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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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mir, die Annie zu finden, in die ich mich verliebt hatte.«
    »Es hat sowieso nicht funktioniert.« Sie seufzte, wirkte aber distanziert und geschäftsmäßig. »Wieso sollen diese Heuchler nicht dafür zahlen? Verbrannte Erde.«
    »Annie, wovon redest du? Was hat nicht funktioniert?«
    Sie löste ihren Arm aus meinen Griff – ohne Gewalt, aber energisch genug, um sich zu befreien. Ich hielt immer noch den Laptop. Sie öffnete die Tür.
    Ein kräftig gebauter Mann blockierte den Ausgang, trat jedoch zur Seite, um sie durchzulassen. Als ich ihr folgen wollte, stieß er mich zurück ins Zimmer und schloss die Tür.

    Dave Elliott lachte vor sich hin.
    »Dieser Elektra-Komplex ist eine heikle Sache.«
    Kindle fuhr zu ihm herum. »Sie stecken also mit Annie unter einer Decke. Wie konnten Sie uns so in die Tinte reiten? Das ist eine völlig neue Dimension. Experimente mit Ratten, eine gefährlich hohe Intensität … Oder irre ich mich?«
    »Unserer Zeit voraus«, sagte Elliott.
    Kindle deutete auf mich. »Und was ist mit dem da?«
    »Der wird kein Wort sagen.«
    »Hand aufs Herz«, erklärte ich.
    »Verlassen Sie sich darauf, der hält den Mund. Er ist nämlich selbst sein schlimmster Feind.«
    Ich überlegte, ob ich mich tollkühn mit dem Türsteher anlegen sollte, aber Elliott kam mir zuvor. »Hören Sie sich an, was ich zu sagen habe. Es ist in unser aller Interesse, dass Sie vernünftig sind.«
    Ich sah mich im Zimmer um, biss mir in die Wange, um das vertraute Pulsieren in meinem Schädel loszuwerden. Meine Karten waren gut, aber körperlich war ich im Nachteil. Wie weit würden sie gehen, um mich aufzuhalten? Würden sie mich töten? Aber würde ich Annie je wiederfinden, wenn ich ihr nicht sofort folgte? Würde ich je wissen, was sie getan hatte, was sie empfand?
    Ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wo sie hinwollte: zur Monkey. Wenn ich sie erwischen wollte, musste ich schnell handeln, aber ohne mich selbst ins Verderben zu stürzen.
    »Wissen Sie was, ich habe eine bessere Idee«, sagte Elliott. »Hören Sie sich an, was Sarah Tenner zu sagen hat.«

    Er holte ein kleines digitales Audiogerät heraus und betätigte die Play-Taste. Ich hörte eine Aufzeichnung meiner eigenen Stimme: Fragmente meines Telefonats mit Sarah.
    »Ich sehe Gespenster.«
    Eine Pause.
    »Sei vorsichtig, Sarah. Hier geschehen merkwürdige Dinge. Was genau, weiß ich auch nicht, aber sei wachsam.«
    »Du machst mir Angst, Nat«, sagte Sarahs Stimme. »Ehrlich gesagt, klingst du … ziemlich eigenartig.«
    »Das würde ich jederzeit unterschreiben.«
    Elliott schaltete den Rekorder aus.
    »Diese Audiogeräte sind doch immer wieder nützlich«, sagte ich.
    »Verstehen Sie nun, warum Sie besser nicht zur Polizei gehen? Weil Sie sich das Ganze nämlich nur eingebildet haben«, erklärte Elliott. »Sie sind verrückt. Niemand wird Ihnen glauben. In meinem Geschäft würde man sagen, Sie haben sich als Zeuge unglaubwürdig gemacht.«
    Kindle hatte sich hingesetzt und ließ den Kopf hängen.
    Elliott zählte mir auf, wo ich mich als unzuverlässig erwiesen oder mir die Finger schmutzig gemacht hatte. Ich hatte die Explosion im Café überlebt, hatte die Beerdigung von Simon Anderson besucht und war an seinem Haus und auf einem Anwesen in Felton gewesen, als beide in Flammen aufgingen. Die Polizei hatte bei den beiden toten Beamten Weller und Velarde meine Fingerabdrücke gefunden und würde schließlich auch meine Haarfollikel entdecken. Dann gab es Videomaterial
von den Überwachungskameras in Elliotts Bürogebäude, das zeigte, wie ich mich davonschlich, nachdem er den Sicherheitsdienst gerufen hatte. Zu allem Überfluss erinnerte er mich daran, dass ich mir bei der Polizei keine Freunde gemacht hatte.
    »Das sind nur die offensichtlichsten Argumente«, sagte Elliott. »Dann wäre da noch Vestige.«
    »Vestige?«
    Er erinnerte mich an den Besuch, den mir die Steuerfahndung nach Annies Tod abgestattet hatte. Dahinter steckte mehr, als ich geahnt hatte. Ich biss die Zähne zusammen, um den vertrauten Schmerz in meinem Kopf loszuwerden, während er mir seine Geschichte erzählte. Als ich mit Annie in New York gewesen war, hatte sie eine Mappe mit Unterlagen in unserem Hotelzimmer vergessen, die ich ihr brav nachgetragen hatte. Nach meinem Abgang hatte Annie den Bankleuten erzählt, ich sei als freiberuflicher Buchhalter für ihre Firma tätig. Mein Name war sogar auf einigen Finanzberichten erschienen. Die Mappe, die ich ihr gebracht

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