nennst du ihn dann, du?«
Jan Melum schaute zu Knut hinunter, der sich auf einen Stuhl in der Nähe gesetzt hatte. »Hörst du zu?«
Knut nickte und zog seinen Stuhl ein Stück näher heran. Der Kriminalbeamte saß immer noch auf dem Boden. Bis auf die Freundesgruppe waren die anderen Kinder und Eltern nach Hause gegangen. Die Eltern der vier Kinder saßen bei Ingrid Eriksen in ihrem Büro, beruhigt, dass ihren Kindern bei der Befragung nichts passieren würde.
Melum schaute auf die Uhr. Es war jetzt fast sechs. Aber er wollte die Kinder noch nicht gehen lassen. Er spürte, dass er sich neuen Informationen in dem Fall näherte. »Habt ihr Lust auf eine Pizza?«, fragte er. »Ich kann ja Ingrid mal fragen, ob sie für uns welche besorgen kann.« Unbewusst hatte er angefangen, den sonderbaren Dialekt der Kinder zu kopieren.
»Und Brause«, sagte Kalle. »Ich will eine Cola. Sonst sage ich nichts.«
Knut schüttelte lachend den Kopf. »Du guckst zu viel Fernsehen. Ich werde das mit dem Essen und dem Trinken regeln. Bleib du nur sitzen und unterhalte dich weiter, Jan.« Er erhob sich steif und streckte die Beine. Ging auf den Flur und steckte den Kopf ins Büro der Kindergartenleiterin. »Wir brauchen noch eine Weile. Ich hoffe, das ist in Ordnung.« Als er zurückkam, war es zunächst nicht möglich, etwas Vernünftiges aus den Kindern herauszubekommen. Aber schließlich war die Cola getrunken, und nur noch wenige Pizzastücke, die niemand mehr mochte, waren in der Pappschachtel übriggeblieben.
»Der sechste Mann bringt euch also Schokolade?«, fragte Jan Melum. Die Kinder nickten eifrig, satt und vertrauensvoll. »Arbeitet er im Kindergarten?« Die Jungs kicherten. »Ist er verheiratet mit einer, die hier arbeitet? Oder ist es ein Vater von einem der Kinder hier?« Langsam schauten sie einander unsicher an. »Vielleicht ist es ja der Weihnachtsmann?« Jetzt kullerten sie über den Boden, knufften sich gegenseitig und lachten. »Ne, das is doch nicht der Weihnachtsmann, der hat doch ne rote Mütze und nen weißen Bart. Und das is immer der Papa von Marte,
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