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Süchtig

Titel: Süchtig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Richtel
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hatte, tat ich alles, um den Rechner zu beschaffen. Dieser Computer bedroht die Elite der Hightechindustrie. Man könnte Sie bestenfalls wegen fahrlässiger Tötung belangen, aber Sie wissen ja selbst, dass es in der Öffentlichkeit genügend Wahnsinnige gibt, die von Mord reden werden. Seien Sie beruhigt, ich werde dafür sorgen, dass das Gerät vernichtet wird und nicht in die falschen Hände gelangt.«
    Das lastende Schweigen wurde unerträglich.
    Die Topmanager warfen einander verzweifelte Blicke zu. Glenn Kindle stand der Mund offen. Als Annie mich ansah, verzogen sich ihre Lippen zu einem selbstzufriedenen, boshaften Lächeln.
    In diesem Augenblick wurde mir klar, dass sie die Situation völlig im Griff hatte. Alles lief, wie sie es geplant hatte.

    Es klopfte kurz an der Tür, dann öffnete sie sich. Eine Stimme meldete sich zu Wort, die uns alle zusammenfahren ließ.
    »Ich störe nur ungern«, sagte der Neuankömmling. »Aber für heute müssen wir Schluss machen.«

    Das Gesicht mit den Blutergüssen war mir wohlbekannt. Dave Elliott. Er sah Annie an und nickte.
    Die Manager erhoben sich. Empörung und Verwirrung waren ihnen deutlich anzusehen.
    Glenn Kindle stürzte sich wie eine Raubkatze auf seine Tochter.

56
    Die Geschäftsleute räumten eilig das Feld. Nun waren die Psychopathen unter sich. Bevor ich mir den nächsten Schritt überlegt hatte, hieß es Vater gegen Tochter.
    »Was denkst du dir eigentlich, Annie?«
    Er war wie erstarrt vor Angst. Ich trat zögernd vor.
    »Was denkst du dir? Was redest du für Zeug?«
    »Wir mussten uns der Wahrheit stellen«, gab sie zurück, während sie mit dem Laptop in der Hand in Richtung Tür ging.
    »Was hast du getan?« Er ging ihr nach. »Du hast das Café in die Luft gejagt, um Beweise zu vernichten.«
    Sie drehte sich um und baute sich herausfordernd vor ihm auf. »Hör doch auf. Du wusstest genau, dass wir die Zustimmung der Testpersonen nicht eingeholt hatten.«
    Für einen Augenblick verzog er keine Miene. Dann lächelte er kaum merklich. »Das wird dir kein Mensch abnehmen. Man wird dich zur Verantwortung ziehen.«
    »Was für ein Gefühl ist das, Dad?«
    »Was für ein Gefühl ist was?« Als hätte er sie nicht gehört.

    »Mit den eigenen Waffen geschlagen zu werden.«
    Kindle verlor vollständig die Fassung. »Du denkst, du kannst diese Leute erpressen?!« Er rang nach Atem. »Das hier ist nicht Vestige, Annie. Vestige war ein Rückschlag. Das hier ist geschäftlicher Selbstmord. Solche Beziehungen wirft man nicht einfach über Bord. Und was ist mit unserem Konzept? Wenn die Sache bekannt wird, gehen wir beide ins Gefängnis. Die Presse wird durchdrehen, und – große Überraschung – jemand anders wird vor uns auf den Markt kommen.«
    Ich versuchte es mit Provokation. »Mord und Folter nicht zu vergessen.«
    Beide sahen mich an, aber Annie wandte sich gleich wieder ihrem Vater zu.
    »Würde es dir denn etwas ausmachen, mich im Gefängnis zu sehen? Würdest du mich überhaupt besuchen?«, fragte sie weinerlich und zugleich vorwurfsvoll.
    »Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr du mich enttäuscht hast, Annie.«
    »Wie kann ich dich enttäuschen?«, erwiderte sie, nun wieder energisch. »Du hast doch überhaupt keine Gefühle für mich.«
    Kindle lief rot an. Er hob die Hand und sah dabei aus wie ein Schüler, der sich zu Wort melden will. Oder wollte er zum Schlag ausholen? Dann veränderte sich sein Gesicht. Er wirkte wie ein geschlagener Mann. Ich taumelte zu Annie, immer noch von dem vagen Drang getrieben, sie zu beschützen.
    »Annie, du bist selbst am meisten gefährdet«, sagte er. »Du wirst wieder untertauchen müssen, ist dir das klar? Hast du vergessen, wie einsam das Leben als Ausgestoßene
ist? Wenn die Sache bekannt wird, steht dir genau das bevor. Du wirst dich in der Wildnis verstecken müssen. Irgendwo, wo es so einsam ist, dass ein Landhaus in Frankreich dagegen der reinste Rummelplatz ist.«
    Annie zuckte zusammen. Der Schlag hatte gesessen. Wie hatte sie gesagt? Isolation war schlimmer als der Tod.
    Ich reagierte schnell und fing sie ab, bevor sie die Tür erreichte. Mit der Linken nahm ich ihre Hand, mit der Rechten griff ich nach dem Laptop.
    »Er ist verrückt, Turtle«, sagte sie mit ausdrucksloser Miene. »Verrückt und völlig ausgebrannt. Ich muss weg.«
    »Bitte sag mir die Wahrheit. Bist du für all diese Dinge verantwortlich? Die Tests, meine Folter, die Falle, in die dein Vater getappt ist? Hilf mir zu verstehen. Hilf

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